Biskaya Nachlese

Die größte Enttäuschung vorweg: wir haben keine Delphine gesehen. Nicht einer von den Kumpels hat sich blicken lassen. Dabei ist das doch das Highlight einer Biskayaüberquerung. Nun, also bei uns nicht!

Wir sind am Freitag mit dem ersten Tageslicht von Camaret-sur-Mer aus gestartet. Kurz nach der Hafenausfahrt konnten wir Segel setzen (Groß und Genua) und sind am Wind aus der Bucht gesegelt. Herrliches Segeln bei Sonne, zwar etwas kühl, aber mit unserer kleinen Kuchenbude saßen wir im Cockpit sehr geschützt.

kurz hinter Camaret: schön Wind, noch wenig Welle

Aus der Landabdeckung raus nahmen Wind und Welle immer mehr zu, so dass wir gegen Mittag zuerst die Genua, dann das Groß zweimal kurz hintereinander gerefft haben. Aber der Wind blieb beharrlich über 20Knoten und trotz der kleinen Segelfläche lief Piccolina beständig über 7 manchmal über 8 Knoten. Den südwestlichen Kurs hielten wir etwa bis zur tektonischen Meeresstufe, die wir am Abend erreichten, um dann etwas nach Süden abzufallen. Die Wellenhöhe war beachtlich, wir schätzten 3-4 Meter. Wellenberge kamen auf uns zu, hoben das Schiff an und rollten darunter durch. Je nach Winkel legte sich Piccolina noch mehr auf die Backe, um direkt danach auf den anderen Bug zu gieren. Es war soviel Bewegung im Schiff, dass jeder Handgriff Mühe machte. Gut dass ich einige Brote vorbereitet hatte.

Begegnung mit dem Frachter „Rosi“

Wir setzten Kurs von ca. 200° und legten direkt A Coruna an. Dabei liefen wir 20 Meilen parallel zu einer Schifffahrtsstraße auf der die großen Pötte von der spanischen Ecke (Cabo Finistere) hoch Richtung Ärmelkanal fahren. Die Frachter sahen wir nur auf unserem elektronischen Plotter als AIS-Signal (auf UKW basierendes Schiffsidentifizierungssystem mit dem alle großen Schiffe ausgerüstet sein müssen), nur von zwei Schiffen mit Ziel Santander konnten wir auch die Positionslichter erkennen. Die Nacht war finster, viele Wolken zogen durch und Sterne sah man nur selten. Der Horizont war manchmal kaum auszumachen, Wellen sah man nicht, spürte nur ihre Kraft. Um uns herum nur Schwarz und die Schaumkronen die vorne am Bug durch die Lichter der Positionslampen angestrahlt wurden. Ab und an einen lauten Schlag und kurz danach klatschte Wasser gegen die Cockpitfenster und ein Wasserschwall spülte über das Deck.

vor Sonnenaufgang

Morgens um acht wurde es endlich hell, Piccolina machte immer noch super Fahrt. Ein Blick auf die Logge zeigt ein klasse Etmal* von 155 Meilen an. Wow!! Das hatten wir noch nie. Aber unsere Kleine hat auch ihren Rennmodus ausgepackt :-).

Rolf setzte über die Biskaya jeweils morgens und abends eine Position per Kurzwelle ab, die über die Homepage aufgerufen werden kann. Über AIS kann der Standort nicht mehr abgerufen werden, da das UKW Signal höchstens 25 Meilen überbrücken kann.

Der nächste Tag war fast eine Wiederholung des vorigen. Allerdings wurden die Wellen etwas runder und die Wellenlänge größer. Die Höhe war fast unverändert, aber die Schiffsbewegungen waren nun nicht mehr ganz so ruppig. Die Wellen die es bis zum Cockpit schafften wurden weniger. Immer wieder zogen große Wolkenfelder durch, die auch den ein oder anderen Packen Wind mit sich brachten.

Da wir in der Nacht durch die Wachen und den ruppigen Seegang wenig Schlaf bekommen hatten, legten wir uns auch tagsüber abwechselnd in die Koje. Vor allem Rolf schlauchten die anstrengenden Schiffsbewegungen, da er immer noch nicht fit war und seine Erkältung wurde durch die Nachtwachen auch nicht besser. Aber wir kamen immer noch bestens voran.

Die nächste Nacht brach an und sie war noch dunkler als die vorige. Keine Sterne, keine Mond, absolut stockduster. Auch der Verkehr war weniger als in der ersten Nacht. Wir sahen nur drei Segelboote, die auch nach Süden fuhren und eine Handvoll Frachter im AIS. Nur wenige Boote kamen so Nahe, dass wir die Positionslichter ausmachen konnten.

Gegen frühen Morgen brieste der Wind nochmals frisch auf, so dass wir die Genua, die wir tags zuvor ordentlich rausgelassen hatten, wieder reffen mussten. Das können wir vom Cockpit aus machen, was besonders nachts von Vorteil ist. Rolf hatte Wache als sich endlich das erste Licht am Himmel zeigte. Eine Wohltat. Die dunklen Nächte zogen sich wie Kaugummi, wenn man so gar nichts sah.

Unglaublich aber wahr: das Etmal für die nächsten 24 Stunden waren auch genau 155 Meilen. Wir hatten also nur noch etwa 60 Meilen vor uns. Schon die ganze Nacht über rechneten wir aus, wann wir denn in A Coruna sein könnten, wenn wir die Geschwindigkeit beibehalten konnten. Noch war der Wind stetig, aber wir wussten, dass er im Laufe des Tages einschlafen würde.

Und tatsächlich um Mittagszeit war es dann soweit. Immer mehr Windlöcher waren zu überwinden, bis dann fast nichts mehr ging. Da wir A Coruna noch bei Tageslicht anlaufen wollten, starteten wir schließlich für die letzten Meilen den Motor. Die spanische Gastlandflagge war schon aufgezogen.

die französische wird gegen die spanische Flagge getauscht

Unter strahlendem Sonnenschein steuerten wir die Stadt an. Der Turm auf dem Wellenbrecher war schon von weitem zu sehen und eine ausgezeichnete Ansteuerungsmarke. Um 18:45 Uhr legten wir in der Marina Real an.

Anfahrt auf A Coruna

Die Biskaya liegt nun hinter uns. Es war anstrengende, aber eine super schnelle Überfahrt unter 60 Stunden! Nun werden wir uns ausruhen, Rolf muss sich dringend auskurieren und dann freuen wir uns darauf, die spanische Stadt zu erkunden. Piccolina braucht auch mal wieder etwas Pflege, d.h. wir werden hier vermutlich einige Tage bleiben.

*(Etmal ist die Strecke die ein Boot innerhalb von 24 Stunden zurücklegt. Eigentlich wurde es von 12 Uhr mittags bis zum nächsten Tag im 12 Uhr gemessen, da früher ja per Sextant die Mittagshöhe zur Positionsbestimmung herhalten musste. Ich gebe der Einfachheit halber die letzten 24 Stunden an.)

 

2 Gedanken zu „Biskaya Nachlese“

  1. Gestern habe ich mal euer AIS Signal gesucht und in A Coruna gefunden. Nun seid ihr also los und habt die Biskaya schon hinter euch gelassen. Liest sich toll, manches kann ich gut nachvollziehen und deine Beschreibungen wecken wunderbare Erinnerungen an eigene Nachtfahrten. Da beneide ich euch schon und werde sicher regelmäßig nachlesen, wie es euch ergeht. Hoffentlich gut! Mast- und Schotenbruch, Dietrich

    1. Ja, Nachtfahrten sind immer ziemlich spannend. Sie können so toll sein bei gutem Wetter und Vollmond, aber auch sehr anstrengend wenn es dunkel und schlecht Wetter ist. Ich denke das sind für jeden ganz spezielle Erfahrungen.
      Hier in Galicien werden wir wenige Nachtfahrten haben, denn es gibt soooo viele Möglichkeiten schöne Ankerbuchten aufzusuchen. Wir freuen uns schon sehr darauf und werden berichten.
      Liebe Grüße

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