Einmal Graciosa und zurück

Die zweitkleinste der Azoreninseln liegt 40 Seemeilen von Velas entfernt. Wir suchen uns einen schönen Tag für die Überfahrt aus. Die ersten Meilen motoren wir gegen den Wind zur Westspitze von Sao Jorge, dann können wir einen schönen Halbwindkurs anlegen. Die grauen Wolken, die morgens noch in den Bergen gehängt sind, lassen wir zurück auf der Insel und genießen die Sonne und den blauen Himmel.

Wolken hängen über der Insel Sao Jorge
Viele Sturmtaucher sind unterwegs zwischen den Inseln

Die 20 Seemeilen von der Westspitze Sao Jorges bis zur südöstlichen Ecke von Graciosa sind schnell zurückgelegt. Piccolina pflügt mit 6 bis 7 Knoten durchs Wasser, dann allerdings heißt es an der Ostküste Graciosas aufkreuzen. Das dauert, denn die Wellen bremsen mitunter erheblich. Am frühen Abend sind wir vor der südlichen Bucht von Santa Cruz, der kleinen Inselhauptstadt. Dort wird gerade eine neue Marina gebaut. Die schützende Kaimauer ist schon fertig, aber es sind noch keine Pontons installiert. Wir halten uns frei vom Riff vor Einfahrt und fahren in die durch das neue Breakwater sehr geschützte Bucht. Zwei Boote sind schon vor Anker und am neuen südlichen Betonkai liegen auch zwei Segelyachten. Wir drehen eine große Runde und checken die Wassertiefen. Im westlichen Teil wird es sehr schnell Untief, da heißt es aufpassen, ansonsten liegt alles auf 3-4 Meter Wassertiefe. Wir suchen uns eine geeignete Stelle und lassen den Anker fallen. Uuuups! Die Ankerwinsch rappelt plötzlich unkontrolliert los und lässt sich nur durch den Sicherungsschalter stoppen. Das kam sehr unerwartet. Und wie sollte es auch anders sein, natürlich hält der Anker nicht, sondern rutscht beim Einfahren über irgendwelche Felsen. Also von Hand den Anker hochgewinscht und ein neuere Versuch. Gleiches Ergebnis – der Anker hält nicht. Viel Platz ist nicht in der Bucht. Wir beschließen noch einen Versuch zu wagen und ansonsten zwei Seemeilen weiter südlich vor dem Hafen in Praia zu ankern. Also nochmal Anker auf, neuen Platz gesucht und wieder Kette raus. Dieses Mal sieht es gut aus. Der Anker hält und beißt sich im Grund fest. Am Abend kommt noch eine Yacht und damit ist der Hafen ziemlich voll. Dafür liegen wir hier hervorragend geschützt und nur ein kurzer Spaziergang vom netten Städtchen Santa Cruz entfernt.

Vor Anker im neu angelgten Hafen
Die große Praza in Santa Cruz

„Strandgut“

Zaungast….

Die Insel gefällt uns auf Anhieb. Vom Hafen aus sehen wir grüne Hügel, nette Häuser, es ist ruhig. Das Dinghy kann am Kai festgemacht werden. Direkt vor dem Hafen liegt der Clube Naval. Das Restaurant hat geöffnet, wenn der Hunger ruft und man ist zu faul zum Kochen, kann man dort einkehren, oder einfach noch ein Bier trinken, bevor es abends aufs Boot geht.

Wir auf den anderen Inseln auch, sind die Einheimischen sehr freundlich. Nicht überall wird englisch gesprochen, aber mit einem Lächeln und etwas Kauderwelsch hin und her, klappt es eigentlich immer. Mit dem Bus kommt man ganz gut herum auf Graciosa, man braucht halt etwas mehr Zeit, dafür ist es günstig und man bekommt einen guten Überblick.

In Praia
Die Windmühlen sind typisch für Graciosa

Einen schönen Ausflug machen wir zur Caldeira, im Süden der Insel. Es gibt eine Bushaltestelle ca. 2km vor dem Kraterrand. Die Straße führt durch einen Tunnel in die Caldeira, bis zu einem kleinen Besucherzentrum, das sich oberhalb der wahrscheinlich bekanntesten Sehenswürdigkeit von Graciosa befindet: der Furna do Exufre, einer Höhle zu der ein gemauerter Turm hinabführt. In der Höhle liegt ein See, welcher aber nicht zugänglich ist, da die CO2-Konzentrations über dem See zu hoch ist. Vom Fußweg aus, der durch einen Zaun begrenzt ist, sieht man wie sich die Felsen auf der dunklen Wasseroberfläche spiegeln. Es ist kühl und feucht. In den Felsen haben sich Fledermäuse verkrochen, die man nur durch ihre Hinterlassenschaften auf dem Boden erahnen kann. Überraschenderweise stinkt es kaum nach Schwefelwasserstoff, dafür blubbert es in der hintersten Ecke im schlammigen Boden schön sichtbar da es durch einen starken Scheinwerfer angestrahlt wird. Der Rest der Höhle liegt im Schummerlicht. Über dem düsteren, kalten See liegt eine ganz feine Nebelschicht und lässt ihn fast schon etwas mystisch erscheinen. Die Höhle ist nicht immer zugänglich. Bei zu hoher CO2-Konzentration wird der Zugang gesperrt.

In die Caldeira gelangt man durch….
…den Tunnel

Wieder oben in der Sonne gehen wir den gleichen Weg zurück aus der Caldera und folgen dann einer weiteren Straße bis zum Kraterrand. Mittlerweile gehen wir in Gesellschaft. Ilja und Yana von der SY Thula, die im Fischerhafen in Praia liegen, begleiten uns und unter Seglern gibt es immer viel zu erzählen. Am Caldierarand gibt es eine kleine Grotte. Hier haben wir nochmals einen schönen Ausblick über den Krater, der üppig grün vor uns liegt. Weiter unten am Weg kommen wir an der Furna do Abel vorbei, Lavahöhlen unter Straßenniveau die wir beim Hoch vollkommen übersehen haben.

Die Busverbindungen auf Graciosa sind besser als auf vielen anderen Azoreninseln und so kann man auch ohne Auto verschiedene Wanderungen unternehmen. Es gibt einen Rundwanderweg von 40km Länge der fast über die ganzen Insel führt, die ja nur 12km lang und 7km breit ist, aber es sind auch kurze Routen möglich und mit dem Bus ist man sehr flexibel.

Blick in die Caldeira

Typisch Graciosa

Nach 10 Tagen auf der schönen Insel, gehen wir Anker auf. In ein paar Tagen haben wir unseren zweiten Impftermin in Velas. Das Wetter ist gut, obwohl bei der Abfahrt noch wenig Wind weht setzen wir das Groß ins erste Reff. Sobald wir aus der Abdeckung der Insel raus sind, passt das. Anders ist das mit der Windrichtung. Die hat mehr südliche Komponente drin als erwartet und so schaffen wir es nicht die Westspitze von Sao Jorge direkt anzulegen. Dazu haben wir noch Welle gegen uns, die besonders auf dem Steuerbordbug ziemlich unangenehm ist. Wir machen unsere Kreuzschläge an der Nordküste von Sao Jorge in der Hoffnung dort etwas weniger Welle zu haben, dennoch brauchen wir viel Zeit, bis wir endlich das Kap runden können. Dann ist plötzlich kaum mehr Wind und legen mit einem Halbwindkurs Velas an, während es dunkel wird. Als wir die Ankerbucht vor der Marina anlaufen ist es schon stockfinster. Gut dass wir die Bucht einigermaßen kennen und alle Boote ihr Ankerlicht gesetzt haben. Dass wir so lange brauchen hätten wir nicht gedacht.

Tschüss Graciosa
Vor Sao Jorge müssen wir aufkreuzen

Die nächsten zwei Tage verbringen wir vor Anker, da die Marina ziemlich voll ist. Es ist zwar ordentlich Wind angesagt, aber da scheinen wir von Pico eine Abdeckung zu bekommen. Nur etwas Schwell läuft in die Bucht, aber auch da sind wir schlimmeres gewöhnt. Nachdem die Front durch ist, wird der Hafen schlagartig leer und wir bekommen einen schönen Platz am Kopfsteg. Dort werden wir die nächsten Tage bleiben.

Zurück in Velas, dieses Mal ein paar Tage vor Anker

Ein Gedanke zu „Einmal Graciosa und zurück“

  1. Die Beschreibung von Graciosa macht Lust auf mehr. Wir werden da auch hin fahren und auf euren Spuren wandern. Ein Programm habt ihr ja schon für uns ausgearbeitet. Lieben Gruß von euren Nachbarn auf Zeit. Stefan SY Mokendeist

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