Die letzten Tage und Wochen hatten wir immer auch das Wetter für die Überfahrt nach Sardinien im Blick. Wirklich eilig haben wir es noch nicht, den Ferragosto – Maria Himmelfahrt am 15. August – ist bei den Italienern DER Feiertag und wirklich jeder der irgendwie kann, nimmt sich um diesen Tag herum Urlaub. Dann geht es mit der Familie an den Strand oder in die Berge. Entsprechend ist Sardinien einfach voll – das bestätigen alle, die um diese Jahreszeit mal dort waren. Der Feiertag fällt dieses Jahr auf einen Dienstag und wir hoffen, dass der Besucherstrom in der darauffolgenden Woche langsam abebbt. Für Donnerstag sieht das Wetter ganz gut aus, um nach Sardinien zu segeln. Es ist Südost angesagt, der teileweise auch richtig auf Süd drehen soll. Wir möchten versuchen die Südwestküste anzulegen, da dort der Wind länger anhalten soll.
Früh morgens geht der Anker hoch, es ist schon Wind und wir setzten noch in der Ankerbucht die Segel. Mit der Fock und dem Groß müsste es eigentlich ganz gut gehen. Auch Fanni, unsere mechanische Windfahne wird gleich zu Beginn aktiviert, so dass wir keinen Strom für den Autopilot benötigen. Der Wind nimmt über den Vormittag noch etwas zu auf etwa 20kn wahren Wind. Piccolina liegt bei dem Am Wind Kurs ziemlich auf der Backe. Die Wellen werden immer unangenehmer und bremsen uns teilweise ganz schön ab. Wir reffen das Groß ins erste Reff und wie erwartet segeln wir nun viel angenehmer und nicht mehr ganz so ruppig. Da das Boot nun besser ausbalanciert ist, werden wir sogar etwas schneller. Allerdings dreht der Wind nicht wie angekündigt auf Süd, sondern bleibt stur Südost. Dann werden wir wohl eher an der Nordwestküste landen.
Am Abend nimmt der Wind leicht ab, dennoch hält Piccolina ihre 6+kn Fahrt bei, da die Wellen kleiner und runder werden. Das ist doch herrliches Segeln! Wir überlegen ganz kurz ob wir zur Nacht ausreffen, doch gut dass wir uns dagegen entscheiden, denn die Nacht hat wieder etwas mehr Wind im Gepäck. Wir sind weiterhin sehr zügig unterwegs, die Logge geht nie unter 6kn. Mond ist leider keiner zu sehen, haben wir es doch genau getroffen mit Neumond. Doch der Sternenhimmel entschädigt. Skorpion ist neben Schütze am Abendhimmel zu sehen, um letzteres Sternbild sind mit dem Fernglas viele Sternhaufen zu erkennen, was allerdings auf einem schaukelnden Schiff nicht ganz so einfach ist. Kurz vor Sonnenaufgang erstreckt sich im Osten Orion als weiteres markantes Sternbild. Erst kürzlich sahen wir zum ersten Mal eine Reihe von Starlink Satelliten. Wir haben schon öfter davon gehört. Tatsächlich ist es schon etwas befremdlich so einen ganzen Zug von künstlichen Himmelskörpern über sich hinwegziehen zu sehen.
Zum Sonnenaufgang sind es noch 60 Seemeilen bis Sardinien. Doch am Vormittag schläft der Wind komplett ein. Wir werfen den Motor an. Es ist absolut keine Welle mehr und wir steuern schnurstraks auf eine Ankerbucht im Norden zu. In Porto Ferro fällt der Anker am frühen Abend. Es sind überraschend wenig Boote hier. Der Strand ist gut gefüllt, aber nicht überlaufen. Allerdings ist es hier ziemlich ab vom Schuss. Der Pinienwald im Hintergrund verströmt ein herrliches Aroma, das Wasser sehr klar. Hier bleiben wir zwei Tage. Es ist herrlich ruhig, außer am Abend, wenn vom Club Musik herüber tönt. Mal etwas rockiger, mal richtiger ItaloRAP. Aber alles im Rahmen und nicht so laut, dass es beim Schlafen stören würde. Wir sind angenehm überrascht.
Bei leichtem Wind geht es die Westküste nach Süden. Hinter der steilen Felswand schläft der Wind ein – zum Glück, denn so bergen wir das Segel und motoren ganz nah an die Küste heran, um die Isola Faradada herum und an der Grotta di Nettuno vorbei. Die Steilküste ist spektakulär!
Etwas weiter,gleich gegenüber von Alghero gehen wir vor Anker. Es ist teilweise ganz schön eng, aber zum Abend gehen fast alle Boote, so dass wir nur zu dritt über Nacht in der Bucht liegen. Als freudige Überraschung kommen Annette und Kay von der SY Tuuli am Abend auf Besuch. Die Beiden haben wir von drei Monaten auf Ibiza kennengelernt und nun kreuzen sich unsere Wege. Manchmal sind die neuen Medien doch echt nützlich.
Mittlerweile liegen wir im Stadthafen von Alghero. Hier darf man fünf Tage umsonst festmachen. Vorausgesetzt man braucht kein Wasser oder Strom, denn dann würde es für unsere Bootslänge 75€ pro Tag kosten. Unser Nachbarboot ist 3 Meter länger und zahlt 150€ – pro Nacht wohlgemerkt! Wenn das keine Abzocke ist …
Der Zeitpunkt unseres Umzugs in den Stadthafen war denkbar ungünstig. Am Montag ist Mistral angesagt und laut dem Offiziellen an der Anmeldung gibt es keine Verlängerung – Begründung: wir können ja in eine Marina umziehen. Mit Seemannschaft hat das auch nichts mehr zu tun! Wir warten noch ein paar Wettervorhersagen ab und werden danach entscheiden wo wir den Starkwind abwettern werden.
Oh my dear! Ich hoffe, es wird nicht so schlimm und Ihr findet eine sichere Lösung. Vielleicht Ablaufen in die Bosa Marina?!? Ich werde das weiter beobachten.