Seit über einem Jahr…

…war unsere Piccolina nicht mehr am Landstrom. In Mindelo auf den Kap Verden lagen wir das letzte Mal an einem Marinasteg und waren somit an der Steckdose. Das war im Mai letzten Jahres. Seither sind wir immer vor Anker oder an einer Mooring gelegen und mussten unseren Strom selbst generieren. Mittlerweile können wir sagen, dass unser Energiekonzept recht gut aufgeht. Wir haben unsere Piccolina mit zwei seitlichen Solarpanelen (von Axsun) ausgestattet. Diese sind mit bifazialen Zellen bestückt, d.h. auch die Rückseite ist aktiv. Damit produzieren unsere Panele bis zu 25% mehr Strom als herkömmliche Zellen. Jedes seitliche Panel hat seinen eigenen MPPT-Regler, damit nicht eines der Panele durch partielle Abschattung das andere in Mitleidenschaft zieht. Während die seitlich angebrachten Solarpanele unsere Hausbank speisen, sorgen begehbare Solarpanele auf unserem Hardtop dafür, die Starter- und Bugstrahlruderbatterien zu laden (wobei wir das Bugstrahlruder praktisch nicht mehr benutzen, seid wir nicht mir in Marinas sind). Der Solarstrom ist unsere Hauptenergiequelle. Allerdings sind die Nächte in den Tropen sehr lange, selbst im Sommer ist es fast elf Stunden dunkel. Deshalb sind wir sehr froh an unserem Superwind Windgenerator, der die langen Dunkelperioden abpuffert, solange etwas Wind weht.
Sowohl während der Atlantikpassagen, als auch hier in der Karibik produzieren wir unser gesammtes Brauch- und Trinkwasser selbst. Nur in den schlammigen Flüssen im Norden Südamerikas und in der dreckigen Bucht von Chaguaramas konnten wir unsere Umkehrosmoseanlage nicht benutzen. Trinkwasser aus Meerwasser zu generieren braucht viel Strom, da das Salzwasser mit über 50bar Druck durch eine sehr feine Membran gedrückt werden muss, dennoch schaffen wir es mit unserem Energiekonzept die benötige Kapazität zu erzeugen. Nur ein einziges Mal ließen wir bisher zusätzlich unseren Motor mitlaufen um die Batterien zu schonen.
Da wir im Schnitt nur alle zwei bis drei Tage unseren Wassermacher ca. eine Stunde (entspricht 50L) laufen lassen müssen, nutzen wir natürlich Tage mit viel Sonne und möglichst etwas Wind. Dann sind nämlich unsere Batterien vormittags schon fast voll und nach dem energiehungrigen Einsatz der Umkehrosmose haben sie den restlichen Tag Zeit, sich wieder zu erholen.
Der zweitgrößte Energiefresser an Bord ist unser Kühlschrank. Hier im heißen Klima der Tropen läuft er sehr viel, da die Wassertemperaturen an die 28°C betragen und wir auch sämtliche Getränke kühlen. Seit einigen Wochen haben wir nun eine neue Kühlschranksteuerung, die über einen Mikroprozessor das Kühlaggregat präzise nach tatsächlicher Innentemperatur an- und abschaltet und nicht wie der 30 Jahre alte Bimetallschalter, der auf der niedrigsten Stufe manchmal so lange lief, dass teilweise die Getränke einfroren. Nun läuft das Aggregat gefühlt nicht mal halb so viel, unser
Kühlgut ist immer noch schön kalt und der Stromverbrauch eine ganze Ecke weniger, was sich vor allem in den langen Nächte bemerkbar macht und unsere Batterien schont.

neue Kühlschranksteuerung (Marke Eigenbau)

Mittlerweile ist offiziell die Hurrikanesaison angebrochen. Unseren ursprünglicher Plan um diese Jahreszeit schon weiter südlich zu sein, um dann im Juli nach Trinidad zu segeln, hat der neue Coronavirus erst mal komplett auf Eis gelegt. Viele Inseln der kleinen Antillen verbieten nach wie vor die Einreise, nach St. Vincent & Grenadinen und Curaçao (eine der ABC-Inseln) darf man zwar einreisen, allerding muss das Boot in eine Marina/Muring und man selbst muss zwei Wochen an Land in Quarantäne. Für uns momentan keine Option: in St. Vincent lassen wir das Boot keinesfalls unbeaufsichtigt und 2000Euro Hotelkosten um dort eine Quarantäne abzusitzen geht unserer Meinung gar nicht. Eine der wenigen Inseln, die wirklich etwas durchdacht an die ganze Sache rangeht ist Grenada. Dort dürfen Boote einreisen (angeblich 50 pro Woche), nachdem sie sich angemeldet und ein Zeitfenster zugeteilt bekommen haben. Dann müssen sie ihr Boot zwei Wochen lang innerhalb einer Quarantänezone ankern und nach einem negativen Test dürfen sie offiziell einklarieren und sich danach frei auf der Insel bewegen. Da könnten sich andere Staaten ein Beispiel dran nehmen. Leider scheinen die meisten überhaupt nicht in der Lage zu sein, solche Abläufe implementieren zu können oder vielleicht auch zu wollen. Trinidad öffnet erst jetzt ganz langsam die Grenzen für Einheimische, die gerade im Ausland festsitzen. Dabei war der letzte Ansteckungsfall im eigenen Land Ende April. Klar, die Inseln hier haben meist keine hohen Kapazitäten im Gesundheitsbereich und Angst, dass sie sich den Virus wieder von außen ins Land holen, aber geeignete Quarantänemaßnahmen für Heimkehrer sollten doch nicht so kompliziert sein? Dass der Virus mit den Flugpassagieren kommt, ist in vielen kleinen Ländern, die sonst praktisch coronafrei sind allgegenwärtig. Ein gutes Beispiel ist Buthan. Dort kommen viele Einheimische von ihrem Arbeitsplatz im mittleren Osten zurück und seither steigen die positiven Fälle an. Allerdings hat es das Land scheinbar gut im Griff, da alle Einreisenden eine Quarantänezeit absitzen müssen. Auch hier auf Martinique, wo die wöchentlichen! Zahlen von fünf über drei auf zwei in der letzte Woche gesunken waren, stiegen die neuen positiven Fälle sprunghaft auf 15. Laut Bericht aus dem Morgennetz alles eingflogene Fälle aus Europa und Kanada.
Leider werden wir Segler gleich behandelt wie Flugreisende. Auf den Azoren dürfen z.B. ankommende Crews immer noch nicht an Land, egal ob sie gerade mehr als drei Wochen auf See waren und von einer Insel gestartet sind die eine handvoll Fälle hatte. So sind nun mal die Bestimmungen und basta. Schon traurig dass Politik mittlerweile so wenig mit gesundem Menschenverstand zu tun hat. Wenigstens dürfen wir hier im französischen Martinique wieder legal an den Strand und ein paar Restaurants haben nun auch wieder geöffnet. Langsam kehrt Normalzustand ein. Aber die Hurrikanesaison sitzt uns im Nacken. Jeder Tag beginnt erst einmal damit auf www.nhc.noaa.gov die Lage an der Cyclonfront abzuchecken. Drei benannte Stürme gab es schon dieses Jahr. Alle noch nicht so schlimm und weit von uns entfernt, aber die latente Gefahr wird größer. Falls doch ein Hurrikane kommt, während wir noch hier vor Ort sind, ist die einzige Möglichkeit rechtzeitig nach Süden zu segeln, raus aus der Hurrikanezone und auf See abzuwettern, bis die Luft wieder rein ist. In diesem Fall dürfen wir auch ohne Quarantäne wieder nach Martinique, das wurde schon vor zwei Monaten so kommuniziert. Also bleiben wir weiterhin in St. Anne und warten ab. Vielen geht es so wie uns. Die Ankerbucht ist fast so voll wie während der Wintersaison, mit dem einzigen Unterschied, dass keine Charteryachten vor Anker liegen. Dafür gibt es nun drei mal in der Woche morgens ein zweisprachiges Cruisernet auf Kanal 08, wo man mit neuesten Infos versorgt wird oder alte „Schätze“ aus der Bilge (tiefste Stelle auf dem Boot, bzw. Lagerplatz unter den Bodenbrettern) verkaufen kann. Ab und zu wird ein Quiz oder Musikquiz über Funk abgehalten und Samstags gibt es bei gutem Wetter ein Konzert von einem Boot mit Rock und Blues. Rythmus aus der Dose, Gitarre Saxophon und Gesang live. Selbst Covid-19 hat seine guten Seiten!

Sturmopfer?!

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