Ruhige Tage in Chacachacare

Nach zwei Wochen in der Bucht von Chaguaramas wird uns der Lärm von den Booten und Werften, die grellen Scheinwerfer, die nachts teiweise voll in unsere Kabine leuchten und der fast tägliche Dieselgestank zuviel. Wir kaufen ordentlich frische Lebensmittel und verholen uns auf die etwa sechs Meilen entfernte Insel Chacachacare. – Was für ein Unterschied! Außer uns liegt nur noch ein Katamaran in der Bucht, das Wasser – obwohl auch hier von dunkelgrüner Farbe – ist viel klarer. Nur wenig Sediment des Orinokos trübt es ein wenig ein. Rings um uns sind bewaldete Hügel über denen Dutzende von Geiern kreisen. Kaum haben wir unseren Anker eingefahren, sehen wir keine 40 Meter weiter eine Wasserschildkröte luftholen, um gleich darauf wieder abzutauchen. Es ist ruhig und die Luft ist herrlich. Nichts wie rein in Wasser – auch das ist einfach wunderbar. Hier bleiben wir!

Chaguaramas iam frühen Morgen
Fischer aus Venezuela

Genauso ist es. Wir bleiben über eine Woche vor der Insel vor Anker. Meistens sind wir alleine, ab und zu kommen Motorboote, die einen Tagesausflug hierher machen, die sich aber spätestens wenn die Sonne hinter den Bergen verschwindet auf den Heimweg machen. Später erfahren wir, das mache Einheimische glauben, auf der Insel würde es spuken. Vielleicht auch, weil hier im vorigen Jahrhundert die Leprakranken gewohnt hatten. Seit die Krankheit heilbar ist, ist die Insel aber nicht mehr bewohnt, nur einige halbverfallene Häuser zeugen noch von der Zeit. Es ist wunderbar still, so ruhig, dass wir bei Windstille den Generator der fünf Seemeilen entfernten Ölbohrplattform hören können. Morgens beobachten wir die Pelikane, die an der Uferzone entlang fliegen und im Sturzflug ihr Fischfrühstück fangen. Gleich am zweiten Tag sehe ich einen Stachelrochen, als ich im niedrigen Wasser schnorcheln gehe. Hier kann man wirklich Ruhe tanken.

Ankerbucht vor Chacachacare
Meist herrlich ruhig
…auser am Sonntag Nachmittag…

Allerding haben wir uns auch Arbeit aus Chaguaramas mitgenommen. Eine neue Toilettenpumpe muss eingebaut werden und unsere Polster im Salon bekommen einen neuen Überzug. Das hält uns beschäftigt, denn leider bekomme ich fast eine Woche Badeverbot weil ich mir den Zehen am Vorschotbeschlag blutig geschlagen habe – so ein Mist. Mit Wunden ist in dem Klima nicht zu spaßen, also gehe ich lieber nicht ins Wasser, bis eine frische Haut die Wunde verschlossen hat.
Zwischendurch werden wir vom Zoll kontrolliert. Unglaublich wie leise sich das Boot anschleicht – wir hören keine Schraubengeräusche, sondern erst Stimmen der Zöllner, die unsere Einklarierungspapiere sehen möchten. Drei Offizielle mit geladenen Gewehren im Anschlag, da wird einem schon kurz etwas komisch zumute. Aber es läuft alles sehr freundlich ab, und da wir erklären, dass wir noch einige Tage hier bleiben, kommen Sie vier Tage später nochmals vorbei, umrunden unser Boot und als wir hoch kommen und winken, gibt einen „thumbs up“ und sie fahren wieder weiter. Sie haben einfach geschaut ob alles OK ist.

Neue Polsterbezüge im Salon
Red Snapper

Doch wir können nicht ewig bleiben. Wir müssen nochmals nach Chaguaramas, nicht nur weil unser frisches Obst aufgebraucht ist, sondern auch weil wir uns beim Zoll und Immigration abmelden müssen, wenn wir nach Tobago weitersegeln möchten. Also gehts nochmal ein paar Tage an die Muring vor Trinidad

Chaguaramas / Trinidad

Die Bucht von Caguaramas liegt an der Nordwestecke Trinidads und ist unter den Yachties ein bekanntes Hurricanehole. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Insel von einem Hurrikan getroffen wird ist sehr gering. In den letzten gut 100 Jahren lag sie nur einmal in der direkten Zugbahn. Dazu kommt dass Chaguaramas sehr gut von Osten geschützt ist und sich praktisch kein Schwell aus dieser Richtung aufbauen kann. Es gibt noch andere Ankerbuchten nicht weit von hier, sowohl auf der Hauptinsel als auch auf den kleinen Inseln um die Nordwestspitze herum. Auch dort kann man gut liegen, aber die allermeisten Yachten kommen hierher und einige hundert Segel- und Motorboote werden hier über die Hurrikansaison an Land gestellt. In Chaguaramas sind eine handvoll Werften, die sich auf Freizeitboot eingestellt haben, entsprechend ist hier (fast) alles zu bekommen was das Seglerherz begehrt. Verschiedene Shipchandler bieten alles ums Boot, dazu gibt es Segelmacher, Motorwerkstätten, aber auch Restaurants und Supermärkte direkt auf den Werftgeländen. Fast überall gibt es Dinghydocks, so dass man direkt von einer Werft zur anderen fahren kann, ohne weit laufen zu müssen. Wir sind hergekommen um Ersatzteile für unseren Wassermacher (Umkehrosmoseanlage) zu kaufen, deren Hersteller auch hier vor Ort ist. Davon abgesehen, findet man bei den Bootsbedarfausrüstern immer was, was man noch brauchen kann. Deshalb liegen wir hier nun an einer Muringboje, direkt vor den Werften. Nachteil: Zubringer- und Arbeitsboote der trinidadischen Öl- und Gasindustrie machen auch hier in der Bucht fest. Was tagsüber manchmal noch recht interessant ist, kann nachts ganz schön lästig werden. Denn Zeit ist Geld und hier wird anscheinend nahezu rund um die Uhr gearbeitet. Bis spät in die Nacht legen Schiffe an, morgens um fünf werden wir oft vom nervend piependen Gabelstapler geweckt, grelle Scheinwerfer leuchten bis in unsere Kojen. Auf Dauer ist uns das entschieden zu laut. Ein weiterer Wehrmutstropfen ist das Wasser in der Bucht. Eigentlich wäre es ganz schön und klar, von dunkler, grüner Farbe. Immer wieder sehen wir Trompetenfische von stattlicher Größe vorbei schwimmen. Was aber leider auch täglich stinkend vorbei schwimmt ist Diesel. Wir sind uns noch nicht ganz schlüssig ob es von der Tankstelle kommt, oder von den venezoelanischen Fischern, die mit uns in der Bucht liegen und per Kanister tanken – da kann ja schon mal was daneben gehen.

Blick vom Boot in Chaguaramas
Trompetenfisch in relativ klarem Wasser

Die Hauptstadt Trinidads liegt kaum 20 Kilometer entfernt und ist per Bus oder Maxi-Taxi (Minibusse die überall halten) bequem und sehr günstig zu erreichen. Port-of-Spain hat einen schlechten Ruf, was die Sicherheit angeht, aber tagsüber ist es kein Problem. Wir werden oft angesprochen, woher wir kommen. Gestern trafen wir auf eine Dame, die zur Fußball WM in Deutschland war. Sie bestätigte uns, dass die BRD ein sehr schönes Land ist – aber so KALT!! Tja, kein Wunder. Die Temperaturen hier sind noch nie unter 25°C gefallen…da gegenüber sind selbst die Sommernächte in Deutschland sehr kühl.

gut plaziert…

Die Stadt ist eine sonderbare Mischung aus gläsernen Hochhäusern (meist Regierungsgebäude), oft etwas heruntergekommenen Gebäude in der Innenstadt, immer wieder etwas deplatziert wirkenden steinerne alte Kirchen, bunte Läden, Straßenstände mit Obst und Gemüse. Die Parks sind etwas lieblos, große Grünflächen mit wenig schattenspendenden Bäumen. Dafür sind manch eindrucksvolle Exemplare in den Gärten in den besseren Wohnvierteln.

Neue…
und alte Prachtbauten
Typische Straße in Port-of-Spain

Solange wir an der Muring liegen, können wir das WiFi-Netz einer Werft benutzen, das ganz passabel funktioniert. Gleich bei unserem ersten Besuch in der Hauptstadt wollten wir uns eine Prepaid-SIM kaufen mit Internetdatenvolumen und auch Gesprächminuten ins Ausland. Wir erstanden eine SIM mit internationalen Gesprächseinheiten, dazu ein paar GByte Daten. Als ich jedoch in Deutschland anrufen wollte, war direkt nach dem Verbindungsaufbau Schluß. Nichts ging mehr, meine Gesprächseinheiten waren leer. Als wir zehn Minuten später im Telefonladen standen und uns beschwerten, fanden die Damen hinterm Tresen heraus, dass die internationale SIM-Karte nur für USA, Kanada und die karibischen Inseln funktioniert. Nach einiger Diskussion und der Frage ob denn Deutschland etwa nicht international sei, konnten wir die SIM-Karte zurückgeben und bekamen unser Geld zurück. Allerdings war es uns nicht möglich bei den Telefonanbietern eine Prepaid-SIM mit internationalem Gesprächguthaben zu kaufen – unglaublich! Das hat bis jetzt überall funktioniert. Und gerade hier, wo man überall wieder mit Kreditkarte zahlen kann, wo einen vieles an USA erinnert: keine Chance. Vielleicht gerade weil es sehr auf die USA bezogen ist….? Immerhin funktioniert unsere deutsche SIM-Karte im roaming Betrieb, wir sind also, wenn auch teuer, immer erreichbar.

Unsere Nähmaschine wurde auch mal wieder ausgepackt. In einem tollen Stoffladen in der Stadt haben wir Material gekauft um unsere Polster im Salon zu beziehen. Außerdem stehen noch ein paar kleinere Ausbesserungsarbeiten an und schließlich habe ich einige „blanke“ Gastlandflaggen genäht. Die können wir bemalen, falls wir eine Flagge nicht kaufen können – so wie zuletzt für Surinam und Trinidad &Tobago.

bunte Auswahl
Gastlandflaggen selbst gemalt

Trinidad besitzt eine schöne Vogelwelt. Selbst hier in der Bucht macht es Spaß den Fregattvögeln und den Pelikanen zuzuschauen. Zwei ganz unterschiedliche Spezies und doch sind beides hervorragende Flieger. Pelikane sitze gerne auf dicken Pfählen die im Wasser stehen und ist dann eher von plumper Statur, wenn er fliegt, gleitet er jedoch sehr elegant ganz dicht übers Wasser (Groundeffekt). Der Fregattvogel fliegt oft mit der Thermik und ist überaus wendig mit seiner schmalen Silouette. Abends sehen wir manchmal Schwärme von kleinen Papageien wahrscheinlich in ihr Nachtlager fliegen. Es gibt einige Parks in denen man Vögel beobachten kann. Vielleicht besuchen wir noch einen, es könnte aber auch sein, dass wir bald einen Chaguaramas Koller bekommen und möglichst schnell eine ruhige Ankerbucht aufsuchen.

Prima Aussicht