Sardiniens Nordwesten

Der Maestrale hat sich wieder beruhigt. Wir legen ab vom Stadtkai und verholen nochmals in die gegenüber liegende Bucht – dieses Mal an den anderen Strand. Es steht noch etwas Schwell vor Alghero und vor dem Capo Caccia werden die Wellen sicher noch viel höher sein. Hier vor Anker ist Ententeich und wir sind alleine – naja fast, am Abend kommt die Jaya angefahren mit den Brasilianern Elena und Jorge an Bord. Sie waren unsere Nachbarn in Alghero und wollten nun auch raus vor Anker. Wir verbringen einen netten gemeinsamem Abend, bevor sich unsere Wege trennen.

In Alghero kommen gar nicht so große Wellen an
Ein Comicfan verschönert das Stadtbild

Am nächsten Morgen setzen wir schon sehr früh die Segel, aber unsere Rechnung geht nicht ganz auf und wir müssen einen Teil der Strecke nach Bosa motoren. Wir sind überrascht wieviel Schwell noch steht. Zwei, teilweise drei Meter hohe Wellen laufen unter Piccolina durch – und sie sind steil. Das verdeutlicht uns noch einmal wie geschützt wir in der Bucht von Alghero lagen. Unser Ziel ist Bosa, eine Kleinstadt am Fluß Temo. Hier kann man 24h kostenfrei am Steg der Guardia Costiera festmachen, oder an der Küste hinter dem kleinen Hafen von Bosa Marina ankern. Wir bevorzugen letzteres, so können wir bleiben und uns die Stadt in Ruhe anschauen. Mit dem Dinghy muss man so allerdings erst mal um die große Kaimauer rum und dann ein paar Kilometer den Fluss hinauf, bis zur Innenstadt. Wir werden mit unserer Entscheidung belohnt, kommen doch abends einige Delphine in die Bucht.

Kurz nach Sonnenaufgang geht es los Richtung Süden- hinter uns die Jaya
Im Hintergrund das Cap Caccia, das die gröbsten Wellen vom Maestrale abschirmte
Die Felsküste vor Bosa
Ankert man an der Küste,muss man mit dem Dinghy um die schützende Kaimauer rum
Sobald man die Flussmündung erreicht hat ist man geschützt vor Welle
Vorbei an der Marina…
…geht es im Fluß bis in die Stadt

Bosa gilt als eines der schönsten Städtchen auf Sardinien und es sieht wirklich bezaubernd aus, wie die bunten Häuser sich an den Hang schmiegen, auf dem das Castello de Malaspina thront. Die Gassen in der Altstadt sind eng und kühl. Es macht Spaß durchs Labyrinth zu schlendern, vorbei an Geschäften und Restaurants. Ein Besuch der Burg bietet eine außerordentliche Aussicht, 360° Rundumblick.

Bosa liegt am Temo

Der Blick von der Burg ist fantastisch
Die erste Burganlage wurde kurz nach 1100 errichtet, im 14.Jht kam die äußere Wehrmauer dazu

Die Burg liegt hoch über Bosa

Auch die Küste um Bosa würde noch einige lohnende Ziele bieten, aber wir segeln weiter nach Santa Caterina di Pittinuri. Es ist nur ein kurzer Schlag, der Wind lässt sich zwischendurch etwas betteln, aber wir können die ganze Strecke segeln. Unser heutiges Ziel ist eine kleine Ankerbucht eingebettet in schroffe, weiße Felsen. Eine irre Landschaft, die wir mit dem Dinghy und dem SUP erkunden können. Das Wasser ist glasklar, der kleine Strand gut gefüllt (es ist Wochenende) und viele sind mit Kayaks oder SUPs unterwegs in der Felslandschaft. Einfach wunderbar – aber wir haben auch immer mit einem Blick auf das Wetter, den die Bucht ist bei starkem West oder Nordwind ungeschützt.

Eingerahmt von weißen Felswänden….
…liegen wir vor Santa Caterina di Pittinuri
Eine kuriose Landschaft

Der Abend schenkt uns tolle Farben

Nach zwei Tagen segeln wir weiter an die Halbinsel beim Capo Mannu. Auch heute ist nicht viel Wind, aber ausreichend, denn es ist mit knappen 10 Seemeilen nicht weit und wenn uns keine Welle ausbremst reichen auch locker 10kn zum Segeln. Gegen Mittagszeit lassen wir den Anker fallen, lassen wie die letzten Tage auch unseren Wassermacher laufen, um unseren Wassertank wieder zu füllen, der über die Zeit in Alghero zusehens leerer geworden war. Dort im Hafen wollten wir unsere Umkehrosmose Anlage nicht laufen lassen, denn das Wasser im Hafenbecken hat nicht sehr lecker ausgesehen. Am Nachmittag Briest es ordentlich auf in der neuen Ankerbucht, ganz zur Freude der Windsurfer und Foiler.

Wir segeln weiter
Gemütliches“Sonntagssegeln“
Am Capo Mannu
Am Nachmittag brist es auf – perfekt für Surfer…
…und Foiler

Bei Maestrale in Alghero

Vor fünf Tagen haben wir uns in den Stadthafen von Alghero gelegt. Dort darf man genau diese fünf Tage kostenfrei am Stadtkai festmachen – vorausgesetzt man benötigt keinen Strom oder Wasser, denn das kostet dann je nach Bootsgröße und ist sehr teuer (unser Nachbar bezahlte 150€ am Tag!).

Algheros Altstadt hat sehr schöne Ecken
…und Gassen
Zum Bier bekommt man meist einen Aperitivo
Die Promenade am Abend
Noch ist das Meer ruhig

Gestern Abend kam der Wetterumschwung. Glücklicherweise nicht ganz so heftig wie von manchen Wetterdiensten vorhergesagt (dort waren teilweise Böen von 60kn verzeichnet) und auch das Gewitter vor der Kaltfront streifte uns nur. Seit heute weht nun der Maestrale. Ein böiger, kräftiger Nordwestwind, der vor allem hohe Wellen mit sich bringt, ist doch sein Ursprung im Rhonetal in Südfrankreich. Dort wird der Wind kanalisiert und beschleunigt, angetrieben durch ein Hoch in der Biskaya und einem Genuatief. Im Golf von Lion – dem Löwengolf – ist er gefürchtet und auch hier an der Westküste Sardiniens und Korsika sucht jeder einen sicheren Hafen wenn Maestrale angekündigt ist. Ankerbuchten an der Westküste die vor diesem Wind geschützt sind, gibt es wenige. Deshalb sind wir heute morgen nochmals zur Guardia Costiera und konnten unseren Aufenthalt verlängern, bis das Wetter wieder besser ist.

Abends ziehen dunkle Wolken auf
Teilweise regnet es so kräftig, dass die Häuser gegenüber nicht mehr zu sehen sind

Wir liegen sehr geschützt. Der Stadtkai liegt unterhalb der Stadtmauer, direkt vor der Altstadt und ist teilweise in der Windabdeckung. Wir hören wie die Böen in den Hafen pfeifen, liegen selbst aber recht ruhig. Auch der Schwell hält sich bis jetzt in Grenzen, obwohl draußen knapp 5 Meter hohe Wellen angesagt sind. Mindestens eineinhalb Tage soll der kräftige Wind anhalten und dann langsam abnehmen, genauso wie die Wellen. Solange werden wir hier liegen bleiben. Wenn wir von der Stadtmauer aufs Meer und die Hafeneinfahrt schauen, sehen wir überall weiße Schaumkronen. Da haben wir es wohl ziemlich gut erwischt!

Selbst in der Hafeneinfahrt sieht man Schaumkronen
Draußen ist es sehr ungemütlich….

Der Stadtkai bietet sehr guten Schutz
Recycling auf italienische Art

Überfahrt nach Sardinien

Die letzten Tage und Wochen hatten wir immer auch das Wetter für die Überfahrt nach Sardinien im Blick. Wirklich eilig haben wir es noch nicht, den Ferragosto – Maria Himmelfahrt am 15. August – ist bei den Italienern DER Feiertag und wirklich jeder der irgendwie kann, nimmt sich um diesen Tag herum Urlaub. Dann geht es mit der Familie an den Strand oder in die Berge. Entsprechend ist Sardinien einfach voll – das bestätigen alle, die um diese Jahreszeit mal dort waren. Der Feiertag fällt dieses Jahr auf einen Dienstag und wir hoffen, dass der Besucherstrom in der darauffolgenden Woche langsam abebbt. Für Donnerstag sieht das Wetter ganz gut aus, um nach Sardinien zu segeln. Es ist Südost angesagt, der teileweise auch richtig auf Süd drehen soll. Wir möchten versuchen die Südwestküste anzulegen, da dort der Wind länger anhalten soll.

Nochmal einen Blick auf die viele kleine Fische die in Es Grau immer ums Boot waren
Bei wenig Welle sieht man den Schatten von Piccolina am Meeresgrund
Zu Sonnenaufgang geht der Anker hoch
Noch in der Bucht werden die Segel gesetzt
Abschied von Menorca und den Balearen

Früh morgens geht der Anker hoch, es ist schon Wind und wir setzten noch in der Ankerbucht die Segel. Mit der Fock und dem Groß müsste es eigentlich ganz gut gehen. Auch Fanni, unsere mechanische Windfahne wird gleich zu Beginn aktiviert, so dass wir keinen Strom für den Autopilot benötigen. Der Wind nimmt über den Vormittag noch etwas zu auf etwa 20kn wahren Wind. Piccolina liegt bei dem Am Wind Kurs ziemlich auf der Backe. Die Wellen werden immer unangenehmer und bremsen uns teilweise ganz schön ab. Wir reffen das Groß ins erste Reff und wie erwartet segeln wir nun viel angenehmer und nicht mehr ganz so ruppig. Da das Boot nun besser ausbalanciert ist, werden wir sogar etwas schneller. Allerdings dreht der Wind nicht wie angekündigt auf Süd, sondern bleibt stur Südost. Dann werden wir wohl eher an der Nordwestküste landen.

Heute darf Fanni ran
Das macht sie gut, trotz ruppiger See

Auch bei gerefftem Groß kommt noch Wasser übers Deck

Am Abend nimmt der Wind leicht ab, dennoch hält Piccolina ihre 6+kn Fahrt bei, da die Wellen kleiner und runder werden. Das ist doch herrliches Segeln! Wir überlegen ganz kurz ob wir zur Nacht ausreffen, doch gut dass wir uns dagegen entscheiden, denn die Nacht hat wieder etwas mehr Wind im Gepäck. Wir sind weiterhin sehr zügig unterwegs, die Logge geht nie unter 6kn. Mond ist leider keiner zu sehen, haben wir es doch genau getroffen mit Neumond. Doch der Sternenhimmel entschädigt. Skorpion ist neben Schütze am Abendhimmel zu sehen, um letzteres Sternbild sind mit dem Fernglas viele Sternhaufen zu erkennen, was allerdings auf einem schaukelnden Schiff nicht ganz so einfach ist. Kurz vor Sonnenaufgang erstreckt sich im Osten Orion als weiteres markantes Sternbild. Erst kürzlich sahen wir zum ersten Mal eine Reihe von Starlink Satelliten. Wir haben schon öfter davon gehört. Tatsächlich ist es schon etwas befremdlich so einen ganzen Zug von künstlichen Himmelskörpern über sich hinwegziehen zu sehen.

Adios España
Ciao Italia

Zum Sonnenaufgang sind es noch 60 Seemeilen bis Sardinien. Doch am Vormittag schläft der Wind komplett ein. Wir werfen den Motor an. Es ist absolut keine Welle mehr und wir steuern schnurstraks auf eine Ankerbucht im Norden zu. In Porto Ferro fällt der Anker am frühen Abend. Es sind überraschend wenig Boote hier. Der Strand ist gut gefüllt, aber nicht überlaufen. Allerdings ist es hier ziemlich ab vom Schuss. Der Pinienwald im Hintergrund verströmt ein herrliches Aroma, das Wasser sehr klar. Hier bleiben wir zwei Tage. Es ist herrlich ruhig, außer am Abend, wenn vom Club Musik herüber tönt. Mal etwas rockiger, mal richtiger ItaloRAP. Aber alles im Rahmen und nicht so laut, dass es beim Schlafen stören würde. Wir sind angenehm überrascht.

In Porto Ferro hat es noch viel Platz
Hier hat man einen schönen Sonnenuntergang – heute liegt die Windrose of Amsterdam auch mit in der Bucht
Manchmal liegt viel Dunst überm Meer
Bis ans Land schafft er es meist nicht

Bei leichtem Wind geht es die Westküste nach Süden. Hinter der steilen Felswand schläft der Wind ein – zum Glück, denn so bergen wir das Segel und motoren ganz nah an die Küste heran, um die Isola Faradada herum und an der Grotta di Nettuno vorbei. Die Steilküste ist spektakulär!

Die Felsküste im Nordwesten Sardiniens
Unter Motor geht’s nah ran
Um die Isola Faradada

An der Grotta di Nettuno vorbei
Eine spektakuläre Felsküste

Der Leuchtturm am Capo Caccia

Etwas weiter,gleich gegenüber von Alghero gehen wir vor Anker. Es ist teilweise ganz schön eng, aber zum Abend gehen fast alle Boote, so dass wir nur zu dritt über Nacht in der Bucht liegen. Als freudige Überraschung kommen Annette und Kay von der SY Tuuli am Abend auf Besuch. Die Beiden haben wir von drei Monaten auf Ibiza kennengelernt und nun kreuzen sich unsere Wege. Manchmal sind die neuen Medien doch echt nützlich.

Hier ist sowohl am Strand als auch in der Bucht schon wesentlich mehr los

Mittlerweile liegen wir im Stadthafen von Alghero. Hier darf man fünf Tage umsonst festmachen. Vorausgesetzt man braucht kein Wasser oder Strom, denn dann würde es für unsere Bootslänge 75€ pro Tag kosten. Unser Nachbarboot ist 3 Meter länger und zahlt 150€ – pro Nacht wohlgemerkt! Wenn das keine Abzocke ist …

Piccolina liegt im Stadthafen
Einmal umfallen und man ist in der Altstadt
Morgens ist es wunderbar ruhig
Nach Sonnenuntergang ist richtig was los auf der Promenade

Der Zeitpunkt unseres Umzugs in den Stadthafen war denkbar ungünstig. Am Montag ist Mistral angesagt und laut dem Offiziellen an der Anmeldung gibt es keine Verlängerung – Begründung: wir können ja in eine Marina umziehen. Mit Seemannschaft hat das auch nichts mehr zu tun! Wir warten noch ein paar Wettervorhersagen ab und werden danach entscheiden wo wir den Starkwind abwettern werden.

Da kommt was auf uns zu….