Kleines, fieses Tief

Wie schon erwähnt laden wir jeden Tag über unserer Kurzwelle die neuen Wetterdaten herunter, aber ohne unseren Wetterfrosch Uwe, der uns jeden Tag eine email über das erwartende Wetter schreibt, hätten wir dieses Tief, das sich ganz unscheinbar vor der Küste der USA entwickelt nicht bzw. nicht so bald bemerkt. Schon vor zwei Tagen erwähnte Uwe dieses Tief, welches sich unschön entwickeln könnte, nämlich mit ordentlich Wind und einer ziemlich südlichöstlichen Zugbahn die Richtung Azoren zeigt, gerade zu dem Zeitpunkt, da wir dort einlaufen könnten. Noch war alles etwas vage und die Wettermodelle etwas unterschiedlich. Am heutigen Tag, laden wir unsere emails erst am Abend herunter. In seiner täglichen Atlantikwettermail gibt er uns den dringenden Rat, möglichst nach Süden und Osten abzulaufen um dem Tief, das tatsächlich entstehen soll auszuweichen. Ganz genaue Zugbahn und Stärke sind noch mit Unsicherheiten behaftet, aber wir sollen einfach mal raus uns der Gefahrenzone. Wir fackeln nicht lange und gehen direkt auf einen Am Wind Kurs, 120° nach Südost. Es wird eine Rauschefahrt über Nacht. Die Logge zeigt ständig zwischen 7 und 8 Knoten an, mitunter auch etwas mehr, wenn wir eine Welle entlang surfen, dennoch ist eine herrliche Ruhe im Schiff und die Freiwache kann wunderbar schlafen. Man hört nur das sanfte Gurgeln des Wassers am Rumpf und spürt wie Piccolina manchmal etwas mehr krängt, aber kein Geklapper und Geschepper sondern einfach schnelles, leises Segeln. Unsere Kleine mag solche Am Wind Bedingungxen, gern auch mal mit mehr Wind und Welle wie heute- wir mögen es auch.
Ziel ist es in einem weiten Bogen am Rand des Tiefdruckgebietes zu den Azoren zu segeln. Auf etwa 35° 40’N biegen wir nach Osten ab und kommen mit leicht achterlichen Winden gut voran. Die verschiedenen Wettermodelle gleichen sich nun an und die Vorhersagen wann die Front die Azoren erreicht werden genauer. Wir sehen die Chance vor der eigentlichen Front, die Horta nur streifen soll, und der entsprechenden hohen Welle – zwischenzeitlich sind bis 4 m angesagt – den Hafen auf Faial zu erreichen. Wir segeln, bis der Wind dreht und wir keinen guten Kurs mehr laufen können, dann muss Otto ran, unser 75 PS Yanmar. Er soll uns in eineinhalb Tagen durch eine Konvergenzzone bringen, bis wir 130Seemeilen vor Horta mit dem Wind der der Front vorrausgeht segeln können. Kaum motoren wir, bekommen wir einen kräftigen Squall ab. Gar nicht verkehrt, dass wir schon nicht mehr segeln. Der ganze Tag ist trübes Wetter und es nieselt ab und zu. Wir geben Gas und trotz wenig Welle ist es eine enorme Schaukelei. Teilweise haben wir erheblichen Gegenstrom von fast einem Knoten, dann mach wir wieder gute Fahrt mit fast sieben Knoten. Am Tag vor der Ankunft setzen wir gleich zu Sonnenaufgang die Genua, die bei achterlichem Wind leidlich steht. Die Vorhersage für Horta hat sich nochmals ein klein wenig entschärft. 22 Knoten Wind sind nun angesagt, die bestimmt auch Böen mit 6-7 Bft enthalten können und eine Welle von unter 3 Meter hört sich auch besser an. Das Tief scheint wohl leicht nordwestlicher zu ziehen als befürchtet. Und bevor die größten Wellen ankommen sollten wir eigentlich schon längst im Hafen sein.

Das Tief in der Bildmitte kam für uns praktisch aus dem Nichts – wer weiß ob wir es ohne Vorwarnung von Uwe rechtzeitig bemerkt hätten
Im weiteren Verlauf nahm es an Intensität zu…


Und genau so kommt es auch, wir segeln zwar nur mit der Genua, dennoch mit über 6 Knoten Fahrt bei herrlichem Sonnenschein und (noch) angenehmer Welle den Tag über Richtung Faial. Obwohl die Azoren teilweise recht hoch sind, können wir die Inseln noch nicht erkennen, da sie sich im Dunst verstecken. Dafür kommen schon vor dem Frühstück ein paar Delfine vorbei und den Tag über sehen wir immer mehr Gelbschnabelsturmtaucher. Die riesige Nistkolonie in Velas auf Sao Jorge ist ja nicht weit. Gegen Abend wird dann die Welle langsam höher und steiler, auch der Wind nimmt immer mehr zu. Er wird böiger und wir reffen wieder einmal die Genua etwas ein. Die Lichter der Inseln Faial und Pico kommen langsam näher. Um ca. 2 Uhr in der Nacht erreichen wir die Inseln. Wir rollen das Segel erst im Kanal zwischen den Inseln ein und Motoren in der dunklen Nacht langsam und vorsichtig in den Hafen hinein. Nun merken wir erst richtig wie die stark die Böen sind. Im Hafen pfeifen die Riggs der Boote und die Ankerlieger schwojen teilweise erheblich. Wir suchen uns einen geeigneten Platz und lassen den Anker fallen, der – obwohl der Ankergrund nicht den Besten Ruf hat – gleich auf Anhieb fest sitzt. Dennoch sind wir etwas aufgekratzt, so dass wir selbst nach dem ersten Anleger noch nicht schlafen gehen können. Wir gönnen uns noch einen Schluck Rhum, während wir die Boote um uns herum beobachten und fallen schließlich morgens um 7 Uhr totmüde ins Bett.

Vor Anker im Hafen von Horta

Regen und starke Windböen ziehen über die Insel


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