Kourou – zwischen Hightech und Hinterhof

Seit ca. einer Woche ankern wir im Kourou River. Bei unserer Ankunft waren wir fünf Boote vor Anker, mittlerweile sind es acht geworden, was vor allem dem Raketenstart am Donnerstag zuzuschreiben ist. Der Fluß ist braun von den Sedimenten die er aus dem Hinterland mitbringt und das Ufer ist undurchdringliches grün, unsere ersten Mangroven – wir sind in den Tropen angekommen. Die Tide reicht bis in den Fluß, d. h. etwa alle sechs Stunden wechselt die Strömung und mit ihr die Ausrichtung von unsere Piccolina. Dennoch haben wir nur einen Anker eingefahren (so wie alle ankernden Boote hier) und der hält bis jetzt prima. Der Tidenhub beträgt ca. 2 Meter hier im Fluß und die Strömung bei Ebbe oder Flut fließt mit über 2 Knoten, was nicht wenig ist, wenn man mit dem Dinghy gegen an muß. Es gibt zwei kleine Pontoons die in der Verlängerung einer der Haupstraßen von Kourou liegen. Einer gehört dem örtlichen Yachtclub und einer ist für die Fischer. Mit dem Dinghy dürfen wir bei den Seglern festmachen. Der Steg ist nicht abgesperrt, aber meist ist die Tür am Eingang geschlossen und es sind nur Clubangehörige auf dem Steg, bzw. zweimal am Tag, wenn der Zubringer zu den Iles de Salut geht oder kommt benutzen auc dessen Gäste den Pontoon.

der Yachtponton bei Niedrigwasser
das Ufer mit Mangroven bewachsen
Schiffswrack in den Mangroven….

Kourou ist schwer zu beschreiben. Beim ersten Gang in die Stadt haben wir den Eindruck, dass viele Häuser an der Haupstraße auch schon bessere Zeiten gesehen haben. Es gibt ein paar einfache Restaurants und Bars, so richtig gemütlich erscheint uns keine, also versuchen wir unser Glück in Richtung Strand. Doch auch dort gibt es nichts außer ein paar Überdachungen unter denen die Einheimischen grillen und ihre mitgebrachten Getränke konsumieren. Weiter zum Hotel vorne am Fluß. Hier kann man nicht bar zahlen, sondern nur mit Hotelwährung (so zumindest unsere Überserztung) außer am Kiosk, wo wir wenigstens zwei Softdrinks kaufen um der Dehydrierung zu entgehen. Also wieder zurück zum Boot, beim Chinesen um die Ecke kaufen wir noch ein paar Dosen Bier, die wir dann auf dem Boot trinken. Natürlich geben wir Kourou noch eine zweite und auch eine dritte Chance, aber ganz ehrlich werden wir mit dieser Stadt nicht so recht warm (mal abgesehen davon dass die Hitze immens ist). Mit dem Auto könnte man sich vielleicht noch anfreunden, aber fußläufig ist Kourou ein Alptraum. Es gibt kein Stadtzentrum, alles ist auseinander gezogen. Manchmal komme es mir vor als wenn 15 Dörfer zusammengewachsen sind. In einem Dorf gib es einen Waschsalon, im nächsten eine Bank, wieder etwas weiter kommt der Supermarkt. Was jedes Dorf besitzt sind mindestens drei Chinaläden (hier vorwiegend kleine Lebensmittelläden), eine Pizzeria und einen Dorfplatz. Sprich die Entfernungen sind unglaublich, zum richtigen Supermarkt mindestens drei Kilometer. Dazu kommt dass wir in Kourou noch nie ein Taxi gesehen haben und ein Stadtbus ist nicht existiert. Für mich ist es bislang die fußgängerunfreundlichste Stadt die ich je (zu Fuß) besucht habe.

Lange Wege
in Kourou
am Besten mit Auto unterwegs

Das allererste was jedoch auffällt ist das unglaubliche Grün. Überall wächst und sprießt es. Palmen, riesige Bäume, Farne, Gräser, alles in üppigem Grün, ganz anders als auf den Kapverden. Gleich am ersten Abend am Strand geben die Frösche und Zikaden ein Konzert in voller Lautstärke. Die Temperaturen fallen kaum unter 25° Celsius, die Wassertemperatur beträgt 28°. Im Boot haben wir mittlerweile fast beständige 30°, in der Nacht kühlt es ein wenig ab, aber nur wenn es nicht regnet und wir die Luken offen lassen können. Noch ist Regenzeit in französisch Guyana und es regnet fast jeden Tag mindestens einmal.  Die Luftfeuchtigkeit ist immens und wir freuen uns wenn eine schöne Brise weht, die wenigsten etwas Abkühlung bringt.

Am Stadtstrand
einer der Seen im Stadtgebiet

Vielleicht sind wir von Kourou ja nur deshalb so enttäuscht, weil wir uns die Stadt etwas kosmopolitischer vorgestellt haben. Immerhin ist hier das europäische Raumfahrtzentrum stationiert. Und cnes schießt nicht nur Ariane Raketen in den Orbit, es gibt auch Vega und Soyus Abschußrampen. Ein paar Tage nach unserer Ankunft ist ein Start der Ariane 5 angesetzt (ursprüglich war er für den 12. Juni geplant und wir haben uns auf dem Atlantik die Augen ausgeguckt). Nach einer kleinen Odyssee, mit Dinghyfahrt und anschließendem Fußmarsch stehen wir auf einer Aussichtsplattform mit Blick auf die Rakete. Auf Bildschirmen werden Lifebilder vom Kontrollzentrum übertragen. Es gibt ein etwa eineinhalbstündiges Zeitfenster zum Start, aber das Wetter ist hervorragend und so wird gleich am Anfang der Countdown gestartet. Es ist das erste Mal, dass wir einen Raketenstart miterleben und es ist wirklich eindrucksvoll. Ein atemberaubendes Spektakel. Allerdings nur für zweieinhalb Minuten, dann werden die Booster abgeworfen und die Rakete entschwindet aus dem Blickfeld. Nur auf den Monitoren kann die weitere Reise mitverfolgt werden. Ariane 5 bringt heute zwei Telekommunikationssateliten auf ihre Umlaufbahn. Alles funktioniert – Mission accomplished.

warten auf den Raketenstart
Lift off
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