Lange ist es her, dass wir mit dem Boot in einer Marina mitten in der Stadt gelegen haben. Alghero in Sardinien oder Cartagena und Almeria an der spanischen Festlandküste waren die letzten städtischen Anlaufpunkte. Seit Mai waren wir praktisch immer vor Anker (abgesehen von Alghero) und das meist in Ankerbuchten die entweder sehr abgelegen waren, manchmal aber auch mit dem ein oder anderen netten Städtchen in erreichbarer Entfernung. Danach die Wochen in Porto Rotondo, auch sehr speziell, wenn man praktisch von einer Geisterstadt umgeben ist. Nun sind wir seit über drei Wochen in Palermo (uuuiii wie die Zeit vergeht!) und hier tobt das Leben. Palermo ist die fünftgrößte Stadt in Italien und wurde schon im 8. Jahrhundert von den Phöniziern gegründet. Sie war im Gegensatz zu vielen anderen Städten in Sizilien nie unter griechischer Herrschaft. Um 250 v. Ch. eroberten die Römer Palermo und machten die Stadt zu einer der bedeutendsten in der Region Sicilia. Im 4. Jahrhundert verlor Palermo wieder an Bedeutung und erst unter arabischer und später unter normannischer bzw. Staufener Herrschaft blühte die Stadt wieder auf. Paläste und Kirchen aus dieser Zeit prägen das Stadtbild, allen voran die Cathedrale. Es folgten noch viele verschiedene Herrscherdynastien in der sehr wechselvollen Geschichte Palermo’s.
Heute zählt die Stadt über 600.000 Einwohner, die Metropolregion über 1 Mio. Es gibt einen großen Industrie- und Fährhafen, einige Kreuzfahrtdocks, die Hafenpromenade ist ganz neu gebaut und an deren südlichem Ende liegt der Yachthafen. Hier teilen sich mehrere Marinas, Segelclubs und die Fischer den Platz im Becken. Wir liegen hier sehr gut geschützt und direkt am Stadtzentrum. Dies ist recht groß und man braucht durchaus ein paar Tage bis man sich einigermaßen auskennt. Es gibt mehrere Märkte in der Altstadt: frische Waren für Einheimische und Touristen Attraktion gleichermaßen. Hier findet man alles an Obst und Gemüse, es gibt frischen Fisch, Meeresfrüchte und Käse, die Restaurants verarbeiten die frischen Zutaten gleich an Ort und Stelle. So wie hier gibt es überall in der Stadt, ganz besonders in den verkehrsberuhigten Straßen Via Emanuel und Via Maqueda unzählige Restaurants, Bars, Kneipen, Cafés und Imbissbuden. Denn Palermo ist bekannt für sein „Streetfood“. Da haben wir uns die letzten Wochen natürlich auch schon etwas durchgefuttert. Allen voran gibt es die Arancina (in Palermo ist sie weiblich, im Rest Siziliens wird es wohl Arancino genannt). Dies ist eine Reiskugel – etwa Tennisball groß – mit ganz unterschiedlicher Füllung, dann paniert und frittiert. Die Füllung variiert von Ragu (also eine Art Bolognese Sauce), über Spinat mit Ricotta, oder gemischtes gegrilltes Gemüse, Schinken-Käse, Steinpilze mit Nuss, Schwertfisch mit Zucchini und viele, viele mehr. Der Fantasie sind kaum Grenzen gesetzt und der Hunger ist danach garantiert gestillt. Wer nicht gerne Reis ist, entscheidet sich vielleicht für ein belegtes Brötchen. Die Auswahl ist ähnlich wie im restlichen Italien, aber in Palermo kommen auch ein paar ungewöhnliche Spezialitäten hinzu. Da wäre zunächst das Panino con la milza ( auf Sizilianisch wohl Pani ca meusa). Dazu wird das Brötchen mit dünnen Scheiben von Rinderlunge und -milz belegt, die zuerst vorgekocht und dann fritiert wurden. Dazu etwas Salz, Zitronensaft und nach belieben etwas Käse. Hört sich ungewöhlich an, schmeckt aber sehr lecker. Wer es lieber vegetarisch mag, dem sei Panelle empfohlen. Das sind dünne Fladen aus Kichererbsenmehl, die in handliche Vierecke geschnitten und auch im Fett herausgebacken werden. Panelle kann man pur essen, oder im Brötchen und es schmeckt hervorragend, genauso wie die Kroketten, die am gleichen Stand zu haben sind.
Es gibt auch jede Menge süße Spezialitäten. Zum Beispiel Cannoli. Das ist eine knusprige Teigrolle gefüllt mit Ricotta und Schokolade. Doch das ist nur eine Leckerei von vielen. Die Auswahl in den Pasticcerie sind riesig. Wenn ich nur eine Kleinigkeit zum Kaffee möchte, esse ich gern ein Buccelato bestehend aus Mürbeteig mit einer Füllung aus Feigen, Trockenfrüchten, Nüssen und Honig.
Wir sind viel unterwegs in der Stadt, streifen durch die vielen verwinkelten Gassen. Neben den Märkten ist das Kalsa Viertel sehr nett zum Schlendern und zum Ausgehen.
Seit wir in Palermo sind können wir uns auch nicht über zu wenig soziale Kontakte beschweren. Gleich am Tag nach unserer Ankunft in der Marina, wurde eine Freundin, die mit dem Wohnmobil unterwegs ist, hier von der Fähre ausgespuckt. Was für ein toller Zufall. Mit Annette erkundigten wir nicht nur gemeinsam die Stadt, sondern machten auch eine nette Tour an den Nordwestzipfel von Sizilien, nach San Vito da Capo. Kurz darauf besuchten uns Birgit und Johannes. Mit den beiden stromerten wir auch durch die Stadt und machten Ausflüge nach Corleone etwas südlich von Palermo und Cefalu. Sehr schön auch mal etwas vom Landesinneren zu sehen. Leider war die erste Januarwoche etwas durchwachsen vom Wetter, aber unsere Freunde nahmen das sehr gelassen.
Kaum war der Besuch aus Deutschland abgereist, stand erneut ein großes Wiedersehen an. Fast 6 Jahre ist es her seit wir uns von Anke und Uwe damals in Cascais verabschiedet haben. Nach wundervollen Wochen in Galizien und Portugal, wo sich immer wieder unsere Kurse gekreuzt hatten, trennten sich unsere Wege. Wir zu den Kanaren, die beiden mit ihrem damaligen Boot SY Freikerl an die Algarve und nach Marokko. Ein Wiedersehen auf den Azoren scheiterte knapp – das Wetter wollte nicht so recht wie wir. Doch in all den Jahren hielten wir Kontakt und nun liegen wir am gleichen Steg (nicht nur aus Zufall). Wir immer noch mit unserer treuen Piccolina, Anke und Uwe mit ihrem neuen Schiff, der SY_Madrugada . Ja, da ist die Freude riesig und es gibt natürlich Unmengen zu erzählen und zu fachsimpeln.
Das Stadtbusssystem von Palermo ist nicht sehr intuitiv, aber hat man mal den Bogen raus ist es sehr praktisch und man kommt sogar in den ein oder anderen sehenswerten Vorort. Die Einheimischen sind auch sehr hilfsbereit, wenn man sich mal nicht sicher ist welchen Bus man nehmen soll, nur die Info von der Touristeninformation ist etwas dürftig und die Webseite des Busunternehmens ist – wie so oft – ziemlich mühsam im Detail zu durchschauen. Dennoch für 1,40€ pro Fahrt kommt man ordentlich rum und man sieht doch eine ganze Menge mehr als zu Fuß.