Sonne, Karneval und hohe Wellen

Der Südostwind der letzten Tage bescherte uns schönes und sonniges, wenn auch etwas diesiges Wetter. Bis zum Abend ist T-shirt angesagt, die Strände – sowohl vor der Ankerbucht, als auch Las Canteras auf der Nordseite – sind gut besucht. Das haben wir letztes Jahr kaum so erlebt, und schon gar nicht im Februar. Einziger Nachteil sind die Wellen, die bei kräftigem Wind in die Bucht reinstehen und die Dinghyfahrt in den Hafen spannend gestalten. Aber Rolf hat es meistens super im Griff und wir kommen zwar langsam aber fast trocken ans Dinghydock. Ganz anders sieht es am Nordstrand aus, da steht richtig Schwell! Der kommt weit aus dem Norden, von den mächtigen Tiefdruckgebieten über den Azoren oder dem Nordmeer, und bereitet den Wellenreitern hier schöne Tage. Dafür werden die Badegäste über Lautsprecher auf spanisch und englisch gewarnt, nicht zu weit rauszuschwimmen und Kinder nicht unbeaufsichtigt ins Wasser gehen zu lassen. Haben wir so auch noch nicht erlebt – aber der Atlantik ist manchmal unberechenbar und jedes Jahr ertrinken hier auf den Inseln Touristen, die die Strömungen und Wellen unterschätzen. 

Volle Strände… 
Fahrt zum Dinghydock- noch ohne Welle

Der Karneval ist mittlerweile in vollem Gang, gestern war Straßenparty in der Altstadt. Die Busse gefüllt mit Jecken, vor allem Männer in Frauenkleidern sin ganz groß in Mode – und nicht halbherzig! Wenn dann richtig, mit hohen Absätzen und allem was dazugehört. Letztes Jahr wurde ein Wettbewerb im Fersehen übertragen, bei dem ein Hindernislauf in diesen Kostümen bewältigt werden musste, sehr zur Belustigung der Zuschauer. Die Kanarier feiern jedenfalls gern und laut und sind richtig ausgelassen. Aber klar – welcher Jäck in Deutschland würde sich nicht über solch tolles Faschingswetter freuen?

Wir kämpfen derweil mit unserer Frischwasserpumpe, die vielleicht auch Fasnet hat und deshalb schon seit Tagen rumzickt und ständig entlüftet werden will. Auf den Verdacht hin, dass der Filter vor der Pumpe irgenwo Luft zieht, hat sie schon ein neues Filtergehäuse spendiert bekommen – aber die Sympthome sind immer noch nicht weg. Langsam gehen uns die Ideen aus. Auch mit dem Wassermacher kommen wir noch nicht so recht weiter, manchmal ist unsere Piccolina doch zu klein und wir wissen nicht wohin mit den ganzen Filtern und Pumpen….Im Boot ist wieder das ganz normale Schrauberchaos ausgebrochen, wir haben kaum noch Platz zu sitzen und zum Essen. Wird das irgendwann mal besser? Ich hoffe immer noch darauf!

Die Alex vor Anker neben uns

Las Palmas – auf ein Neues

Wenn man wirklich viel am Boot erledigen will und Teile, Material oder Werkzeug braucht, gibt es eigentlich nur eine handvoll Häfen auf den Kanaren, die sich dafür eignen. Einer davon ist der Puerto de la Luz direkt in Las Palmas auf Gran Canaria gelegen. Man „wohnt“ mitten in der Stadt, die Busverbindungen sind ordentlich und es gibt praktisch alles. Vom „normalen“ Shipchandler über Elektronikläden (Rolfs Lieblingsladen ist gleich um die Ecke und hat eine gute Auswahl an Arduinos usw…), Baumärkte, etc. Egal ob Holz, Edelstahl, Schrauben oder Leinen in Las Palmas bekommt man fast alles und das Beste daran: wir kennen uns schon aus! Deshalb haben wir gestern in San Sebastian unsere Leinen losgeworfen und sind hierher gesegelt. Der Vormittag bescherte uns feinstes Segelwetter zwischen La Gomera und Teneriffa, erst in der Abdeckung von Teneriffa musste der Motor herhalten. Zu wenig Wind in Verbindung mit konfuser Kreuzsee ließen nur noch zwei Knoten Fahrt übrig, später auf halben Weg nach Gran Canaria frischte der Wind jedoch wieder auf. Ein paar Stunden wunderbares Segeln, doch obwohl wir das Groß schon im ersten Reff gesetzt hatten, mussten wir nach und nach auch die Genua wegrollen, bis nur noch ganz wenig Tuch übrig war. Dennoch rauschten wir mit bis zu acht Knoten durch die Nacht, die Düse vor der Insel hatte es in sich. Kurz vor Mitternacht, innerhalb zwei, drei Meilen, dann wieder die totale Flaute. Nichts ging mehr, trotz der niedrigen Wellen. Immerhin hatten wir Vollmond, also alles recht hell um uns herum und da im Süden Gran Canarias sehr viele Hotelburgen stehen, war praktische die ganze Küste hell erleuchtet. Also wieder Motor an und dieser brachte uns dann auch durch die Düse an der Südostecke der Insel mit Wind auf die Nase und danach bis zum großen Industriehafen vor Las Palmas, in der sich auch die Marina befindet. Dort ist es wie immer schwierig einen Platz zu bekommen, aber das macht uns nicht, gehen wir doch gerne mal wieder vor Anker. Die Stadt empfängt uns mit Regenschauern – naja auch in La Gomera hat es die letzten Tage geregnet, aber vermutlich wird das Wetter hier im Norden der Insel nicht so schön und beständig sein wie in San Seb oder Tazacorte…. Aber das war uns klar – wir freuen uns jetzt auf die Stadt, morgen machen wir unser Dingy klar und hoffen auf besseres Wetter….

Tschüss San Sebastian

Wie die Zeit verfliegt…

Nun sind wir schon über vier Wochen in La Gomera und wir haben viel gemacht und erledigt bekommen, andererseits fühlt es sich an, als ob wir erst vor wenigen Tagen angekommen sind. Es war schön alte Freunde wieder zu treffen (Heike und Bernhard von der Spirit), aber wir haben auch wieder eine Menge neue Yachties kennen gelernt. Einige sind schon lange hier auf La Gomera, andere bleiben wie wir einige Wochen oder sogar nur ein paar Tage. Der Hafen ist nett gelegen, der Blick wandert gern die schroffe Felswand gegenüber der Straße hinauf, oder in die grünen Berge die gleich hinter den bunten Häusern beginnen. Direkt neben dem Hafen liegt ein Strand zum Schwimmen und Schnorcheln, der Supermarkt ist nicht weit und es gibt eine Kneipe mit Leffe Blonde vom Faß. Was will man mehr? – Tja, etwas mehr Ruhe am ersten Schwimmsteg wäre schön gewesen. Dort ist nämlich oft ganz schön was los. Gegen Nachmittag, wenn die ersten Charteryachten ankommen hat man immer ein etwas ungutes Gefühl, wenn man nicht an Bord ist. Denn teilweise kann man das schon nicht mehr als Hafenkino bezeichnen, sondern es ist einfach desaströs. Auch wenn fünf oder sechs Mann als Crew an Bord sind, heißt das nicht, das etwa Leinen klar zum Anlegen bereit sind, erst wenn das Boot schon in der Box und der Bug vom Wind vertrieben wird, wird plötzlich nach einem Festmacher gesucht, der das Boot am seitlichen Schwengel fixiert. Da kann bei etwas Wind die Yacht schon mal quer in der Box liegen. Abends wird dann das tolle Anlegemanöver mit viel Bier oder Wodka gefeiert – vielen Dank für die ruhige Nacht liebe osteuropäischen Mitbürger. Es gibt aber natürlich auch andere Charteryachten – ob mit oder ohne festen Skipper, bei denen das An- und Ablegen rund und zielorientiert verläuft. Ohne viel Hektik, unnötigem Vollgas und lautem Geschrei im Hafen. Aber die waren hier – gefühlt zumindest – in der Unterzahl.

Trotzdem, San Sebastian hat viel Flair und wir genossen es so viele nette Langfahrtsegler um uns herum zu haben. Vielen Dank Heike und Bernhard, Gaby und Wolfgang, Andrea und Ingo, Martin und allen anderen Yachties für die tolle Zeit.


Über dem Valle Gran Rey und Gomera rund…

Wie einige andere kanarische Inseln, bietet auch La Gomera wunderschöne Landschaft, die sich toll zu Fuß erkunden läßt. Mit unserem Besuch suchen wir uns eine nette Wandertour im Süden der Insel aus. Zuerst geht es mit der kleinen Fähre von San Sebastian an der Küste entlang bis nach Vueltas im Valle Gran Rey, auf der anderen Seite der Insel. Von dort ist es nicht weit bis zum Einstieg in Calera. Am nördlichen Ortsende folgen wir den Serpetienen an der steilen Bergflanke entlang, bis wir schließlich oben am Bergrücken ankommen. Gut dass das Wetter ein wenig bedeckt ist, ansonsten müssten wir in den prallen Sonne den Berg hochschnaufen. Der flache Höhenrücken bietet tolle Aussichten, im Süden sehen wir die Insel El Hierro. Ein paar Wolken ziehen durch, aber als wir weiter Richtung Arure gehen, kommt auch wieder die Sonne zum Vorschein. Die letzten Kilometer sind schön zum Gehen, nur wenige Höhenmeter, mal hoch, mal runter, dafür spektakuläre Aussichten aufs Valle Gran Rey, oder auf die schroffe Felsküste im Westen, im Hintergrund taucht die Insel La Palma aus dem Dunst auf. In Arure können wir noch gemütlich etwas trinken, bevor es mit dem Bus wieder Richtung San Sebastian geht. Nach einer guten Stunde Fahrt, durch Lorbeerwald, an grünen Hängen und imposanten Felsformationen vorbei, sind wir wieder im Städtchen im Osten der Insel.

Felsküste im Süden

Auch sehr schön ist ein Ausflug mit dem Mietwagen über die Insel. Leider ist das Wetter im Norden bewölkt und regnerisch, über die Berge bläst ein steifer Wind die Wolken vor sich her, aber der Süden ist auch heute wieder sonnig und warm. Typische Passatwetterlage eben. Dennoch ist es sehr interessant einige Meter in den Lorbeerwald zu gehen, die Äste und Baumstämme sind dick mit Flechten überzogen. Nur wenige Kilometer weiter, scheint die Sonne über grüne Wiesen, die ersten Frühlingsblumen und Mandelbäumchen blühen. Etwas weiter stehen einige kanarische Pinien, die noch vom großen Feuer 2012 gezeichnet sind. Selbst wenn die Nadeln verbrannt sind, treiben die meisten dieser Pinien wieder aus. Die verbrannten Äste stehen dann als dünne Ärmchen weit ab, aber der Stamm ist wieder in sattes Grün gehüllt. Die Südküste ist karg und trocken, aber es gibt keine Straße die am Meer entlang führt. Hier auf La Gomera muss man immer hoch in die Berge um die Barancos (die Flußläufe) queren zu können. Und so kommt man mehrmals am Tag durch verschiedene Klimazonen der Insel. Zurück in San Sebastian bekommen wir die Nachricht, das ein Charterboot unsere Piccolina erwischt hat. Zuerst können wir nichts erkennen, die polnische Crew gibt sich Unschuldig. Ein paar Tage später sehen wir Striemen vorne am Bug – sehr ärgerlich. Leider liegen wir hier am äußeren Schwimmsteg und dieser wird viel von Chartercrews frequentiert, deren Skipper manches Mal nicht viel Ahnung und/oder Übung mitbringen.

Aussichtspunkt im grauen Norden
blühende Frühlingswiese

Die Skulptur stellt einen Gomero dar, der mit El Silbo – der Pfeifsprache von La Gomera kommuniziert. El Silbo wird in der Schule wieder gelehrt und manchmal hört man sie auch in den Straßen…

Links im Bild der Teide – Teneriffa hat ihn, die Gomeros sehen ihn….

Fahrt nach La Gomera

Kaum sind wir wieder einigermaßen fit, legen wir ab Richtung La Gomera. Dort möchten uns mit Freunden treffen. Der Wind passt, zuerst ist Nordost angesagt, zwei Tage später Ost bis Südost.

Kaum sind wir aus dem Hafengelände von Santa Cruz heraus motort, sind plötzlich viele Fleckendelphine ums Boot. Kaum zu glauben, nur zwei Meilen vom Industriehafen entfernt. Aber es kommt noch besser. Wenig später sind einige große Tümmler zu sehen und dann schwimmen auch noch ein paar Grindwale vorbei. Unglaublich. Kurze Zeit später sehen wir auch den Grund warum so viele Jäger hier sind: ca. 30 Meter neben uns kommt plötzlich ein Schwarm Sardinen aus dem Wasser. Auf ihrer Flucht fliegen die Fische regelrecht einige Meter über der Wasseroberfläche, glitzern in der Sonne bevor sie wieder ins Meer tauchen. Einige Meter weiter stoßen sie wieder durch die Wasseroberfläche, blinken im Sonnenlicht wie wenn silberfarbene Alublätter über dem Wasser schweben würden, dann sind sie wieder verschwunden. Das Schauspiel sehen wir noch ein paar Mal, während sich der Fischschwarm immer weiter entfernt. Kurze Zeit später sind auch keine Delphine oder Wale mehr zu sehen.

Fleckendelphin

Wir segeln gemütlich vor dem Wind bis in den Süden Teneriffas, wo wir in einer schönen Sandbucht den Anker werfen. Der Strand und der Untergrund besteht aus dunkelgelbem Sand, der rote Berg im Osten der Bucht schützt uns vor Wind. Es steht nur wenig Schwell. Ein guter Ankerplatz. Nicht weit entfernt ist der Flughafen von Teneriffa, wir sehen die Flieger starten und landen, dennoch ist es erstaunlich ruhig.

vor Anker bei Montana Roja

Mitten in den Nacht – es ist vier Uhr – wachen wir am Rattern einer Ankerkette auf. Ein Blick aus dem Boot zeigt uns, dass das Tankschiff für den Flughafen angekommen ist. Mitten in der Bucht sind vier große gelbe Tonnen ausgelegt und es dauert eine gute halbe Stunde bis sich der Tanker mit Hilfe eines kleinen Pilotenbootes zwischen diesen Bojen vertäut hat. Es ist kurz vor fünf Uhr, als endlich der Motor ausgeht. Jetzt pumpt der Tanker sein Kerosin über eine Leitung, deren Anschluß in einer weiteren Boje untergebracht ist, direkt zu den großen Tanks unterhalb des Flughafens.

Der Tanker ist den ganzen darauf folgenden Tag mit abpumpen beschäftigt. Uns stört das nicht. Da kein Schiffsmotor läuft, haben wir keinen  Lärm und keinen Dreck. Viele Touristen am Strand werden wahrscheinlich gar nicht wissen warum das Boot dort liegt und denken es liegt auf Reede…. Wir verbringen den Tag faul auf dem Boot und kurieren uns vollends aus. Es ist wie Urlaub. Nichts zu tun, lesen und in der Sonne liegen. Das Dhingy packen wir gar nicht aus, da es am nächsten Tag sowieso weiter geht.

Wir könnte es auch anders sein: pünktlich kurz nach Mitternacht, als wir schon im Bett liegen, geht der Tanker Anker auf. Innerhalb von 15 Minuten ist er abgelegt und nimmt Kurs nach Santa Cruz. Die Bucht liegt wieder still da, nur kommt nun langsam etwas Schwell aus Süd und Piccolina rollt in dieser Nacht doch immer wieder hin und her.

Am nächsten Tag gehen wir bei Sonnenaufgang Anker auf und segeln wiederum mit raumem Wind nach San Sebastian auf La Gomera. Die Wellen sind nicht sehr hoch aber unangenehm. Vor allem wenn der Wind nicht konstant bläst, giert Piccolina stark nach links und rechts, das Segel flappt, alles was nicht gut verstaut ist, fliegt umher. Dennoch reicht der Wind, dass wir gegen Nachmittag den Hafen erreichen, Freunde begrüßen uns am Steg und nehmen unsere Leinen entgegen. Es ist schön hier zu sein. Wir freuen uns auf die Insel, die wir vor acht Jahren das letzte Mal besucht haben.