Surinam River

Die Hurrikane Saison ist in vollem Gang, während wir hier im Surinamfluß immer mehr Gesellschaft bekommen. Mittlerweile sind wir fast 20 Segelboote, die hier in Domburg an der Muring oder vor Anker liegen. Nicht alle Yachten sind bewohnt, dennoch ist meist ziemlich viel los am Dinghysteg. Auch in der Bar gleich nebenan treffen wir fast immer einige Segler. Man kennt sich, trinkt gern mal ein Bier zusammen oder sitzt am bzw. im Pool zusammen. Das Wasser des Flusses führt wie schon befürchtet sehr viel Sediment mit sich und ist gelbbraun. Einige Segler waschen sich noch mit dem Flußwasser, in den Fluß rein gehen nur ganz wenige. Auch unter dem Aspekt dass es hier Piranhas gibt. Vielleicht nicht so viele wie weiter flußaufwärts, wo eine Badezone am Strand mit Gitter umzäunt ist, um diese Fische draußen zu halten. Und selbst wenn die Gefahr eines Piranhaangriffs bestimmt sehr gering ist, macht es mich überhaupt nicht an, hier zu schwimmen. Selbst der Pool, von vielen gern genutzt, kann mich nicht locken. Da spring ich lieber unter eine kühle, erfrischende Dusche.

White beach
zurück am Boot

Der Surinamriver ist mindestens zwei oder dreimal so breit wie der Kourouriver. Tag und Nacht fahren Schubverbände entlang mit Ladungen von Bauxit , Holz oder Sand. Manchmal kommen auch richtige Frachter den Fluß hoch, der nur von wenigen Brücken überspannt ist. Die Dörfer auf der gegenüberliegenden Seite sind mit Wassertaxis zu erreichen. Die Holzschiffe, bunt mit den Farben Surinams bemalt, können rund 20 Personen transportieren, laden aber auch alles auf, was im Dorf gebraucht wird: Holz, Baumaterial, den Großeinkauf mit dem 25kg-Sack Reis vom Supermarkt etc. Auch viele private Boote sind auf dem Fluß unterwegs, meist leichte, schlanke Aluminiumboote, mit Außenbordern. 

Wassertaxi
Schubverband

Wir liegen recht gut im Fluß. Da im Augenblick Trockenzeit ist, regnet es nur alle paar Tage, meist kräftige Gewitterschauer, die ihre Regenfracht sehr örtlich fallen lassen. Dann kann es schon mal sein, dass „grüne Fracht“ mit sich führt. Das reicht von großen Zweigen, über ganze Baumstämme oder kleinen Inseln aus Grünpflanzen die mit der Strömung mitgerissen werden. Bei einem Muringlieger hatte sich erst kürzlich ein großes Fischnetz verfangen, incl. drei riesigen halbverotteten Fischen – sehr lecker wenn man es erst merkt, wenn der Gestank zu extrem wird…

Eine Insel schwimmt vorbei…

Morgens, wenn sich die Sonne über den Horizont schiebt, legt sich die Luftfeuchtigkeit als Nebel über den Regenwald. Eine mystische Stimmung – und wenn dann die Brüllaffen mit ihrem Gehäul in der Ferne zu hören sind läuft mir regelmäßig ein Schauer über den Rücken.

Das andere Ufer ist kaum zu sehen
Nebel steigt auf…
Mystische Stimmung

Die Sonne im Zenit


Surinam liegt auf ca. 6 Grad nördlicher Breite, franz. Guyana noch näher am Äquator. Bis jetzt stand die Sonne – zumindest rechnerisch – im Norden. Das ändert sich nun. Diese Tage müsste die Sonne ihren höchsten Stand erreichen, dann wandert sie Richtung Äquator. Wir haben die leise Hoffnung, dass dann die Temperaturen leicht abnehmen, was in Wirklichkeit nicht sehr realistisch ist. Hier in Surinam ist momentan Trockenzeit und es hat tatsächlich noch kein einziges Mal geregnet in der ersten Woche die wir nun hier sind. Dennoch ist die Luftfeuchtigkeit irre hoch, die Temperaturen genauso. Die 30Grad Marke überschreiten wir meist schon kurz nach neun – im Boot eine gute Stunde später. Das Quecksilber steigt im Schiff über den Tag bis auf 35 bis 38 Grad an, dennoch liegt die Luftfeuchtigkeit bei knapp 70Prozent. Das Teakdeck, aber auch der helle Dinghyboden sind teilweise so aufgeheizt, dass man nur kurz barfuß draufstehen kann.

Auch an Land ist es unglaublich heiß. Man sucht den Schatten und ist froh um jeden Luftzug den man spürt. Erst kurz vor Sonnenuntergang wird es angenehmer und meist weht eine leichte Brise, die uns dann auch hilft das Bootsinnere zu durchlüften. Dennoch kommen wir mittlerweile selten unter 29 Grad in unserer Achterkabine, bevor wir in die Koje kriechen. Wenn die Temperatur unter 28 Grad fällt, müssen wir uns zudecken.
Durch die ständige Hitze wird jeder Handgriff zur Anstrengung. Morgens erledigen wir kleine Arbeiten am Boot, danach läuft nix mehr – außer Schweiß den Rücken runter. Wir können mitunter gar nicht soviel Flüssigkeit in uns hineinschütten, wie wir herausschwitzen, aber das holen wir dann abend mit ParboRadler nach. Egal ob auf dem Boot oder in der Bar, die Abende sind am angenehmsten. Dann genießen wir die kühler werdende Luft, bestaunen den Sternenhimmel und sind gar nicht böse, dass die Sonne nur 12 Stunden lang scheint….

Der Schweiß läuft…
Erfrischend…! 
Der Regen reicht nicht bis zu uns, nur der Regenbogen ist zu sehen

Auf nach Surinam

Die Wettervorhersage verspricht ordentlich Wind – leider auch viel Welle, dennoch wollen wir nun los, da wir ja schon ausklariert haben. Am Vorabend der Abfahrt verholen wir an eine Muring vor der Ile de Joseph. Hier ist es nahezu windstill und vor allem nicht so schaukelig, so dass wir ohne Mühe unser Dinghy auf dem Vorschiff zusammenfalten können. Alles ist bereit für die Abfahrt. Wir rechnen mit ca. 30 Stunden bis zur Einfahrt in den Surinam River. Wenn alles klappt haben wir dann auflaufende Strömung für die fast 30 Seemeilen nach Domburg.
Am nächsten Morgen legen wir noch im Dunkeln ab und runden die Inseln. Die See ist ganz schön kabbelig – kein Wunder bei gut 25Knoten Wind, aber nur 10 bis 20 Meter Wassertiefe. Wir setzen nur die Genua, da ein vor Wind Kurs ansteht. Kaum ist das Segel gesetzt werden die Bootsbewegungen runder und angenehmer. Bei Sonnenaufgang haben wir angenehme 20 Knoten Wind und werden zusätzlich vom Strom der mit bis zu zwei Knoten entlang der Küste nach Norden setzt in die richtige Richtung geschoben. Wir genießen einen herrlichen Segeltag und als Rolf die Angel raushängt, beißt keine halbe Stunde später ein Thun fürs Mittagessen – yammi!


Am Nachmittag schwächelt der Wind etwas, aber in der Nacht briest es wieder auf, so dass wir gut in der Zeit liegen. Die Nacht ist ziemlich spannend. Es ist sternenklar, dafür haben wir fast Neumond und ständig sind irgenwelche Fischerboote um uns herum unterwegs. Sie sind zwar beleuchtet, doch die Navigationslichter sind schwer oder gar nicht auszumachen, so dass wir ständig schauen müssen ob die Peilungen auslaufen – AIS hat natürlich keins der Boote.
Auch diese Nacht geht vorbei und wir erfreuen uns an einem wunderbaren Sonnenaufgang.
Die Wellen sind immer noch kurz und steil, die Wassertiefe wird stetig weniger, das Wasser immer brauner und sedimenthaltiger. Wir nähern uns dem Surinamfluß. Fast pünktlich sind wir an der Flußmündung und können bis zu ersten Fahrwassertonne den Kurs anlegen und segeln. Danach müssen wir den Motor starten, da wir den Wind direkt auf die Nase haben und die fahrrinne hier sehr schmal ist. Nach einigen Meilen sehen wir das flache Ufer, auserhalb des Fahrwassers sind Stellnetze ausgebracht. Die Fahrwassertonnen sind weit auseinander, aber die Rinne ist nun ordentlich tief und breit. Wir motoren den breiten Fluß entlang, vorbei an den ersten Dörfern, mit ihren bunten Häusern, vorbei an der Hauptstadt Paramaribo, vor der – Mitten im Fluß – das Wrack der deutschen „Goslar“ liegt. Von der Besatzung während des zweiten Weltkriegs versenkt. Eine interessante Geschichte, die auf Wikipedia nachzulesen ist. Nach der eindrucksvollen Jules Albert Wijdenbosch Brücke, sehen wir am Ufer einige Kais und die Raffinerie, dann wird es wieder ländlich. Schöne Häuser sind ans Ufer gebaut, mit großen schattenspendenden Dächern und überdachten Terassen, die auf Stelzen über das Wasser gebaut sind. Die gegenüberliegende Flussseite ist dichter Urwald.
Am Nachmittag kommen wir in der Marina Domburg an, die vor dem gleichnamigen kleinen Dorf liegt. Die Marina besteht aus einigen Muringbojen, einem Dinghyanleger und einer Bar, die auch als Marinaoffice fungiert. Es gibt einen kleinen Pool und Duschen für  Gäste.

Im Fahrwasser des Suriname
Paramaribo
Das Wrack der Goslar…
mitten im Fahrwasser

Wir fühlen uns spontan ziemlich wohl hier. Die bunten Häuser sind meist gut gepflegt, in den Vorgärten blüht es bunt, die Plätze sind müllfrei…. Die Bevölkerung ist eine bunte Mischung aus Asiaten, Indern, Maroons (ehemalige Sklaven) und Weißen, entsprechend sind alle bekannten Religionen vertreten. Die Synagoge in Paramaribo steht direkt neben einer großen Moschee, christliche Kirchen aller Coleur sind vorhanden, eine große Anzahl der Einwohner sind Hindus. Die Amtssprache ist Niederländisch, doch man hört auch viele andere Sprachen auf der Straße. Die Menschen machen einen freundlichen und entspannten Eindruck, obwohl Surinam offensichtlich ein ärmeres Land ist. 

Wir bekommen einen Eindruck davon, als wir uns nach Paramaribo zum einklarieren fahren lassen. Die Straße ist zwar geteert, aber der Untergrund wurde wahrscheinlich nicht gut genug befestigt, so dass der Asphalt nicht eben ist, sondern total wellig ist und oft tiefe Löcher aufweist. Nach fast einer Stunde sind wir am ersten Büro, bei dem wir uns melden müssen. Nach der MAS (Maritim Authorities Suriname) folgen die Forreign Affairs, ein kurzer Abstecher bei der Nationalbank und schließlich stempelt die Militärpolizei unseren Pass ab. Nach drei Stunden ist der Behördenmarathon geschafft, auch dank unseres Fahrers, der weiß wo welches Büro versteckt ist. Nachdem er uns wieder in der Marina abgesetzt hat können wir nun die gelbe Quarantaineflagge einholen, denn wir sind nun offiziell eingereist.

Ausbick vom Schiff 

Abfahrtbereit


Langsam wird es Zeit weiter zu ziehen. Mittlerweile sind wir wieder das einzige Segelboot, das vor den Iles de Salut vor Anker liegt. Alle anderen sind schon weiter gesegelt. Nur ein Frachter liegt seit zwei Wochen 500 Meter entfernt und nervt etwas durch den ständig brummenden Generator und die blendende Decksbeleuchtung bei Nacht.

Wir machen uns abfahrbereit. Paramaribo in Surinam ist nicht sehr weit, 200 Seemeilen sind für den Ostseesegler eine Menge, auf dem Atlantik ist es jedoch keine große Distanz. Wir rechnen mit ein bis zwei Nächten, da wir früh morgens an der Flußeinfahrt ankommen sollten. Genau die Nächte sind aber das Problem. Der Meeresgrund entlang der Küste ist sehr flach, die 50m Tiefenlinie ist weit drausen, und entsprechend weit raus gehen auch die Fischer, deren Boote nicht alle nachts beleuchtet sind. Da heißt es möglichst weit raus und gut aufpassen! Leider haben wir keinen Vollmond mehr, wir müssen also die ersten Stunden im Dunkeln segeln….

Das Wetter wird sich auch in Surinam nicht groß ändern. Wir bleiben in den Tropen und das heißt feuchtheißes Klima. Soviel geschwitzt wie die letzten Wochen haben wir noch nie – und wir haben schon öfter heiße Klimazonen bereist. Hier kommt erschwerend hinzu dass wir immer auf Meereshöhe sind und die Nächte kaum abkühlen. Tagsüber sind die Temperaturen lähmend und wir sitzen viel im beschatteten Cockpit und freuen uns über jeden kleinen Windhauch. Es gäbe einige Dinge zu tun auf Piccolina, aber wir beschränken uns hauptsächlich auf Tätigkeiten am PC. Auch Lackierarbeiten sind bei diesen Bedingungen nicht mit einem zufriedenstellenden Ergebnis durchzuführen, also vertagen wir das auf später. Gestern hieß es dann zwei Stunden lang Dinghy schrubben. Die Unterseite war grün zugewuchert, auch einige Seepocken fanden gefallen am Gummiboot. Sehr mühsam das alles mit Bürste und Scotch wegzubekommen. Aber jetzt sieht unser Dinghy wieder hübsch aus und durfte die Nacht auch oben an der Reling verbringen, damit es schön sauber bleibt.
Nun verlassen wir also französisch Guyana. Was bleibt wohl in Erinnerung? Ganz sicher die Raketenstarts die uns immer Gänsehaut beschert haben und dazu die interessante Technik, in die wir auf dem CSG-Gelände einen kleinen Einblick erhalten haben. Dann natürlich die Inseln, mit ihrem fast schon karibischen Flair, durch die vielen Kokospalmen, aber mit einer grausamen Vergangenheit, die durch die wuchernde Natur teilweise nur noch zu erahnen ist. Da ist Kourou, eine Stadt – schwer zu beschreiben – mit ihren Wohnanlagen und auf dem Reisbrett entworfenen Vierteln, die der Stadt einen zerfledderten Wuchs geben. Dazwischen die Müllhaufen am Straßenrand und Bretterbuden aus Plastik und Wellblech wie im Dritte Welt Land. Praktisch direkt daneben Häuser die einen gepflegten Eindruck machen. Die Mehrheitlich dunkelhäutige Bevölkerung – Nachkommen der ehemaligen Sklaven – die sich untereinander in einer Sprache unterhalten, die wir als von Afrika stammend einordnen. Die vielen asiatischen, karibische und brasilianischen Einwanderer. Der riesige Regenwald und das kaum erträgliche Klima – und alles in einem europäischen Land auf dem amerikanischen Kontinent (die hohen Preise für Lebensmittel und in Restaurants sind vergleichbar mit den französischen).
Alles in allem war es dennoch eine gute Entscheidung hierher zu kommen, wir begegneten vielen freundlichen Menschen und fühlten uns hier wohl und sicher.

Müll in den Straßen von Kourou
Chadec: kindskopfgroße leckere Grapefruit
Abends im Hotel auf der Ile
Schildkröte am  Kai
Die Bucht fast für uns allein
Blick auf Ile de Diable

Zurück auf den Inseln

Nachdem wir wieder einen erfolgreichen und eindrucksvollen Ariane 5 Start miterleben durften – dieses Mal an einem sonnigen Nachmittag incl. Partystimmung am Strand – verproviantierten wir uns erst mal ordentlich. Nach den drei Wochen auf den Inseln sind unsere Vorräte etwas geplündert. Also heißt es Großeinkauf im Super U…

Dann heißt noch warten bis der Zoll wieder aufmacht. Das Zollboot ist schon seit ein paar Tagen nicht mehr an seinem Platz am Ponton im Hafen von Pariacabo, ca. eine Meile flußaufwärts von Kourou. Und das Boot legt immer mit der kompletten Mannschaft ab. Also kein Boot = niemand im Zollbüro! Erst Donnerstag abend kommen die Zöllner zurück. Dafür können wir am Freitag morgen ausklarieren, obwohl wir noch zwei Wochen auf den Inseln bleiben möchten. Nur falls sich der Termin verschieben sollte, müssen wir nochmal nach Kourou rein. Ansonsten geht es dann weiter nach Surinam.

Nun sind wir also wieder vor der Ile des Royale vor Anker, genießen das ausgiebige Schwimmen und die fast mückenfreien Abende. Dennoch stresst uns das Klima etwas. Die Tage sind heiß und feucht, oft geht kaum ein Windhauch. Nachts kühlt es kaum ab. Selten liegen die Nachttemperaturen im Boot unter 28Grad. Das entspricht nicht ganz unserer Wohlfühltemperatur. Schimmel allerdings gedeit hier prächtig und es ist nicht einfach den Modder vom Boot fernzuhalten. Jede Kleidung, die länger nicht benutzt wird wandert in Plastiksäcke, die evakuiert werden können. Das schützt und spart Platz. Im Boot sollte die Luft möglichst gut zirkulieren. Das frische Obst und Gemüse muss regelmäßig – falls nicht im Kühlschrank gelagert – durchgeschaut werden, damit Schimmel oder Fäule sich nicht ausbreiten kann, wenn etwas betroffen ist. Wir sind eben in den Tropen – mit allen Vor-und Nachteilen…