Mindelo/Sao Vicente

Von der kleine Insel Sao Nicolau nach Mindelo auf Sao Vicente sind es nur gute 40 Seemeilen. Ein Katzensprung. Doch eine Kaffeefahrt geht anders. Kaum aus der Abdeckung raus, steht ganz schön Welle und über zu wenig Wind können wir auch nicht klagen. Das Groß im zweiten Reff und mit der kleinen Fock, segeln wir hoch am Wind Richtung Nordspitze Sao Vicente. Wir sind halt doch mitten im Atlantik und wenn der Meeresgrund innerhalb weniger Meilen von über 2000 Metern Tiefe auf nur 100 Meter ansteigt, dann spürt man das an den Wellen. Ein Bekannter, der schon um die halbe Welt gesegelt ist, erzählte uns von den schlimmsten Wellen die er erlebt hat und zwar im Kanal zwischen Sao Vicente und Santa Luzia, einer kleinen Nebeninsel. Ein Blick auf die Seekarte verrät, der Kanal ist nur ca. 5 Seemeilen breit, und nur 20-40 Meter tief. Also drücken die ganze Wellen, die der Nordostwind vor sich her schiebt mit Macht auf den Kanal. Wenn dann noch die Tide dagegen steht, kocht das Wasser und die Wellen bauen sich auf. Fast wie in den Seegatten zwischen den deutschen Nordseeinseln, nur mit mehr Fetch (Strecke über die sich eine Welle ohne Hindernis aufbauen kann). Wir umgehen diesen Kanal, müssen aber zwischen Sao Vicente und Santo Antao durch. Zwischen diesen Inseln ist es zwar etwas breiter, dafür sind beide Inseln etwas höher und damit nimmt der Wind hier teilweise beträchtlich zu. Auch hier sind die Wellen bei unserer Ankunft ziemlich beeindruckend und vor allem mächtig steil und wir sind froh, als wir in die große geschütze Bucht von Mindelo (früherer Name Porto Grande) einbiegen können. Dort erwarten uns bei der Ankunft jedoch Windböen mit bis zu 40 Knoten, was Hafenmanöver nicht gerade angenehm macht. Deshalb nehmen wir gleich den ersten Steg, an den wir direkt rückwärts geradeaus anlegen können.
Die Marina in Mindelo ist die einzige auf den Kapverden. Im Winter ist hier viel los, da sich die Inseln als Zwischenstopp für die Überfahrt in die Karibik anbieten. Jetzt um diese Jahreszeit, liegen hier nur eine handvoll bewohnte Boote. Aber uns ist das ganz recht.
Mindelo ist mit ca. 70.000 Einwohner die zweitgrößte Stadt der Kapverden und macht nicht nur auf den ersten, sondern auch auf den zweiten Blick einen netten Eindruck. In der Innenstadt sind noch viele Häuser im portugiesischen Stil vorhanden, die Fasaden sind bunt wie auf den ganzen Kapverden. Die Straßen sind recht sauber, viele kleine Grünflächen sind schön bepflanzt, die Leute freundlich und viele grüßen uns auf der Straße. Den ausgesprochen schlechten Ruf, den die Kapverden in der Seglerszene haben, können wir definitiv nicht bestätigen. Beim Spazieren durch die Straßen, fühlen wir uns genauso wenig bedroht, wie auf den Kanaren. Dass wir hier nicht die „reichen Europäer“  raushängen und auf unsere Siebensachen acht geben, versteht sich von selbst. Dennoch ist das Diebstahlrisiko – zumindest zu dieser Jahreszeit, unserer Meinung nach nicht signifikant höher als in vielen anderen Ländern – im Gegenteil. Gerade hier in Mindelo, haben wir das Gefühl, dass es eine breite Mittelschicht gibt. Es gibt viele Kneipen und Restaurants, einen Jazzclub, viele Locals sind gut gekleidet, man sieht Jugendliche mit Mountainbikes, BMX-Rädern oder Skateboards, die Stimmung ist gut, erst recht wenn Benfica Lisboa die Meisterschaft gewonnen hat, wie am Samstag, da ist dann in der Stadt für einige Stunden der Teufel los. Hupende Autos, fahnenschwingende Fans – die ganze Familie ist dabei. Wir muss es hier erst im Karneval zugehen?
Als wir gestern unsere Gasflasche zu ENACOL zum Füllen brachten – gerade mal 5 Minuten zu Fuß – wurden wir auch sehr freundlich bedient. Nichtfirmenangehörige dürfen das Gelände aus Sicherheitsgründen nicht betreten und als wir vor dem Büro im Schatten auf unsere Gasflasche warteten und ich mich auf einen kleinen Treppenabsatz setzte, brachte der Angestellte einen Stuhl raus, damit ich es bequem hatte. Das ist doch super nett!
Auch auffallend ist der oft niedrige Geräuschpegel in den Cafes. Man kann gemütlich sitzen und sich unterhalten, selbst wenn einige Nebentische besetzt sind. Das war auf den Kanaren oft anders, wenn alle am Tisch auf einmal redeten und dabei alle anderen an Lautstärke übertreffen mussten.
Fazit: wir fühlen uns hier sehr wohl und willkommen. Allerdings sollten wir uns langsam sputen über den Atlantik zu kommen, aber dazu mehr im nächsten Beitrag…




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