Eigentlich würden wir uns während der Hochsaison gerne in eine Gegend verdrücken, wo nicht ganz so viel los ist. Das ist allerdings im Mittelmeer fast ein Ding der Unmöglichkeit. Hier auf Menorca ist auch sehr viel los, dennoch scheinen uns die meisten Leute entspannter als manch anderen Ortes zu sein. Wir waren einige Tage an der Nordwestküste vor Anker. Geeignete Buchten gibt es genügend, manche sind etwas ab vom Schuss oder einfach nicht ganz so hip und somit nicht so voll gepackt wie andere. Aber als wir an der kleinen Cala Pregonda vorbeifahren liegen dort ca. 16Boote vor Anker. Ein Kommentar in Noforeignland.com (eine Seite zur Bewertung von Ankerplätzen etc) schreibt von Platz für 5-6 Boote. Auch für uns sieht die Cala völlig überfüllt aus. Nur ca. eineinhalb Meilen weiter gibt eine weitere Ankerbucht. Vielleicht nicht ganz so hübsch gelegen, aber mit viel Platz und auch hier ist das Wasser schön klar. Wir lassen unsere Haken in den Sand fallen. Eine gute Entscheidung wie sich in der Nacht herausstellt. Wir wachen auf als Winfried, unser Windgenerator, laut wird. Plötzlich kommen Böen mit 30 Knoten, vielleicht auch etwas mehr, buchstäblich aus heiterem Himmel. Richtig heißer Wind. Kein Regen, keine Wolke ist zu sehen, es ist sternenklar. Der ganze Spuk geht nicht lange. Nach 20 Minuten ist alles wieder OK. In unserer Ankerbucht sind derweil von sechs Ankerliegern nur noch zwei dort wo sie vorher waren. Zwei sind gleich Anker auf gegangen und zwei sind einige Meter gerutscht. Was in der rappelvollen Cala Pregonda abgelaufen ist, können wir nur erahnen. Jedenfalls sehen wir dass auch dort Boote in der Nacht die Bucht verlassen.
Komplette Windstille ist aber auch nicht ideal, wenn man in einer gut gefüllten Ankerbucht liegt. Je nach Bootstyp schwojen manche Schiffe komplett anders, da kann es manchmal auch zu eng werden, weil sich die Yachten nicht mehr nach dem Wind ausrichten können. Tagsüber kein Problem, wenn man beim Boot ist, aber nachts kann man ja nicht ständig schauen.
Beim Buchtenbummeln in Menorcas Norden machen wir auch in der Bucht von Fornells halt. Diese hat nur eine schmale Einfahrt im Norden und ist praktisch von allen Windrichtungen ganz gut geschützt. Doch schon beim ersten Ankerversuch hält unser Anker nicht. Also den Haken wieder hoch, ein ordentlicher Batzen aus Gras und Schlamm mit im Gepäck, und ein neues Plätzchen gesucht – wenigstens ist die Bucht sehr groß, mit viel Platz. Auch beim zweiten Versuch hält der Anker zuerst, doch wenn mit etwas höherer Drehzahl eingefahren wird, gibt er ein klein wenig nach. Wir bleiben trotzdem. Nach einigen Tagen kommt etwas mehr Wind aus Nord und siehe da, eine (nicht sehr heftige) Böe lässt uns auf Drift gehen. Das gibt’s ja nicht! Also wiederum einen neuen Platz gesucht. Gleiches Spiel, Anker hält, etwas kräftiger Einfahren, Anker slipt und ist dann so voller Schlick, dass er sich nicht mehr eingraben kann, sondern einfach auf dem Grund weiterrutscht. Also machen wir es nun auf die französische Art. Platz ausgesucht, Anker fallen lassen, vom Wind vertreiben lassen und das war’s. Das gibt uns jetzt kein richtig sicheres Gefühl, denn wir haben keine Ahnung wieviel Wind wir so abkönnen. Also werden wir hier das Boot nicht lang alleine lassen und bei viel Wind ist diese Bucht für uns ein no go – zumindest mit diesem Anker – ein 25kg Bügel, der im Sand bis jetzt wirklich ausgesprochen gut gehalten hat.
Fornells ist ein netter Ort. Vom ursprünglichen Fischerdorf ist nicht mehr viel zu spüren. An der Promenade reiht sich ein (Fisch)-Restaurant am anderen, die Touristen kommen in Scharen. In der dritten Reihe finden wir dann aber doch noch eine kleine Bar/Restaurant in der sich auch die Einheimischen treffen oder Essen mitnehmen. Auch das Restaurant des Club Nautico im benachbarten Ses Salines ist fast nur von Locals frequentiert, dafür schließt es bis Mitte Juli schon um 17Uhr….
Noch ist unser Plan, zügig nach Sardinien weiterzusegeln. Also geht es für uns mit einem kleinen Zwischenstopp wieder nach Es Grau, um ein günstiges Wetterfenster abzuwarten. Doch die Weiterfahrt verzögert sich. Erstens möchten wir vorher noch die Relingsdrähte auswechseln, zweitens ist es vielleicht besser erst nach dem 15.ten August in Sardinien anzukommen, wenn die Hauptferien der Italiener zu Ende sind? Doch auch hier in Menorca haben wir das Gefühl, dass jeden Tag mehr Menschen auf der Insel, Boote in den Buchten, Besucher in den Restaurants sind. War es im Juli schon voll, steppt nun Anfang August mal so richtig der Bär.
Seit Wochen hat es nicht mehr geregnet. Genauer gesagt, seit dem Gewitter in Ciutadella Mitte Juni. Dennoch ist die Insel überraschend grün. Nur die landwirtschaflich genutzten Felder sind braun (aber schon längst abgeerntet), die mit Macchia und Pinien bewachsenen Hügel zeigen keine Dürre. Jeder Südwind bringt jede Menge Sand und Staub aus der Sahara mit und paniert damit unsere Piccolina. Ständig putzen wir die Solarpanele und den Edelstahl an Deck, das Teak bekommt ab und zu mal eine Salzwasserdusche. Aber der Wind aus dem Süden bringt nicht nur Dreck, sondern auch heiße, feuchte Luft. An diesen Tagen ist die Hitze besonders heftig und auch die Nächte kühlen kaum ab. Erst jetzt Anfang August haben wir wieder etwas erträglichere Temperaturen. Allerdings sind diese eher auf Grund des Mistral gekommen. Dieser kräftige Nordwind, der im Rhonetal durch Düsenwirkung entsteht, weht oft bis nach Menorca und Sardinien, manchmal ist der Starkwind noch in Tunesien zu spüren. In der ersten Augustwoche war eine ausgeprägte Mistral Lage angesagt. Waren noch am Tag zuvor unglaublich viele Boote in den Buchten um Es Grau, brach eines frühen morgens unglaubliche Hektik am Ankerplatz aus und wenige Stunden später waren nur noch drei Yachten vor Anker. Ja, die Tage waren etwas unruhig, bei Wind bis zu 30 Knoten. Aber der Wind ist auch nicht das Problem, sondern die Wellen die dann aus dem Norden angerollt kommen. Die Cala Es Grau bietet zwar Schutz, doch etwas Schwell schafft es immer in die Bucht, die nach Osten offen ist. Drei Tage weht der Nordwind. Mal mehr mal weniger stark. Kaum hat sich die Windrichtung wieder gedreht und die höchsten Wellen sind durch, schon kommen wieder die ersten Boote aus dem Süden in die Cala gefahren.
Tagsüber sind zusätzlich richtig viele Tagesausflügler aus Mahon mit ihren Motorbooten hier vor Anker. Auch in Es Grau werden kleine Boote mit Außenbordern vermietet und sind sehr beliebt. Spätestens ab 10Uhr geht es zu wie im Taubenschlag. Auch Dinghys, zum und vom Dinghydock, die genauso wie die Motorboote und Skidoos mit teilweise viel zu hoher Geschwindigkeit an den ankernden Booten vorbeifahren. Für uns absolut unverständlich wie manche in der Bucht schwimmen gehen ohne Markierungsboje. Wir trauen uns zur Peakzeit nicht mal direkt am Boot ins Wasser. Das ist uns zu gefährlich. Dazwischen paddeln teileweise Horden mit geliehen Kanus vorbei, SUP’s sind auch viele unterwegs. Die sind wenigstens nicht laut, machen keine unerwarteten Wellen und haben kein Gefahrenpotential – im Gegenteil. Um ca. 17Uhr kommt das große Finale, wenn die Tageslieger Anker auf gehen um auch rechtzeitig in Mahon zum Abendessen zu sein. Die letzten fahren kurz vor Sonnenuntergang, dann wird es ruhiger, auch wenn noch etliche Tender von und zu den Ankerliegern unterwegs sind. Die Restaurants in Es Grau sind praktisch jeden Tag an der Kapazitätsgrenze, abends geht ohne vorherige Reservierung oft nichts mehr. Die Bedienungen schuften zehn Stunden Schichten – vielleicht auch mehr. Das war vor vier Wochen noch anders. Dennoch sind sie freundlich und nett, auch wenn man merkt dass es beim ein oder anderen langsam an die Substanz geht. Der Strand vor Es Grau ist übrigens sehr beliebt bei Familien mit kleinen Kindern da es ganz flach ins Wasser geht.
Von Es Grau gibt es eine Buslinie in die Inselhauptstadt Mahon. Das nutzen wir öfter und gehen dort schlendern und einkaufen.
In der Nähe des Busbahnhofs gibt es ein Restaurant, dass sich innerhalb kurzer Zeit zu unserem Lieblingsrestaurant auskristallisiert hat. Im S’aturedeta essen wir, wie hier überall, meist Tapas. Diese Art der kleinen Gerichte lieben wir inzwischen sehr und bedauern es, dass es das nicht in allen Ländern gibt. Wir bestellen oft zwei, drei Tapas, essen gemütlich und wenn wir danach noch Hunger haben, wird einfach etwas nachbestellt. Wenn es etwas nicht als Tapaportion gibt, sondern nur als Ration, ist es in Spanien vollkommen natürlich, dass man sich diese auch mal teilt. Selbstverständlich bekommt jeder seinen Teller mit Besteck ohne zusätzlich dafür bezahlen zu müssen. Zu unserer Freude gibt es auf Menorca ganz oft Pulpo a la Gallega, das ist Oktopus mit Salz und gerauchtem Paprikapulver gewürzt, auf Kartoffeln mit einem Schluck Olivenöl – sehr lecker. Aber wir essen auch gern fritierte Tintenfischringe (Calamares de andaluz) und kleine Sardinen (Boquerones fritos), Sardinenfilets in Essig und Öl (Boquerones en vinagre), Pimientos de padron (kleine grüne Paprikaschoten in Olivenöl angebraten mit Meersalz), Tortilla (Kartoffel-Ei Tart), Kroketten mit verschiedenen Füllungen von Schinken bis Spinat (leider nur selten wirklich hausgemacht, dann aber meist sehr lecker), und die unterschiedlichsten Muscheln. Natürlich findet man auch überall Paella auf der Speisekarte, doch die Qualität ist sehr unterschiedlich. Die spanische Küche gibt noch viel mehr her, aber das würde den Blogbeitrag dann doch sprengen.
Um die neuen Relingsdrähte zu besorgen fahren wir auch nach Mahon. Die Firma Sailpower fertigt sie nach Maß und wir können sie am nächsten Tag abholen. Der Anbau geht fix und nun heißt es warten aufs Wetterfenster, doch da ist momentan keines in Sicht. Machen wir das Beste draus und erledigen offene nice-to-have Projekte am Boot…..