Stürmische Wochen im Norden Sardiniens und endlich wieder vor Anker

Lange her ist es, seit dem letzten Beitrag in unserem Blog. Wie ich schon geschrieben habe, hat uns der starke Wind Ende Oktober an der Weiterfahrt zum Maddalena Archipel abgehalten. Und tatsächlich hatten wir seither keine längere Wetterperiode mit angenehmeren Windverhältnissen. Seit wir am 1. November im Hafen von Porto Rotondo festmachten, kachelt es gefühlt jeden zweiten, dritten Tag. Der Windmesser hat im Laufe des November die 50kn- Marke des Öfteren geknackt, 40kn war schon fast Normalzustand. Ja, wir lagen eigentlich ganz gut im Hafen, aber es nervt trotzdem, wenn Piccolina bei stürmischem Wind an den Festmachern zerrt, Fallen an den verlassenen Booten im Hafen scheppern und die Riggs die ganze Nacht durch heulen. 8 Wochen waren denn auch genug dafür.

Seit Monaten wieder im Hafen
An unserem ersten Tag (1.November) noch Hafenparty
Mit DJ und Lifeband…
….danach nur noch tot.
Manchmal Regenwetter…
… ganz oft viel – zuviel Wind!

Dennoch hatten wir natürlich auch eine gute Zeit dort. Da im Retortenort selbst im Winter nichts geöffnet hat, sowohl kein Restaurant als auch kein Supermarkt, haben wir uns die meiste Zeit ein Auto gemietet, einmal, um mehr von der Insel sehen zu können und zum anderen um nicht auf den Busplan angewiesen zu sein.

Sämtliche Laden, Bars, Restaurants, zu….
…ebenso der Supermarkt.
Sämtliche Parkplätze leer
Ansonsten ganz idyllisch

Kaum bewohnte Boote im Hafen

Klar wussten wir, dass es in Sardinien im Winter sehr ruhig zugehen würde, doch was wir an der Costa Smeralda vorfanden hätten wir so nicht erwartet. Alle Küstenorte total verweist, selbst in kleineren Städten wie Palau ist es schwierig ein Café zu finden das geöffnet hat (wenn man nicht direkt am Fährhafen einkehren will). Eine erfreuliche Ausnahme im nördlichen Sardinien war die Inselstadt La Maddalena. Auch sie ist geprägt vom Tourismus, aber hier wohnen noch Menschen das ganze Jahr über, entsprechend lebendig – wenn auch sicher viel gemächlicher als im Sommer – ist das Städtchen. Auch etwas weiter im Nordwesten, in Santa Teresa oder Castelsardo gibt es noch eine Spur von Leben während des Winters und hier haben dann auch die Supermärkte geöffnet. Erst wenn man weiter in den Süden und rein in die Berge fährt, hat man das Gefühl, dass es noch normale Städte und Dörfer gibt, die nicht nur aus Ferienwohnungen und Luxusvillen bestehen. Die hochpreisige Costa Smeralda ist ein Extrem. Im Sommer zu voll, zu teuer, zu versnobbt – im Winter mausetot. Sehr schade, denn die Küste ist auch um diese Jahreszeit wunderschön und es gibt durchaus viele warme und sonnige Tage die zum Spazieren einladen.

Ausblick vom Capo d’Orso
Coole Felsen hier….
und ein toller Rundumblick
Blick aufs Maddalena Archipel
Von dieser Seite kann man den Bär im Fels nicht erkennen – von der Fähre Palau – Maddalena sieht man es wunderbar
Der Zugang zum Bärenfels war übrigens auch zu – bei so wenigen Besuchern das Kassenhäuschen zu öffnen scheint nicht die Mühe wert….aber es gibt einen „Quereinstieg“

Landschaftlich hat Sardinien sehr viel zu bieten und es ist schade, dass die Insel oft nur für die schönen Strände und Buchten bekannt ist. Doch die Berglandschaft ist mindestens genauso atemberaubend und sehr unterschiedlich. Vom landwirschaftlich geprägten Hochtal, über kunstvoll ausgewaschene Felsen wie am Capo Testa oder Capo Orso, von bewaldeten Berghängen über schroffe, kahle Granitgebirge, die teilweise steil direkt ins Meer abfallen, eine Autofahrt durchs Inselinnere wird nicht langweilig und hinter mancher Kurve wartet ein atemberaubender Ausblick.

In Castelsardo
Nochmal ein cooler Fels – diesmal ein Elefant
Ganz im Nordwesten am Capo Falcone
Im Norden die Inseln Pelosa und Assinara
Stintino
Die Nordküste bei mittelstarken Mistral
Korkeichen frisch geschält – ich liebe diese Farben
Kilometerweise Korkeichen….

In der Ferne ist Olbia zu erkennen
Schroffer Fels oberhalb der Baumgrenze

Meerblick ist auf der Insel fast immer gegeben
An der nördlichen Ostküste ist die Insel Tavolara sehr präsent

Ungemütliches Wetter an der Ostküste
In den Bergen finden sich viele alte Minen
Das weite Tal zwischen den Regionen Baronie und Barbagia
Die Kapelle St Pietro in den Bergen
Hier werden wohl auch gerne Feste gefeiert

Welch ein Ausblick auf der Fahrt
In Posada
Leider ist das Castello geschlossen und somit auch der Aufstieg versperrt

Wir treffen uns mit Birgit und Ingo die in Olbia auf dem Segelboot überwintern. Auch in dieser Marina sind praktisch keine Yachties vor Ort. Uns ist auf Dauer ist uns Porto Rotondo zu verlassen, und dieses Jahr definitiv auch zu windig und so nutzen wir die Gelegenheit und hoffen auf eine zutreffende Wettervorhersage die uns segelbaren Wind nach Süden verspricht, bevor der nächste Mistral tobt. Da die Tage kurz sind, brechen wir in der Dämmerung noch vor Sonnenaufgang auf. Der erste Segeltag beschert uns gut segelbaren Wind. Etwas unstet, da der Küstenverlauf und die vorgelagerte Insel Tavolara den Westwind teilweise extrem abschwächen, dann auf der anderen Seite verstärken, doch wir kommen soweit wie erhofft und ankern unweit dem pittoresken Städtchen Posada, das wir schon mit dem Auto erkundet haben. Der zweite Tag, sollte eigentlich besserer Segelwind sein, doch abgesehen von einer ruppigen Stunde am Wind Kurs, bei 25kn und mehr, der uns durch ein tiefes Tal im Golf von Orosei beschert wird müssen wir leider motoren. Das nervt, doch wegen dem angesagten Mistral möchten wir uns in die Mitte der Insel verziehen, wo wir im Windschatten der Berge hoffentlich entspannt ankern können. Durch einen Tankstopp in Arbatax der uns gut eine halbe Stunde kostet, ist es dann leider gerade dunkel als wir in die Ankerbucht von Porto Frailis nur 3 Seemeilen weiter südlich einlaufen. Hier haben wir im Oktober schon ein paar Tage verbracht und wissen dass die Bucht einen guter Ankergrund besitzt. Die Windvorhersagen der verschiedenen Anbieter für die Nacht reichen von 15kn aus Südost (leider auflandig aber dafür nicht kräftig) bis zu 48kn in Böen aus Nordwest. Tatsächlich weht beim Ankermanöver eine leicht Brise aus Süd – wohl eine leichte Leewalze. In der Nacht dreht der Wind auf Nordwest, doch die seltenen Böen erreichen gerade mal an die 30kn, das ist überhaupt kein Problem. Wir liegen hier wirlich gut geschützt während es an der Nord- und Südküste kachelt. Sogar die Temperaturen sind sehr angenehm, so mussten wir in der Nacht nicht einmal den Ofen anheizen um warm zu bekommen. Jetzt werden wir hier vor den stürmischen Mistral Winden den Kopf einziehen, bevor es hoffentlich in den nächsten Tagen ein Wetterfenster für Sizilien gibt.

Denn das Gute liegt so nah: nur einen Spaziergang entfernt vom Liegeplatz liegt eine Nuraghe mit sehr schöner Aussicht
Der Weg dorthin führt durch die Villen des verlassenen Porto Rotondo
Nur Gärtner und Bauarbeiter sind anwesend
Sowas kann man hier im Sommer mieten – man beachte den Benzinverbauch pro Stunde, wir tanken soviel in einem Jahr….

Auch zwischen den Häusern gibt es schöne Details
Wunderschönes Karusell in Olbia
Die Nase voll vom vielen Wind…

Vor Sonnenaufgang sind wir unterwegs um das Tageslicht zu nutzen
Der Wind ist sehr launisch weil er durch die nahe Insel abgelenkt wird
Dafür sind die Farben umso schöner
Die Ankerbucht bei Arbatax laufen wir im Dunkeln an
Bei Sonnenaufgang ist kaum Wind – hier liegen wir hervorragend geschützt vor dem Mistral

Ausgebremst

Pünktlich zum Saisonende scheint auch das Wetter hier keine Lust mehr auf schöne, gemütliche Herbsttage zu haben. Na, nicht ganz, aber es wird zunehmend windiger und stürmischer. Momentan liegt die Quote eher bei zwei Tagen Wind zu einem Tag Sommerwetter. Wobei die Temperaturen durchweg noch sehr angenehm sind und sogar das Meer ist warm genug zum Schwimmen. Aber die Tiefs die gerade über Europa hereinziehen sind ja richtige Monster, was sowohl die Fläche als auch die Intensitäten anbelangt. Hier an der Ostküste Sardiniens liegen wir meist ordentlich geschützt, aber eigentlich wollten wir ja noch zu den Maddalena Inseln. Während ich dies schreibe, sind diese gerade mal einen Halbtagestörn entfernt, doch die Wettervorhersage verspricht in den nächsten Tagen nichts Gutes. Schon etwas weiter im Süden, in Porto San Paolo haben wir die ersten Starkwindtage vor Anker abgewettert. Ein guter Platz, ganz ordentlich geschützt und eine der wenigen Buchten in der man mit dem Dinghy an einem Steg anlanden kann. Obendrauf gibt es gleich zwei Supermärkte in Laufnähe und man kommt mit dem Bus in 20 min nach Olbia. Perfekt.

Wir segeln nach Porto San Paolo, Tavolara immer im Blick
Auch wenn das Wetter nicht ganz so schön ist – die Aussicht entschädigt

Kurztrip nach Olbia
Der nahezu kostenlose Stadtkai, wahrscheinlich wird dies bald ein Megayacht Ponton
Wieder ein windiger Tag….

In der Hoffnung auf ein Wetterfenster segelten wir dennoch einige Meilen weiter nach Norden. Bei sehr böigem Westwind etwas mühsam. Die Küste beschert nicht nur Böen, sondern auch diverse Winddreher, Wirbel und Flautenlöcher. Da ist immer ein Blick auf die Landschaft und die Wasserfläche vorraus ratsam. Während wir im ersten Reff und mit der kleinen Fock unterwegs sind, kommen uns Segelboote mit Vollzeug entgegen. Den ein oder anderen Sonnenschuss haben wir dabei natürlich auch schon gesehen (für Nichtsegler: wenn ein Boot zuviel Segel gehisst hat, speziell das Großsegel, wird es oft Luvgierig, d.h. es möchte mit dem Bug in den Wind fahren. Wenn sich das Schiff dabei zu sehr auf die Seite legt und das Ruder nicht mehr angeströmt wird, tut es das dann auch, ohne dass der Rudergänger etwas dagegen tun kann, das Schiff ist somit kurzzeitig manövrierunfähig bis es sich wieder aufrichtet, wenn es im Wind steht). Auch wenn bei unserem Boot so etwas praktisch nicht passieren kann (längerer Kiel, größeres Ruder) möchten wir unsere Piccolina nicht so prügeln. Das macht keinen Spaß mehr und wirklich schneller ist man auch nicht. Das andere Extrem sind dann die Segelboote, die die Segel geborgen haben und unter Maschine fahren, trotz segelbarem Windwinkel. – Aber zurück zum Bericht. Wir legen eine Ankerbucht westlich von Porto Rotondo an, bergen kurz davor die Segel und motoren in die Bucht. Böen pfeifen übers Wasser, wir können kaum erkennen wo Sandgrund ist und irgendwie fühlen wir uns hier nicht wohl. Also abgedreht, nochmal die Fock raus und ein Stück nach Südosten. Eine kleine Bucht, der Wind ist hier viel weniger und der Anker fällt auf knapp 8 Meter Tiefe auf eine große Sandfläche. Um uns herum Villen mit gepflegten Gärten und Pools, ein kleiner Strand im Scheitel der Bucht. Alles sehr schick, aber sehr leblos, denn außer einer handvoll Menschen am Strand sehen wir niemanden. Nur ganz wenige Häuser sind um diese Jahreszeit bewohnt. Als wir am Tag darauf einen Spaziergang durch die Siedlung unternehmen das gleiche Bild. Wir gehen rüber nach Porto Rotondo, dort sind fast alle Läden und Restaurants geschlossen. Nur wenige Leute sind unterwegs obwohl viele Boote im Hafen liegen. Es ist fast schon deprimierend wie wenig hier los ist. Dafür haben sie noch Liegeplätze frei und einen sehr günstigen Winterpreis, wie wir im Marinaoffice erfahren. Doch eigentlich wollen wir ja noch nach Maddalena.

Soo coole Farben…

Der nächste Tag bringt zwar schönes Wetter, hat aber wiederum viel Wind im Gepäck. Öfters werden die 40 kn geknackt, aber wir liegen gut, der Anker hält.

Der Westwind bringt oft Sonne mit

40 kn waren heute drin

Tags darauf setzen wir wieder Segel – die bewährte Groß 1. Reff-Fock-Kombi. Doch heute sind die Böen noch krasser als am letzten Segeltag. Von 15 auf 28 kn innerhalb zehn Sekunden und nachdem der Windmesser auf über 30kn geht reffen wir die Fock. Es sind nur ein paar Meilen bis zur Ankerbucht Grande Pevero. Dort liegen wir im reinstem Türkis und am Nachmittag nimmt auch der Wind ab, auf die vorhergesagte Geschwindigkeit. Doch nun ist erst mal Schluß. Wir kauen die Wettervorhersage vor und zurück, es ändert sich nichts dran, dass die nächsten Tage stürmischer werden. Immer mal ein Tag mit wenig Wind dazwischen, OK, aber ansonsten kachelts. Und je weiter nördlich desto heftiger, denn wir sind nun sehr Nahe an der Straße von Bonifacio. Die Engstelle zwischen Sardinien und Korsika. Die hohen Inseln versperren dem Wind den Weg, mit dem Resultat, dass sich der etwas kräftiger durch die Engstelle drückt. Da sind locker 2 Windstärken mehr drin….Es macht also momentan keinen Sinn weiter nach Norden zu tingeln. Sehr Schade. Die Frage ob aufgehoben oder aufgeschoben werden wir sehen.

An der Isla Mortorio ist noch wenig Wind
Danach reffen die Fock
Piccolina am Anker in Grande Pevero
Wenn die Sonne scheint, ist durchaus noch Badewetter

Sonnenaufgang
Auch hier Villen, die scheinbar nur in der Saison bewohnt sind
Im Hintergrund Hotelbunker
Typisch Sardinien

Wieder Richtung Norden – jetzt an der Ostküste Sardiniens entlang

Unglaublich dieses Wetter. Wir genießen den verlängerten Sommer. Die Tage sind immer noch heiß, aber nicht mehr erdrückend, in den Nächten kühlt es angenehm ab, das Wasser ist wunderbar warm, die Strände leeren sich. Es ist die beste Zeit im Jahr. Während viele Segler schon ins Winterlager gehen, freuen wir uns an den lauen Bedingungen – na, meistens. Leider ist momentan nicht viel Wind, nicht mal der Seewind reicht zum richtig segeln. Meistens dümpeln wir mit gut zwei Knoten die Küste entlang und freuen uns, falls der Windmesser mal auf 8 und die Geschwindigkeit über drei Knoten geht. Jedenfalls wissen wir nun eindeutig dass Piccolina auch locker unter 10 Knoten Wind segeln kann. Es ist nur eine Frage der Welle. Und im Mittelmeer hat es bei fast keinem Wind auch keine Welle. Das war auf dem Atlantik doch ganz anders.

Ankerbucht südlich dem Capo Ferrato
Blick zum Capo Ferrato
Bei so ruhigem Wetter kann man fast überall den Anker werfen – hier vor dem Spiaggia Coccorocci

Weite Strecken schaffen wir mit der Geschwindigkeit natürlich nicht, dafür kann man bei Ententeich fast überall ankern. Ein ordentliches Sandpatch in der richtigen Tiefe reicht. Wenn dann noch eine Pizzeria in der Nähe ist – die Chancen sind da recht hoch in Sardinien – ist der Abend gerettet. Noch einen Vino Rosso dazu, nicht zuviel, da wir ja noch zum Boot zurückrudern müssen. Ja, da haben wir uns etwas umgewöhnt in den letzten Tagen und Wochen. Italien, oder vielleicht nur Sardinien ist nicht gut organisiert was das Anlanden mit dem Dinghy angeht. Das war auf den Balearen ganz anders und hat eigentlich auch ganz gut funktioniert. Dort sind praktisch alle Strände mit Bojen gesperrt, dafür gibt es aber extra Zufahrten über die man mit dem Dinghy an den Strand fahren kann. Hier ist zwar kein Strand abgesperrt, aber mit einem motorisiteren Dinghy darf man sich besser nicht am Strand blicken lassen, selbst wenn man langsam und bedächtig fährt. Warum die Nerven so blank liegen, können wir nur erahnen. Z.B. wenn ein Jetski innerhalb der Bucht, in der viele Schwimmer unterwegs sind, mit Vollgas Kreise dreht. Völlig daneben! Manchmal gibt es auch hier abgesteckte Zufahrten zu den Stränden, allerding kann es sein dass man sein Dinghy trotzdem nicht auf dem Strand parken darf, denn dort ist alles vom örtlichen SUP und Tretbootverleih und Bootstourenanbieter belegt, der uns dann erklärt, dass wir unser Dinghy nicht nebenan ablegen können. Ach ja, und die betonierte Anlegestelle nur 50 Meter weiter, die mit dicken Edelstahlringen ausgestattet ist, dürfen wir ja nicht anfahren, denn dort sind so viele Badegäste… Wäre nur interessant wer diesen Anleger finanziert hat – würde uns ja nicht wundern, wenn hier mit Eu-Finanzmitteln die Infrastruktur gefördert wäre. Schilder mit dem EU-Emblem haben wir die letzten Wochen jedenfalls häufig gesehen.

Auf dem Weg in den Norden ist für uns auch eine ganz besondere Ankerbucht dabei. Sie ist nicht hübscher oder geschützter als andere, aber genau hier haben wir vor 13 Jahren beschlossen segeln anzufangen. Und so legen wir uns in Arbatax vor dem Campingplatz in die Ankerbucht und schwelgen in Erinnerungen. Denn jetzt, wenn die Nachsaison anfängt kommen viele Motorradfahrer auf die Insel und wir können aus eigener Erfahrung bestätigen, dass Sardinien ein Eldorado für Zweiradfahrer ist.

Die Ankerbucht Porto Frailis bei Arbatax

Arbatx selbst ist ein kleiner, zweigeteilter Ort, mit einer Marina an der Nordseite der Halbinsel, unsere Ankerbucht vor dem Campingplatz im Süden. Es gibt kleine Supermärkte, ein paar Restaurants und Cafés, der Strand ist noch ganz gut besucht, aber unser Dinghy hat noch Platz und es beschwert sich auch niemand darüber. Mit dem Bus fahren wir in die nächste Stadt Tortoli. Busfahrkarten gibt es leider nicht beim Fahrer, aber der hält einfach kurz vor einem Kiosk wo wir schnell rausspringen und Tickets kaufen können. Pro Fahrt einen Euro. Das sind wieder die angenehmen, unkomplizierten Dinge in Italien.

Tortoli ist eine Kleinstadt und es ist ein wenig mehr geboten als in Arbatax. Nett zum Schlendern, aber auch sehr übersichtlich, nur die Supermärkte sind etwas besser bestückt.

Die roten Felsen bei Arbatax – nicht sehr spektakulär, aber einfach erreichbar

Nach ein paar Tagen segeln wir weiter. Der Golf von Orosei bietet wieder ein spektakuläre Felsüste mit vielen Grotten und Höhlen, aber als wir sehen wieviele Ausflugsboote jetzt, Anfang Oktober unterwegs sind, wird es uns ganz anders wenn wir daran denken wie es wohl in den Sommermonaten hier zu geht.

Die Felsküste des Golfo Oristano voraus
Die Morgensonne bringt schöne Farben

Vor dem Hafen La Caletta bleiben wir wieder ein paar Tage vor Anker. Der Waschsalon ist nur eine kurze Wegstrecke von der Dinghyanlegestelle und wir müssen mal wieder unsere Gasflaschen füllen. Der örtliche Gashändler liefert uns das Gas zum Hafen – super, dann müssen wir nicht so viel schleppen! Nach zwei Tagen sind unsere Flaschen wieder gefüllt, alle Wäsche frisch gewaschen und wir haben wieder viel Proviant im Boot verstaut. Die italienischen bzw. sardischen Spezialitäten sind einfach lecker und selbst viele kleine Supermärkte haben einen guten Metzger mit frischem Fleisch. Nach Portugal und Spanien müssen wir uns wieder etwas umgewöhnen, da die Stücke hier wieder anders zerlegt werden. Secreto oder Bäckchen gibt es hier nicht mehr, dafür kann man Rindfleischscheiben kaufen, die hervorragend für Rouladen geeignet sind. Und da es keinen Manchego mehr gibt, freuen wir uns an einem weichen Gorgonzola dolce. Leckeres Essen macht das Reisen doppelt interessant.

Vor La Caletta
Diese Fische sind fast an jedem Ankerplatz ums Boot – Birne scheinen sie zu mögen

Während ich dies tippe ist es Mitte Oktober geworden. Wir liegen einsam in der Ankerbucht Cala Coda Cavallo. Als wir vor zwei Tagen hier ankamen, lagen noch ein paar größere Schlauchboote an Murings, es war eine Zufahrt zum Strand ausgesteckt, es gab eine Cafebude und ein Kiosk, bei dem man Touren zur Isola Tavolara buchen konnte am Strand. Dann am Samstag, wurden alle Bojen und Murings entfernt, am Abend wurden die Verleih-Tretboote weggeschleppt, am Sonntag wurde das Kiosk abgebaut, die restlichen Stühle, Tische, Liegen und Sonnenschirme weggeräumt. Heute am Montag ist der Strand leer. Bis zum nächsten Jahr. Und die Touristen, die ab heute kommen, werden alle denken: welche Idylle, hier ist ja gar nichts los. Leider ist heute, pünktlich zum Saisonende, auch das Wetter etwas schmudelig geworden. Am Nachmittag nieselt es aus der dicken, grauen Wolkendecke und es wird wohl nicht mehr lange dauern, bis die langen Hosen aus dem Schrank gezogen werden.

In der Cala Coda Cavallo
Die hohe Granitinsel Isola Tavolara im Blick
Die letzten Schlauchboote werden ins Winterlager gefahren, der Kiosk am Strand abgebaut
Schlecht zu sehen – hier hat sich eine Wildsau an den Strand verirrt
Der Sommer geht zu Ende….
Wir hoffen auf ein paar schöne Herbsttage

Die Südküste entlang

Es ist mal wieder Maestrale angesagt. Nicht so stark und nicht so lang wie letztes Mal und wir sind ja schon im Süden Sardiniens, da bekommen wir das ganze nochmals gefiltert. Etwas Schwell schafft es immer um die Ecke, aber es ist ganz gut zu segeln. Den ersten Tag geht es von der Ostküste der Insel San Antioco hinter die Isola de Tuarreda. Ein schöner Strand, aber auch sehr touristisch. Wir liegen bei der Insel, leidlich geschützt von der Welle, bekommen aber noch ordentlich Wind ab, der über die Hügel pfeift. Doch der Ankergrund ist gut und unser Haken hält bestens. Am nächsten Tag gehen wir gleich früh Anker auf. Die erste Stunde ist sehr böiger Wind zwischen 5 und 20 Knoten. Da der Wind von Achtern kommt segeln wir nur mit der Genua, so haben wir kein Problem mit den einfallenden Böen. Auf dem Weg beschließen wir, den Golf von Cagliari zu queren. Noch im Windschatten wechseln wir die Segelgarderobe, nun werden die Fock und das Groß im ersten Reff gesetzt, denn wenn der Wetterbericht stimmt, wird es nun ein Amwind-Kurs. Und genau so kommt es. Krass ist, wie spontan der Wind einsetzt. Zuerst dümpeln wir noch bei 5 Knoten im Windschatten und Sekunden später zeigt unser Annemometer 24Knoten an. Und so bleibt es dann auch. Bei 5-6 Beaufort düsen wir über den Golf, die Logge geht kaum mehr unter 6,5 kn Fahrt, die Welle ist zwar etwas höher – geschätzt 1,3m – und unangenehm kurz, aber sie kommt von schräg achtern und bremst uns kaum aus. Wir sind ruckzuck vor Villasimius. Dort steht noch Welle auf den Ankerplatz, doch die nimmt bis zum Abend ab, genauso wie der Wind. Die nächsten Tage ist nicht viel Wind angesagt, also bleiben wir hier, das heißt, leider müssen wir gleich am ersten Abend umankern, weil ein französischer Katamaran viel zu nah den Anker wirft. Diese völlige Unfähigkeit gepaart mit aroganter Ignoranz ist manchmal unerträglich.

Ankerplatz auf San Antioco
An der Südküste Sardiniens, bei der Insel Tuarreda
Am Cap Spartivento ist noch wenig Wind
Der kommt dann über den Golfo di Cagliari

In der Cala Carbonara

Hier am Capo Carbonara gibt es einen Shuttlebus, so dass man von den Stränden oder der Marina bequem ins Städtchen kommt. Es dauert zwar etwas, denn der Kleinbus mäandert förmlich durch die Straßen, dafür fährt er jede Stunde. So lassen wir uns gerne durch die Gegend kutschieren und müssen unsere Einkäufe nicht weit schleppen..

Auch auf dem Boot wird uns nicht langweilig. Nach dem Reinigen des Vorfilters vom Wassermacher, geht unser Seeventil nicht mehr auf. Das hatten wir auch bei anderen Ventilen schon, dass der Pin den Kugelkopf nicht mehr bewegen kann. Das restliche Ventil ist top, die Wandstärke noch massiv, bringt leider alles nix, wenn die Funktion nicht mehr gegeben ist. Diesen Salzwassereinlass brauchen wir aber dringend, da unter anderem hier unser Wassermacher mit Seewasser gefüttert wird. Wir überlegen hin und her – wegen so etwas zu kranen scheint uns zu übertrieben und schließlich finden wir einen passenden Stopfen, mit dem wir den Borddurchlass von außen verschließen können. Zwei Stunden später ist ein neues Ventil verbaut, der Stöpsel in Piccolinas Bauch kann wieder raus und alles ist dicht. Ausgerechnet heute sind viele Leuchtquallen in der Bucht und ich muß aufpassen in keine reinzuschwimmen. Durch die Taucherbrille sieht man die Biester ganz gut, selbst die sehr feinen, langen Tentakel sind an einigen zu erkennen. Also Augen auf, mal kurz unter den Rumpf getaucht und dann gleich wieder raus aus dem Wasser. Die Reparatur hat zwar etwas Mut erfordert, doch im Nachhinein war es easy, wenn man die richtigen Dinge an Bord mitfährt…

Das Seeventil ist schon weggeschraubt
Zur Belohnung gibt’s nach der Arbeit einen fantastischen Sonnenuntergang

Step by step die Westküste nach Süden

Es heißt die westliche Küste von Sardinien ist die wilde Küste. Das zeigte sie uns nur kurz und zwar als wir von Alghero nach Bosa segeln. Der Mistral war erst einen Tag abgeklungen und es war noch überraschend viel, recht kurze Welle. Nicht schön zum Segeln und als der Wind etwas nachlässt müssen wir sogar den Motor bemühen, da die Segel nur noch schlagen und keinen Vortrieb mehr bringen. Gut dass es nicht sehr weit zu unserem Tagesziel ist. Als wir in die Abdeckung des Capo Marragiu kommen nimmt die Welle etwas ab, doch kurz zuvor zeigt sie nochmals was sie drauf hat, und unser 5L Wasserkanister reist sich aus der Halterung und fällt auf den Boden. Leider geht dabei unsere praktische Plastik Wasserpumpe kaputt und wir können sie nur notdürftig flicken. Kein Problem – kostet ja nicht viel, aber bald stellen wir fest, dass in Italien diese großen Wassergebinde gar nicht verkauft werden und somit gibt es auch keine Ersatzpumpe zu kaufen. So ärgerlich, denn in Spanien bekommt man diese an jeder zweiten Hausecke! Unser Etappenziel für heute heißt Bosa und hier gibt es sowohl eine bezahlbare Marina, als auch einen kostenfreien 24h Liegeplatz, doch wir entscheiden uns für den recht geschützten Ankerplatz vor dem Ort Bosa Marina. Auch dort ist eine kleine Marina die ein paar geschützte Stege hinter einer großen Kaimauer besitzt. Zwischen Strand und Pontoons gibt es Platz für ein paar Boote. Einziger Nachteil: um nach Bosa zu gelangen, muss man mit dem Dinghy um die Kaimauer herum, sozusagen übers Meer, um in den Fluß zu gelangen, der zur Stadt führt. Der Stadtkern liegt zwei Meilen flußaufwärts. Schon von weitem sieht man die bunten Häuser die sich an den Hang schmiegen, geschützt vom alten Castello, das oben auf dem Hügel thront. Obwohl schon September ist es immer noch heiß und die schmalen, hohen Gassen in der Altstadt spenden willkommenen Schatten. Nur wer zur Burg hoch will muss wohl oder übel ein Stück in der Sonne gehen. Dennoch lohnt es sich, den der 360° Ausblick ist fantastisch. Bosa gefällt uns, natürlich sind auch hier noch viele Touristen unterwegs, aber es ist nicht mehr ganz so voll, wie in Alghero. Oder man merkt dass die Hochsaison zu Ende geht? Nach dem Stadtbummel wird es spannend ob wir trocken zum Boot kommen, denn der Seewind weht auflandig zur Flußeinfaht und plötzlich sind da viel größere Wellen als am Vormittag. Doch alles geht gut, sowohl wir, als auch unsere Einkäufe werden nicht nass, und kaum sind wir um die Kaimauer herum ist auch schon wieder Ententeich.

Früh morgens legen wir ab Richtung Süden
Nach dem Capo Marragiu sind die Wellen kleiner
Der Ankerplatz ist prima geschützt
Das bunte Bosa liegt flussaufwärts
Schattige Gassen

Maximale Spurbreite: Ape 50 😉
Blick vom Castello
Die Anlage wurde im 11.Jht angelegt und im 13.Jht ausgebaut

Im Fluß liegen die Boote extrem gut geschützt
Traditionelles Segelboot

Ein Blick auf die Wetterkarte zeigt, dass wir uns Zeit lassen können um nach Süden zu segeln, denn die Großwetterlage ist ziemlich ruhig. Derweil hangeln wir uns mit dem Seewind die Küste hinunter. Hat man das erst mal entdeckt ist es wunderbar. Meist setzt der auflandige Wind um die Mittagszeit ein und ist sehr gut zum Segeln geeignet. Es gibt viele schöne Ankerbuchten an der Westküste und Auswahl ist nicht immer einfach. Besonders angetan hat es uns die Bucht bei Santa Caterina di Pittinuri. Die bizarr geformten weißen Felsen machen diesen Küstenabschnitt zu etwas Besonderem und wir sind ganz begeistert nach unserer abendlichen Dinghyrunde an der Küste entlang.

Vor Anker in Santa Caterina di Pittinuri
Piccolina liegt alleine vor den weißen Felsen
Total schön

Mondlandschaft?

Doch auch weiter südlich, nach der großen Bucht von Oristano zeigt Sardinien was es an Steilklippen, Grotten und Buchten zu bieten hat. Man kommt aus dem Schauen gar nicht heraus.

Wir segeln weiter….
Manchmal ist es sehr gemächlich
Vor Putzu Idu haben Windsurfer ihren Spaß
Die Lagune

Vor der kleinen ehemaligen Minenstadt Buggerru können wir ab einer Tiefe von 16 Metern den Grund erkennen – nein, nicht nur erkennen, wir sehen die Struktur des Sandbodens oder kleine Felsen, so klar ist das Wasser. In der Cala Domestica ankern wir ein paar Tage, weil das Wetter immer noch sehr ruhig ist. Hier kann man sehr schön schnorcheln (allerdings kein Vergleich zu Karibik oder Azoren, wo es so viel mehr Fische gibt), die Küste mit dem Dinghy erkunden oder einfach nur vom Boot aus die Landschaft genießen.

An der Westküste Sardiniens sind wenig Boote unterwegs

Besser geht’s nicht

Spiegeleiqualle – glücklicherweise harmlos

Ein paar Meilen weiter, in Porto Flavia treffen wir befreundete Segler, die wir auf den Azoren kennengelernt haben. Anne und Stefan, unterwegs mit ihrer SY Mokendeist sind auf dem Weg nach Westen und wir verbringen ein paar vergnügliche Stunden mit ihnen. Es gibt ja immer sehr viel zu erzählen. Gemeinsam besichtigen wir den eigentlichen Porto Flavia. Eine ehemalige Anlegestelle für Frachtschiffe direkt an der Felsklippe. Dort wurden sie mit Gestein beladen, dass in den Minen in der direkten Umgebung abgebaut wurde. Die Erze wurden in großen Silos zwischengelagert, die im Inneren des Berges direkt in den Fels gehauen waren. Durch den oberen Schacht wurden die Silos befüllt, im unteren Schacht wurde das Gestein auf ein Förderband abgelassen und direkt zum Frachtschiff transportiert. Die Anlage war bis in die 1960er Jahre in Betrieb.

Der Pan dem Zucchero – Zuckerhut

Abendrunde mit dem Dinghy

Alte Loren
Momentan darf man nur in den oberen Stollen
Porto Falvia im Inneren

Nach über zwei Wochen an Sardiniens Westküste segeln wir auf die kleine vorgelagerte Insel San Pietro. Das Eiland hat etwas über 6000 Einwohner und die einzige Stadt, Carloforte, ist einen Besuch wert. Auch auf San Pietro gibt es viele schöne Strände, mit interessanten Felsformationen und türkisem Wasser, aber bei uns steht erstmal einkaufen auf der Liste. So leer waren die Schapps schon lange nicht mehr. Von unserer Ankerbucht kommen wir bequem mit dem Bus in die Stadt und zurück. Als wir wieder unser Dinghy vom Strand ins Wasser gezogenen haben und gerade unseren Motor starten wollen werden wir massiv von zwei Badegästen angeschrien. Keinen Motor! Wir machen den Motor aus, entschuldigen uns, das Gezeter geht weiter. Ohne dass sie wissen, wie langsam und vorsichtig wir in den Buchten unterwegs sind, werden wir einfach pauschal beschimpft. Wir rudern zu unserem Boot – wollen uns nichts nachsagen lassen. Nur kurze Zeit später fährt eine Segelyacht unter italienischer Flagge mit Touristen an Bord mit Vollgas – geschätzt sieben Knoten – zwischen den Ankernliegern und dem Strand hindurch. Hier haben wir schon oft Schwimmer gesehen. Auf unsere Handzeichen dass er doch bitte langsamer fahren solle, werden wir nun vom Skipper mit Worten und mit Gesten beschimpft. Ja, das ist unser Tag!

In den Gassen von Carloforte

Am nächsten Tag ist etwas auflandiger Wind angesagt. Wir wollen erst abwarten, doch die Welle wird rasch unangenehm am Anker und so verholen wir auf die Nachbarinsel San Antioco nur 2,5sm entfernt. Am Abend zieht ein Gewitter auf und Piccolina bekommt eine Süßwasserdusche. Der Ankergrund hält gut und alle Ankernlieger haben genügend Abstand. Als die Front durchgezogen ist, können wir ruhig schlafen.