Die Ria Pontevedra

Kaum haben wir beschlossen wegen dem Wetter weiter nach Süden zu verholen, packt die Ria Muros nochmal alles aus, als wenn sie uns zum Bleiben ermuntern wollte. Wir machen einen langen Spaziergang am Sandstrand, die Sonne lacht vom azurblauen Himmel, die Ria tiefblau, bewaldete Hügel im Hintergrund und sonores, ständiges Meeresrauschen, wenn die Wellen mit Macht an den Strand spülen und die weiße Gischt schäumend versucht sich noch weiter auf den Sand hinaufzuschieben um mit einem leisen Gurgeln zurück ins Meer zu fließen. Die Saison ist vorbei, es sind fast ausnahmslos nur noch Einheimische unterwegs, die teils in Shorts und T-shirts, teils im Wintermantel an der Promenade entlang flanieren oder auf Bänken den Ausblick genießen.

 

 

 

Mit dem ersten Tageslicht legen wir am nächsten Tag in Portosin ab, können fast noch eine Stunde unter Genua segeln, bis auch der laue Landwind eingeschlafen ist und der Motor wieder vortrieb verschaffen muß. Drausen vor der Ria ist noch alte, lange Atlantikdünung zu spüren, die Sicht ist hervorragend, der Himmel wolkenlos. Alles könnte wunderbar sein. Aber man darf die Rechnung nicht ohne die Fischer machen. Sieht man einen solchen voraus – die kleinen Fischerboote haben in Spanien kein AIS – so muss man ständig auf der Hut sein. Sie ändern Kurs und Geschwindigkeit augenscheinlich nach dem Zufallsprinzip. Einmal kommt uns ein Boot, nachdem es minutenlang auslaufende Peilung hatte, plötzlich schlingernd direkt auf uns zu, so dass wir nur mit einem beherztem Ausweichmanöver um mehr als 90° die Kollisionsgefahr abwenden können. Rolf schimpft wie ein Rohrspatz und holt mal wieder alle Heiligen vom Himmel. Sowas macht nicht wirklich Lust auf eine Nachtfahrt in diesen Gewässern!
Für den Ärger mit den Fischer werden wir entschädigt durch einen kurzen Besuch von Delphinen. Ein ausgestrecker Zeigefinger, oder ein kurzer Ruf „Delphine“ reicht und die Piccolina Crew hängt über dem Cockpit und starrt ins Meer. Heute interessieren sich nur ein, zwei der Tiere für unser Boot und schwimmen ein paar Kreise, der Rest der Schule scheint unterwegs auf Fischsuche zu sein. Ein Blas etwas weiter entfernt zeigt an, dass auch Wale (vermutlich Grindwale) nicht weit sind.

Am späten Nachmittag fahren wir in die Ria Pontevedra ein. Ganz am nordwestlichen Ende liegt das kleine Städtchen Combarro, im Revierführer als „must see“ beschrieben. Und tatsächlich ist der Altstadtkern wunderschön. Kleine enge Gassen, schön schattig, die Häuser auf und mit Naturfels gebaut. Zur Ria hin viele alte galizische Speicher, dazwischen Restaurants und Souvenirläden. Die Stadt lebt vom und mit dem Tourismus, aber um diese Jahreszeit kann man gemütlich durch die Gassen schlendern und bekommt immer einen freien Platz in einer Bar mit Blick aufs Meer. Dort genießen wir leckere Meeresfrüchte und Weißwein und hoffen, dass der Sommer seinen zweiten Atem gefunden hat.

Die Ria Muros

…ist etwas südlich des Cabo Fisterre gelegen. Laut Revierführer wechselt hier das Klima. Wird die nördliche Costa de Muerte eher vom rauen Atlantik geprägt, liegt man hier gut geschützt. Die Rias schneiden die Atlantikküste weit ein und haben ein mildes Klima, so dass man meist das Gefühl hat eher in einem See zu segeln. Aber eben nur meist.

vor Anker in der Ria

Die erste Woche ankern wir im Ria bei schönstem Wetter – mit höheren Wassertemperaturen als die 17 Grad wäre es wunderbarstes Badewetter. Auch die FreiKerls lassen einige Tage direkt neben uns den Anker fallen und so kommt es dass wir abends das ein oder andere Gläschen vino tinto zusammen leeren.

Auf die Piccolina kommt Familienbesuch, mit dem wir auch eine tolle Ankerbucht aufsuchen. Doch dann zieht Ophelia von den Azoren Richtung portugisischer/spanischer Atlantikküste. Zeit um ein geschütztes Plätzchen zu suchen. Der Hurrikan biegt glücklicherweise etwas früher nach Norden ab und wir bekommen nur noch schwache Ausläufer ab. Im Hafen von Muros sind maximale Böen von etwas über 30 Knoten zu messen und wir haben eine ruhige Nacht. Für die Küste war der Sturm dennoch sehr ungünstig. Der warme, trockene Wind den er mit sich bringt nährt die Waldbrände bei Vigo und Portugal mit viel Sauerstoff und lässt die Flammen auflodern. Erst zwei Tage später, mit dem ersten Regen können die Brände eingedämmt werden.

Muros ist eine nette Kleinstadt, mit vielem alten Gemäuer, engen Gassen und einer auffallend hohen Cafe, Bar und Restaurantdichte. Da kann man mit dem Familienbesuch richtig schlemmen. Pulpo und Muscheln in allen Variationen, wie man sie bei uns äußerst selten findet. Alles sehr lecker und dabei recht preiswert. Herrlich.

Muros, alte Gemäuer, enge Gassen

 

Pulpo – immer lecker

Etwas weiter die Ria hinein liegt der zweite Hafen: Portosín. Ein verschlafenes Städtchen – vor allem jetzt zur Nachsaison. Dafür ist das Marinapersonal super freundlich und hilfsbereit, die Duschen sauber und warm. Die 10km entfernte Stadt Noia ist bequem mit dem Bus zu erreichen. Ganz nett zum bummeln, aber an die lange Siesta bis um fünf, in der die Städte ausgestorben sind, haben wir uns noch immer nicht ganz gewöhnt. In Portosin geht unser Besuch von Bord – von hier aus ist es nicht weit bis zum Flughafen in Santiago. Tschüss, wir hoffen es hat euch gefallen.

Das Wetter ist umgeschlagen. Auch hier hält der Herbst Einzug. Die Nächte werden kälter, die Tage kürzer.  Erst um die Mittagszeit bekommt die Sonne soviel Kraft, das man ohne Jacke auskommt. Immer öfter verstecken sich die umliegenden Berge in Regenwolken. Auf dem Nordatlantik ziehen ein Tief ums andere durch. Ein großes Sturmtief hat seine Ausläufer bis zu uns geschickt, was uns Böen bis 46Kn!! bescherte. Zeit weiterzufahren. Heute ist es noch zu früh. Auf dem Atlantik sind noch Wellen bis 4 Meter Höhe angesagt. Und der Schwell ist auch noch im Ria zu sehen, wenn die Wellen schäumend ans Ufer rollen. Müssen wir nicht haben. Morgen wird’s weniger, dafür auch kaum Wind – man kann nicht alles haben 😉

 

Ophelia…

…wird der Hurrikan genannt, der seine Zugbahn eigentlich viel zu weit in den Osten verlagert hat. Unweit der Azoren ist er mittlerweile als Kategorie 3 Hurrikan unterwegs und nimmt Kurs an der iberischen Halbinsel vorbei Richtung Irland, wo er als außertropischer Orkan auf die Südküste der Insel treffen soll. Der DWD bringt Beiträge zum Thema: https://www.dwd.de/SiteGlobals/Forms/ThemaDesTages/ThemaDesTages_Formular.html?nn=347556

 

Uns beschert der Hurrikan Südwinde. Wie stark die Böen ausfallen werden wird sich noch zeigen. Die verschiedenen Wetterdienste sagen bis zu 50 Knoten voraus, was uns für hier doch etwas übertrieben scheint. Nichts desto Trotz haben wir unsere Piccolina sehr sorgfältig festgemacht, so dass auch starke Böen kein Problem sein dürften und hier im Hafen von Muros liegen wir sehr geschützt, auch bei starkem Süd. Bis jetzt bekommen wir nur die warme Luft zu spüren, die der Hurrikan im Schlepptau hat und das Wetter ist seltsam drückend. Spickt man über den südlich gelegenen Hügel, bläst einem schon etwas mehr Wind um die Ohren. Definitiv keine Wetterlage um auf den Atlantik zu fahren und wir sind froh hier sicher und fest zu liegen.

ausgewähltes Produkt zur Leistung:

Morgen soll der Hurrikan schon nordwestlich der iberischen Halbinsel sein und weiter Richtung Norden ziehen. Dafür werden die Temperaturen hier um fast 10 Grad in den Keller rauschen. Auch in Galicien wird es langsam herbstlich. Sobald das Wetter es zulässt werden wir also weiter Richtung Süden segeln.

Wir holen den Sommer nach

Zwei Wochen lagen wir in A Coruna in der Marina Real. Rolf hatte endlich seine Erkältung los und langsam ging uns der teilweise heftige Schwell im Hafen auf den Keks. Deshalb wurde es Zeit weiter zu fahren. Früh morgens ging‘s im Dunkeln aus dem Hafen heraus. Kaum um die Ecke gebogen wurde die Welle schon merklich mehr. Allmählich wich die dunkle Nacht einem wolkenverhangenem Tag, der Torre de Hercules und die zum Meer gelegenen Stadtteile von A Coruna lagen im dichten Dunst. Das Meer grau und fahl. Der schwache Wind kam – wie schon die letzten Tage – genau von vorne, so dass leider wieder Motoren angesagt war. Immerhin besser als 50 Meilen aufkreuzen, bei den etwa zwei Meter hohen Wellen. Doch kaum waren wir an den vorgelagerten Islas Sisargas vorbei, zeigte sich immer öfter die Sonne und noch bevor wir in die geschützte Ria de Camarinas einbogen, wurde es so warm, dass wir uns aus dem Ölzeug schälten konnten. Beeindruckt beobachteten wir, wie die Atlantikdünung an die Felsküste der Costa del Muerte toste und teilweise haushohe Brandung meilenweit zu sehen war. Auch bei der Einfahrt in die Ria de Camarinas war es ein tolles Schauspiel zu sehen, wie sich tiefblaue Wellen in meterhohe weiße Gischt verwandelten.

Die Ankerbucht vor Camarinas ist sehr geschützt. Schwell schafft es praktisch nicht bis hierher. Wir ließen bei etwa fünf Metern den Anker fallen. Da fast Niedrigwasser war, hatten wir somit immer mehr als genug Wasser unter dem Kiel. Es war fast kein Wind und das Wasser um uns herum entsprechend total ruhig. Im Westen waren die bunten Häuser von Camarinas zu sehen, im Norden und Osten umgaben uns bewaldete Berge. Kaum waren wir richtig angekommen und hatten das Schiff aufklariert, kam auch schon der FreiKerl ums Eck und platziert sich gleich neben uns. Schön dass Anke und Uwe auch den Weg hierher gefunden hatten.

FreiKerl und Piccolina in der Bucht von Camariñas

Camarinas ist ein kleines Städtchen, im Hafen liegen viele größere und kleinere Fischerboote, drei Stege sind für Yachten vorgesehen. Kleine Supermärkte sind zentral gelegen, an der Promenade, die hübsch mit Zylinderputzerbäumchen gesäumt ist, liegen zahlreiche Cafes und Bars. Mit dem Dinghy darf man an einem Steg in der Marina festmachen. Sprich ein idealer Platz um ein paar Tage zu verbringen.

Camariñas

Das Beste: nur ein paar Minuten mit dem Dinghy entfernt gibt es einen Grillplatz. Die FreiKerl-Crew findet das auch sehr gut. Nach ein paar kurzen Sätzen ist der Grillevent spontan verabredet. Wir sind für Fleisch, Holzkohle und Brot zuständig da wir noch Einkaufen gehen, Anke und Uwe bringen flüssige Nahrung und Beilagen.

Schon die Anfahrt zum Grillplatz fühlt sich gut an. Das Wetter ist besser als bei uns im Sommer und je mehr wir Richtung Wald fahren, desto stärker wird der Geruch nach Pinien. Das ist das Aroma von Mittelmeer, Süden, Sonne, Urlaub – einfach klasse. Der Grillplatz liegt an einem Seitenarm der Ankerbucht. An einem kleinen Sandstrand können wir mit dem Dinghy anlanden, ein paar Meter hoch im Pinienwald stehen bestimmt ein Dutzend steinerne Tische und Bänke, einige rustikale, gemauerte Grills und falls man vor oder nach dem Essen noch kurz ins Meer hüpfen will, kann man sich mit einer Süßwasserdusche das Salz von der Haut spülen. – Wie geil ist das denn??

Die Vorhut ist schon da

Wir haben viel Spaß an dem Nachmittag und genießen das Essen, das Trinken sowieso und die tolle Atmosphäre. Erst als uns lange Schatten frösteln lassen, packen wir zusammen. Mittlerweile ist der Wasserspiegel ordentlich gefallen, so müssen wir die Dinghys einige Meter über den Sand zum Wasser schleppen. Wir sind überrascht wie wenig Wassertiefe wir im Nebenarm haben. Teilweise nur 20 bis 40 cm. Da müssen wir vorsichtig mit unseren Außenbordern hantieren, damit wir uns nicht die Schrauben kaputt fahren. Dafür brechen sich Wellen bei der Ausfahrt vom Meeresarm. Ich denke noch, dass wir einen guten Zeitpunkt für die Ausfahrt abwarten sollten, aber plötzlich ist es zu spät und eine kleine, fiese, steile Minimonsterwelle bricht direkt vor unserem Bug und schwabbt ins Boot. Wir sind klatschnass. Anke und Uwe kommen mit einem blauen Auge davon, aber umziehen müssen sie sich auch. Wir lassen den Abend auf der Piccolina ausklingen und stellen fest, dass heute der 3. Oktober ist. Tag der deutschen Einheit. Das haben wir heute ausgiebig gefeiert. Nicht aufgesetzt, geplant oder mit großem Tamtam. Einfach so, spontan, gesellig. Ost und West, einfach gut.

wir feiern gemeinsam…
… bei leckerem Essen und Trinken

 

 

Ein galicisches Sprichwort sagt:

in Vigo arbeitet man, in Ponteviedra schläft man, in Santiago betet man und in A Coruña lebt man. Zumindest letzteres können wir bestätigen.

Die zwei Wochen die wir – auch Erkältungsbedingt – hier lagen, war fast wie Urlaub☺. Die  Einwohner von A Coruña machen es einem aber auch einfach. Fast überall wurde uns so freundlich begegnet, ob im Café oder beim Bäcker, an der Supermarktkasse oder im kleinen Laden an der Ecke wo wir Schlüssel nachmachen ließen. Auch ohne perfektes Spanisch und zur Not mit Händen und Füßen. Teilweise erstaunlich wie gut die kleinen Läden ausgestattet sind, egal ob bei Niroschrauben oder Elektronikzubehör. Und die Verkäufer hatten Spaß dabei, unsere Wünsche zu erfüllen – auch wenn es z. B. beim Glasradierer doch etwas dauerte bis die Verständigung über die verschiedenen Sprachen hinweg geklappt hat.

Beim Schlendern durch die Stadt fällt auf wie unglaublich viele Cafés, Bars, Tabernas, Tascas und Restaurants es hier gibt. Nicht nur in der Innenstadt ist es schwer eine Auswahl zu treffen. Würde man überall nur einen Kaffee oder ein Bier trinken wollen, man wäre wohl Jahre beschäftigt. Schön ist auch die Sitte, dass zum Bier oder zum Wein immer eine Kleinigkeit zu Essen gereicht wird. Seien es ein paar Happen vom Tagesmenü oder ein kleines Stück Tortilla.

 

Ist die Stadt morgens noch sehr verschlafen und leer, am  Abend ist was los auf den Straßen. Spätestens am Samstagabend sind alle Einwohner auf den Beinen. Die Uferpromenade ist fast so gut besucht wie die Ulmer Hirschstraße Samstags morgens, auf den Spielplätzen die früh am Tag ausgestorben sind, steppt der Bär.

Abends ist viel los auf dem Spielplatz

Wir hatten derweil mit Anke und Uwe von der FreiKerl ein paar sehr nette Abende. Die zwei haben einen großen Bogen über Färör und Island geschlagen und ihre Reinke nun auch in den Süden gesegelt. Unsere Wege werden sich sicher nochmals kreuzen….

Aber langsam müssen wir mal weiter, denn auch hier wird das Wetter bald schlechter. Rolf ist wieder ziemlich fit und so geht es morgen kurz vor das Cabo Fisterre. Wind ist wenig angesagt, also muss wahrscheinlich mal wieder das „eiserne Segel“ herhalten. Wir hoffen dass die Windverhältnisse besser werden, wenn wir ums Kap rum sind.