Wenn Engel reisen?

Mit unserem Besuch der letzte Woche angereist ist, kommt auch der Sommer auf die Inseln. Davor hatten Sturm und Regenfluten den Süden in Atem gehalten, doch nun ist herrliches Wetter, das Thermometer erreicht schon am frühen Morgen die 20 Grad Grenze und klettert über den Tag auch noch etwas höher. Die Sonne strahlt ungebremst vom wolkenlosen, blauen Himmel. Höchste Zeit die Sonnencreme auszupacken, denn alle Hautpartien die schon längere Zeit kein Licht mehr sehen durften, sind sonst am Abend krebsrot.
Wir schlendern mit unserem Besuch, Silke und Jan, die vor den eisigen Temperaturen in Deutschland geflüchtet sind durch Las Palmas, genießen die Sonne und die vielen Eisdielen und machen uns ein paar gemütliche Tage. Mit einem Mietwagen erkundigen wir die Insel. Bei der Fahrt durch die Berge wünschen wir uns alle Motorräder unterm Hintern, denn die Strecken sind ein Traum für jeden Motorradfahrer. Kurve an Kurve, meist guter Belag und eine gewaltig schöne Kulisse mit karstigen Felswänden, grünen Berghängen und grandioser Aussicht auf das tiefblaue Meer.

Steiküste und tiefblaues Meer

Kaum sind die zwei nach einer Woche auf unserer Piccolina abgereist, kündigt sich schon nächster Besuch an. Heike und Bernhard kommen für ein Wochenende von La Gomera nach Gran Canaria und wohnen natürlich auch bei uns auf dem Boot. Die zwei kennen wir schon viele Jahre, denn  Bernhard war unser Segellehrer und Ausbilder und hat uns viele Tipps und Kniffe beigebracht. Die beiden erzählen von Sturmböen von über 60 Knoten im Hafen von San Sebastian und sogar von einem Tornado, der wenige Tage zuvor durch den Hafen gezogen ist. Glücklicherweise ist niemand zu Schaden gekommen und nur ein Schiff und die Steganlagen haben etwas gelitten. Da können wir nur nochmals feststellen, dass wir hier sehr geschützt und ruhig gelegen sind.

 

Seltsame Wetterwelt

Die kanarischen Inseln liegen im Winterhalbjahr zwar nicht direkt in der Passatwindzone, dennoch kommen die vorherrschenden Winde normalerweise aus dem nördlichen Quadrat, meist aus Nord bis Nordost. Seit einigen Tagen und Wochen kann man seltsame Wetterkonstellationen über dem Nordatlantik beobachten. Ursache dafür ist ein laut DWD ein „sudden stratopheric warming“, eine Erwärmung der Stratosphäre in der Arktik.  Dadurch bricht der Polarwirbel zusammen, bzw. in diesem Fall splittete er sich, es entstand ein sehr umfangreiches Hoch das vom Nordatlantik über Skandinavien bis nach Russland reichte. Deutschland bekam durch dieses Hoch viel Kaltluft aus Sibirien ab und die Temperaturen gingen in den Keller. Hier auf den Kanaren spüren wir einen anderen Effekt. Da das Hoch in Europa die Tiefs die normalerweise hier entlangziehen auf dieser Bahn blockiert, müssen sie im äußersten Norden durch oder einen viel südlicheren Weg einschlagen. Deshalb zieht nun ein Tief nach dem anderen knapp oberhalb den Kanaren durch. An dessen Südseiten bekommen wir ordentlich Wind ab, aber nicht wie üblich aus Nord, sondern aus südlichen Richtungen. Hier im Nordosten von Gran Canaria und besonders in der Marina Puerto de la Luz (wir sind seit Sonntag in den Hafen umgezogen) liegen wir sehr geschützt. Aber wenn wir das kanarische Fernsehen einschalten, sehen wir von Überschwemungen, riesigen Wellen in Häfen, Fähren die wieder umgekehrt sind, weil sie nicht anlegen konnten. Die Süd- und Westseiten der Inseln sind besonders betroffen, im Norden haben wir schönstes Wetter. Die hohen Berge im Inselinneren halten die Schlechtwetterwolken von uns ab. So ist nun verkehrte Welt auf den Inseln, Regen und viel Wind im Süden, schönes Wetter und wärmere Temperaturen im Norden. Ganz schlecht ist die Wetterkonstellation für diejenigen, die jetzt noch gerne über den Atlantik segeln wollen. Sie müssen warten, bis sich das Wettersystem wieder normalisiert und der NO Passat wiederkommt.

Sonnenstrom

Über einen Monat lagen wir nun vor Anker am Stadtstrand von Las Palmas. Genügend Zeit um unser Stromkonzept zu testen. Piccolina kann sowohl aus Wind als auch auch Sonne Strom produzieren. Unser Windgenerator von Superwind hat sich inzwischen gut bewährt. Selbst bei Wind über 30 Knoten arbeitet er zuverlässig und relativ leise. Nur einmal, bei der Fahrt von Guernsey nach L’Aber Wrac’h schalteten wir ihn ab. Durch die hohen Wellen versetzte es uns immer wieder das Heck, so dass dann plötzlich Sturmböen aus anderen Richtungen unserem Superwind etwas zusetzten. Die Tatsache, dass wir den Windgenerator manuell ausschalten können (das geht nicht bei allen! ) ist für uns sehr wichtig. Im Hafen, wenn wir am Landstrom hängen muss das Ding ja nicht unnötig laufen und die Nachbarboote belästigen.

unser Superwind

Auf unsere Solarpaneele sind wir ziemlich stolz. Piccolina hat im ganzen vier Stück, alle bei AxSun in Laupheim hergestellt. Zwei davon sind auf dem Hardtop verklebt und begehbar, zwei sind seitlich an einer festen Reling angebracht und können bei Bedarf stufenlos bis etwas über waagerecht aufgestellt werden, um einen möglichst guten Winkel zur Sonne zu bekommen. Das Beste an den seitlichen Solarpaneelen sind die bifacialen Zellen mit denen Sie bestückt sind. Diese sind auch auf der Rückseite aktiv und können dort nochmals bis zu 30% mehr Strom produzieren. Auf Booten ideal, da sie im aufgestellten Zustand, von der Wasseroberfläche reflektiertes Licht zusätzlich in Energie umwandeln. Die Paneele auf dem Hardtop laden die Batterien für Motor, Bugstrahlruder und diverse andere kleinere Verbraucher. Die zwei seitlichen Paneele versorgen über je einen MPPT-Regler (Maximum Power Point Tracking) unsere Hausbank, die aus 4x 120Ah AGM Batterien besteht, mit Energie. Über die Regler können wir auch auslesen, wieviel Strom jedes Paneel produziert. 800Wh pro Tag und Paneel sind keine Seltenheit und wir sind sehr zufrieden damit, wenn man bedenkt, dass das Boot sich ja permanent bewegt und die Paneele daher meistens nicht immer optimal ausgerichtet sind. In der Praxis sind unsere Batterien meist schon am frühen Vormittag aufgeladen. Bleibt noch abzuwarten, ob auch für unseren energiehungrigen Wassermacher, den wir voraussichtlich ab den Kap Verden in Betrieb nehmen möchten, ausreichend Dampf zur Verfügung steht.

seitliches AxSun Paneel
mit aktiver Rückseite

Endlich Sonne

Nachdem ja auch hier kurzfristig der Winter ausgebrochen war – OK, wir an der Küste hatten tagsüber wohl kaum weniger als 15Grad, aber auf den Bergspitzen der Inseln hatte es sogar geschneit – und das Fernsehen mit Bilder von schneebedeckten, teilweise gesperrte Straßen, verschneiten Berghängen und Observatorien nicht gegeizt hat, hat nun endlich der Frühling Einzug gehalten. Die ersten sonnigen, warmen Tage locken die Menschen aus den Häusern, an unserem „Hausstrand“ Playa Las Alcaravaneras sind nicht nur die Volleyballer am Sport treiben, es liegen nun auch sonnenhungrige im warmen Sand.

Wir nutzen den ersten Sonnentag um den botanischen Garten zu besuchen. Mit dem Bus geht es zum oberen Eingang. Von dort führen schmale gepflasterte Wege den steile Hang herunter. Jetzt ist uns klar, warum der Garten beim letzten Besuch gesperrt war nach so viel Regen.

Das Areal ist nicht riesig, aber abwechslungsreich, mit dem vulkanisch geprägten Steilhang und den verschiedenen Gärten im Tal. Der Kakteengarten hat es uns angetan. Dort wachsen auch viele Aloen und Wolfsmilchgewächs, die schöne Erinnerungen an Afrika wecken. Unser Fazit: der botanische Garten ist auf jeden Fall einen Besuch wert, jedoch nicht mit so Großen wie z. B. Madeira oder gar London zu Vergleichen. Dafür ist der Eintritt kostenlos und er ist bequem und günstig von Las Palmas mit dem Bus zu erreichen (1.60Euro p. P.). Genau richtig wenn man sich ein bißchen Ruhe von der Stadt gönnen will.

Es erinnerte uns an Ostafrika

Als wir wieder mit dem Dinhy zu unserer Piccolina zurückkehren, sehen wir eine fast durchsichtige halbmondförmige Masse aus dem Wasser ragen. Auf der Hinfahrt wegen zu großer Entfernung fälschlicherweise als Plastikmüll abgetan, erkennen wir nun, dass hier sicher kein Abfall schwimmt. Wir sehen uns die Blase etwas genauer an und stellen fest,dass es sich um eine Qualle handelt. Der obere Teil ragt etwas aus der Wasseroberfläche heraus, fast farblos, mit blassrosa bis lila Rand, unter Wasser ist deutlich der restliche Körper mit blauen, gekräuselten Tentakeln zu erkennen.

Prtugiesische Galeere, hübsch aber schmerzhaft

Kurzes Nachforschen bei Google ergiebt, dass es sich tatsächlich um eine portugisische Galeere handelt, die jetzt mit Ost- bzw.  Südostwind hier in den Hafen getrieben werden. Kontakt mit den Tentakeln bzw.  den Nesseln ruft laut Wikipedia starke Schmerzen hervor, die etwa eine Stund anhalten, die Abdrücke auf der Haut sind zwei bis drei Tage zu sehen. Schwimmen werden wir uns die nächsten Tage verkneifen!

Thunfisch satt

Am Sonntag kam eine französische Ketsch um auch hier in der Bucht zu ankern. Soweit, sogut, beinahe jeden Tag kommen neue Schiffe oder gehen Ankerauf um weiterzusegeln. Doch diese Yacht hatte eine Überaschung für uns. Kurz nach Sonnenuntergang kamen zwei Mann hoch im Dinghy angefahren, mit an Bord eine große Schüssel Thunfischsteaks. Sie haben einen Thun auf dem Weg von Lanzarote hierher gefangen und da sie selbst nicht alles essen können „20kg Fisch bekomme ich nicht in meinen Kühlschrank “ verteilen sie den Rest an die anderen Ankerlieger. Somit ist der Speiseplan für den nächsten Tag spontan umgestellt. Es gibt Thunfischsteaks mit Risotto und Salat. Den Spendern geben wir ein Fläschchen Wein mit auf den Weg, worüber sie sich sehr freuen.

frische Thunfischsteaks aus kanarischem Gewässer

Der Thun war übrigens sehr lecker!!

Yammi!