Saharastaub

In Süddeutschland ist es nicht unbekannt: bei bestimmten Wetter- und Windbedingungen schafft es Saharastaub über die Alpenkette. Der Himmel wird diesig, oft mit einem leicht gelbem Farbstich. Autos, Fenster, alle Oberflächen werden von einer feinen Staubschicht überzogen. Staub der tausende Kilometer aus dem Süden kommt. In Deutschland ein seltenes Phänomen, in anderen Ländern eine Wetterlage die einen speziellen Namen bekommen hat. Sowohl die Kanaren (dort Calima genannt), als auch die Kapverden (hier heißt es Bruma seca oder Harmattan) sind aufgrund ihrer Nähe zur Sahara oft betroffen. Der Himmel ist trüb, die Sicht sehr reduziert, die Luft heiß, aber feucht, da diese bei ihrer Reise übers Meer viel Luftfeuchtigkeit aufgenommen hat. Die Einheimischen mögen keine Calima –  oder Bruma seca. Der feine Staub setzt sich nicht nur auf den Oberflächen ab, sondern geht auch auf die Lunge. Sportliche oder anstrengende Aktivitäten sollten vermieden werden. 
Für uns war es offensichtlich, als wir von den Kapverden ablegten. Nach nur vier Wochen auf den südlichen Inseln war unser Rigg praktisch paniert mit rotem Sand und wir freuten uns auf den ersten Regenschauer der alles wieder abwaschen würde. Leider mussten wir fast bis Kourou warten. 

Seit zwei Tagen können wir hier in Martinique die Sonne nur noch erahnen. Riesige Staubwolken haben sich letzte Woche auf den Weg über den Atlantik gemacht. Um diese Jahreszeit ein normaler Prozess, aber das Ausmaß dieser Wolke ist extrem.

Der erste Tag war noch moderat
Satellitenbild einer Saharastaubwolke

Doch der Saharastaub birgt auch Positives. Mit ihm kommt Dünger für den Regenwald.  Im Amazonasbecken gehen jährlich geschätzt viele Millionen Tonnen Sand und Staub nieder. Darunter sind ca. 22.000 Tonnen Phosphor, aber auch Eisen und andere Mineralstoffe, ein sehr wichtiger Dünger für die Pflanzen dort. Während der Stickstoff in einem Kreislauf eingebunden ist und durch verottende Pflanzen wieder ins Erdreich kommt und dort von den Bäumen aufgenommen werden kann, wäscht sich Phosphor wohl schneller aus und wird mit den Flüssen aus dem Gebiet abtransportiert. Der Regenwald ist auf den Staub der über den Atlantik kommt angewiesen und auch die karibischen Inseln werden dadurch gedüngt. Dieses Phänomen haben wir in den letzten Tage hautnah mitbekommen. Seit drei Tagen wurde die Sicht immer schlechter, der blaue Himmel verschwand zusehens – nicht durch graue Regenwolken, sondern durch einen gelbgrauen Staubschleier, der sogar die Sonne verdeckte. Wie bei uns im Hochnebel. Der Roche du Diamant, ein markanter Felsen in ca. 10km Entfernung, der immer gut von unserem Ankerplatz zu sehen war, ist seit Tagen im Dunst verschwunden. Sonnenuntergänge? – Fehlanzeige! Alles verliert sich im Staub. Der wiederum reizt zu trockenem Husten. Es herrscht Warnstufe 10 (von 10), von Sport wird abgeraten und empfindliche Personen sollten wohl besser zuhause bleiben, denn die Partikel sind teilweise so fein, dass sie bis in die kleinsten Lungenverästelungen gelangen. Morgen soll es wieder besser werden!

Saharastaub nach seiner Atlantiküberquerung
Die Sicht ist extrem eingeschränkt

Seit über einem Jahr…

…war unsere Piccolina nicht mehr am Landstrom. In Mindelo auf den Kap Verden lagen wir das letzte Mal an einem Marinasteg und waren somit an der Steckdose. Das war im Mai letzten Jahres. Seither sind wir immer vor Anker oder an einer Mooring gelegen und mussten unseren Strom selbst generieren. Mittlerweile können wir sagen, dass unser Energiekonzept recht gut aufgeht. Wir haben unsere Piccolina mit zwei seitlichen Solarpanelen (von Axsun) ausgestattet. Diese sind mit bifazialen Zellen bestückt, d.h. auch die Rückseite ist aktiv. Damit produzieren unsere Panele bis zu 25% mehr Strom als herkömmliche Zellen. Jedes seitliche Panel hat seinen eigenen MPPT-Regler, damit nicht eines der Panele durch partielle Abschattung das andere in Mitleidenschaft zieht. Während die seitlich angebrachten Solarpanele unsere Hausbank speisen, sorgen begehbare Solarpanele auf unserem Hardtop dafür, die Starter- und Bugstrahlruderbatterien zu laden (wobei wir das Bugstrahlruder praktisch nicht mehr benutzen, seid wir nicht mir in Marinas sind). Der Solarstrom ist unsere Hauptenergiequelle. Allerdings sind die Nächte in den Tropen sehr lange, selbst im Sommer ist es fast elf Stunden dunkel. Deshalb sind wir sehr froh an unserem Superwind Windgenerator, der die langen Dunkelperioden abpuffert, solange etwas Wind weht.
Sowohl während der Atlantikpassagen, als auch hier in der Karibik produzieren wir unser gesammtes Brauch- und Trinkwasser selbst. Nur in den schlammigen Flüssen im Norden Südamerikas und in der dreckigen Bucht von Chaguaramas konnten wir unsere Umkehrosmoseanlage nicht benutzen. Trinkwasser aus Meerwasser zu generieren braucht viel Strom, da das Salzwasser mit über 50bar Druck durch eine sehr feine Membran gedrückt werden muss, dennoch schaffen wir es mit unserem Energiekonzept die benötige Kapazität zu erzeugen. Nur ein einziges Mal ließen wir bisher zusätzlich unseren Motor mitlaufen um die Batterien zu schonen.
Da wir im Schnitt nur alle zwei bis drei Tage unseren Wassermacher ca. eine Stunde (entspricht 50L) laufen lassen müssen, nutzen wir natürlich Tage mit viel Sonne und möglichst etwas Wind. Dann sind nämlich unsere Batterien vormittags schon fast voll und nach dem energiehungrigen Einsatz der Umkehrosmose haben sie den restlichen Tag Zeit, sich wieder zu erholen.
Der zweitgrößte Energiefresser an Bord ist unser Kühlschrank. Hier im heißen Klima der Tropen läuft er sehr viel, da die Wassertemperaturen an die 28°C betragen und wir auch sämtliche Getränke kühlen. Seit einigen Wochen haben wir nun eine neue Kühlschranksteuerung, die über einen Mikroprozessor das Kühlaggregat präzise nach tatsächlicher Innentemperatur an- und abschaltet und nicht wie der 30 Jahre alte Bimetallschalter, der auf der niedrigsten Stufe manchmal so lange lief, dass teilweise die Getränke einfroren. Nun läuft das Aggregat gefühlt nicht mal halb so viel, unser
Kühlgut ist immer noch schön kalt und der Stromverbrauch eine ganze Ecke weniger, was sich vor allem in den langen Nächte bemerkbar macht und unsere Batterien schont.

neue Kühlschranksteuerung (Marke Eigenbau)

Mittlerweile ist offiziell die Hurrikanesaison angebrochen. Unseren ursprünglicher Plan um diese Jahreszeit schon weiter südlich zu sein, um dann im Juli nach Trinidad zu segeln, hat der neue Coronavirus erst mal komplett auf Eis gelegt. Viele Inseln der kleinen Antillen verbieten nach wie vor die Einreise, nach St. Vincent & Grenadinen und Curaçao (eine der ABC-Inseln) darf man zwar einreisen, allerding muss das Boot in eine Marina/Muring und man selbst muss zwei Wochen an Land in Quarantäne. Für uns momentan keine Option: in St. Vincent lassen wir das Boot keinesfalls unbeaufsichtigt und 2000Euro Hotelkosten um dort eine Quarantäne abzusitzen geht unserer Meinung gar nicht. Eine der wenigen Inseln, die wirklich etwas durchdacht an die ganze Sache rangeht ist Grenada. Dort dürfen Boote einreisen (angeblich 50 pro Woche), nachdem sie sich angemeldet und ein Zeitfenster zugeteilt bekommen haben. Dann müssen sie ihr Boot zwei Wochen lang innerhalb einer Quarantänezone ankern und nach einem negativen Test dürfen sie offiziell einklarieren und sich danach frei auf der Insel bewegen. Da könnten sich andere Staaten ein Beispiel dran nehmen. Leider scheinen die meisten überhaupt nicht in der Lage zu sein, solche Abläufe implementieren zu können oder vielleicht auch zu wollen. Trinidad öffnet erst jetzt ganz langsam die Grenzen für Einheimische, die gerade im Ausland festsitzen. Dabei war der letzte Ansteckungsfall im eigenen Land Ende April. Klar, die Inseln hier haben meist keine hohen Kapazitäten im Gesundheitsbereich und Angst, dass sie sich den Virus wieder von außen ins Land holen, aber geeignete Quarantänemaßnahmen für Heimkehrer sollten doch nicht so kompliziert sein? Dass der Virus mit den Flugpassagieren kommt, ist in vielen kleinen Ländern, die sonst praktisch coronafrei sind allgegenwärtig. Ein gutes Beispiel ist Buthan. Dort kommen viele Einheimische von ihrem Arbeitsplatz im mittleren Osten zurück und seither steigen die positiven Fälle an. Allerdings hat es das Land scheinbar gut im Griff, da alle Einreisenden eine Quarantänezeit absitzen müssen. Auch hier auf Martinique, wo die wöchentlichen! Zahlen von fünf über drei auf zwei in der letzte Woche gesunken waren, stiegen die neuen positiven Fälle sprunghaft auf 15. Laut Bericht aus dem Morgennetz alles eingflogene Fälle aus Europa und Kanada.
Leider werden wir Segler gleich behandelt wie Flugreisende. Auf den Azoren dürfen z.B. ankommende Crews immer noch nicht an Land, egal ob sie gerade mehr als drei Wochen auf See waren und von einer Insel gestartet sind die eine handvoll Fälle hatte. So sind nun mal die Bestimmungen und basta. Schon traurig dass Politik mittlerweile so wenig mit gesundem Menschenverstand zu tun hat. Wenigstens dürfen wir hier im französischen Martinique wieder legal an den Strand und ein paar Restaurants haben nun auch wieder geöffnet. Langsam kehrt Normalzustand ein. Aber die Hurrikanesaison sitzt uns im Nacken. Jeder Tag beginnt erst einmal damit auf www.nhc.noaa.gov die Lage an der Cyclonfront abzuchecken. Drei benannte Stürme gab es schon dieses Jahr. Alle noch nicht so schlimm und weit von uns entfernt, aber die latente Gefahr wird größer. Falls doch ein Hurrikane kommt, während wir noch hier vor Ort sind, ist die einzige Möglichkeit rechtzeitig nach Süden zu segeln, raus aus der Hurrikanezone und auf See abzuwettern, bis die Luft wieder rein ist. In diesem Fall dürfen wir auch ohne Quarantäne wieder nach Martinique, das wurde schon vor zwei Monaten so kommuniziert. Also bleiben wir weiterhin in St. Anne und warten ab. Vielen geht es so wie uns. Die Ankerbucht ist fast so voll wie während der Wintersaison, mit dem einzigen Unterschied, dass keine Charteryachten vor Anker liegen. Dafür gibt es nun drei mal in der Woche morgens ein zweisprachiges Cruisernet auf Kanal 08, wo man mit neuesten Infos versorgt wird oder alte „Schätze“ aus der Bilge (tiefste Stelle auf dem Boot, bzw. Lagerplatz unter den Bodenbrettern) verkaufen kann. Ab und zu wird ein Quiz oder Musikquiz über Funk abgehalten und Samstags gibt es bei gutem Wetter ein Konzert von einem Boot mit Rock und Blues. Rythmus aus der Dose, Gitarre Saxophon und Gesang live. Selbst Covid-19 hat seine guten Seiten!

Sturmopfer?!

Sightseeing etwas anders

Martinique lockert ganz langsam seine Einschränkungen, die seit 17. März bestanden haben. Seit ca. einer Woche müssen sich Schiffe die den Ankerplatz wechseln wollen nicht mehr bei der CROSS AG (Behörde die die Gewässer um die Insel bewacht) melden. Man darf ohne Einschränkung nun innerhalb der 12 Seemeilenzone segeln, ebenso sind auch sämtliche Wassersportarten von Surfen, Paddeln über Schwimmen wieder offiziell erlaubt. Allerdings sind immer noch die meisten Strände auf Martinique geschlossen und es ist nicht erlaubt sich dort aufzuhalten. Die Srände fallen unter die Zuständigkeit der Bürgermeister, die argumentieren, sie hätten zu wenig Personal um die Einhaltung der Regeln zu kontrollieren. Nach dem Willen der Präfektur wären die Strände schon auf – und ganz ehrlich – da es im Augenblick wenig Touristen auf der Insel gibt wären die Strände sicher nicht sehr voll. Im Gegenteil, jetzt treffen sich die Einheimischen dafür auf Grillplätzen in den Bergen und in den frischen Bergflüssen zum baden. An den Stränden wäre viel mehr Raum für so viele Leute.

Leere Strände

Wir mieten uns für eine Woche sehr günstig ein Auto. Erstens möchten wir uns nochmal die Insel anschauen, zweitens sind unsere Vorräte ziemlich weggefuttert und wir möchten ordentlich bunkern. Es ist ja immer noch geplant nach Trinidad zu segeln und da können wir hier viel günstiger und besser einkaufen. So klappern wir erst einmal viele Läden ab: Intersport, Decathlon, Baumärkte, und natürlich die riesigen französischen Supermärkte von Hyper U und Carrefour. Das geht nur mit dem Auto, da alles verstreut in großen Industriegebieten nahe der Hauptstadt liegt. In den Geschäften herrscht das normale Getümmel wie vor Corona, allerdings halten sich geschätzt ca. 80% der Kunden an die vorgeschriebene Maskenpflicht und überall ist Desinfektionsmittel am Eingang aufgestellt, das zum einen rege benutzt wird und zum anderen überraschenderweise nirgends leer war.

Wenn uns der Trubel zuviel wurde, sind wir einfach aus der Stadt raus gefahren. Martinique gefällt uns prima (mit Ausnahme vom alltäglichen Verkehrschaos um die Hauptstadt Fort de France). Der Norden der Insel ist sehr bergig. Dadurch werden die ankommenden Passatwolken gestaut, die somit abregnen und den dichten tropischen Regenwald bewässern. Da wir leider teilweise schlecht zu Fuß sind, können wir keine großen Wanderungen unternehmen, doch auch die Straßen durch die Berge sind ein echter Genuss. Farne, Baumfarne und riesige Laubbäume säumen den Straßenrand und ganz toll sind die blühenden Helikonien deren scharlachroten Blüten in der Sonne leuchten. Im Nordwesten der Insel liegt die frühere Hauptstadt St. Pierre an den Hügeln des Vulkans Montagne Pelée, das bei einem Vulkanausbruch im Jahr 1902 vollständig zerstört wurde und heute ein eher verschlafenes Städtchen ist. Von dort kann man an der Küste entlang südlich fahren. Die Westküste zeigt sich in diesen Monaten extrem trocken, nur von verdorrten Bäumen und gelbem Gras bewachsen. Der Regen schafft es nicht über die Berge. Das wird wahrscheinlich erst im Sommer anders werden.

Wilde Orchideenblüte
An der Westküste

Der Süden der Insel ist nicht ganz so extrem unterschiedlich. Zwar ist auch hier der Osten grüner als der Westen, doch wird hier auch viel Landwirtschaft betrieben. Vor allem Bananen und Zuckerrohr werden auf weiten Feldern angebaut. Die Bananen werden exportiert, das Zuckerrohr in einer der vielen Destillen zu Rum verarbeitet. Gerne hätten wir noch die ein oder andere Rhumdestillerie angeschaut, aber diese haben alle noch geschlossen, genauso wie der botanische Garten. Letzteres ist mir total unverständlich und extrem schade, hat er doch eine sehr gute Reputation.

Rhum, Rhum, Rhum….

Auch blöd, dass die Restaurants immer noch geschlossen haben. So haben wir halt immer ein paar Brote und kalte Getränke mit dabei und versuchen nette Plätze, die nicht zu sehr frequentiert sind zu finden. Gleich bei Le Marin gibt es einen Picknickplatz mit schönem Blick in die Bucht. Dort sehen wir einen Frachter der gerade Motoryachten verlädt. Nicht gerade die preisgünstigste Variante um über den Atlantik zu kommen, aber in diesem Jahr auch bei Segelbooten sehr beliebt, da Corona den Zeitplan der ein oder anderen Crew völlig über den Haufen geworfen hat.

Schöner Picknickplatz

Zwar darf man nicht an die Strände, aber es gibt ein paar nette Wege im Süden der Insel, die daran vorbeiführen. Meist führt der Pfad durch Mangroven oder Mischwald, wo es viel im Unterholz raschelt…. Jetzt im Frühjahr werden an der Ost und Südostküste riesige Mengen an Sargassum angespült, das teilweise zu einer richtigen Plage geworden ist. Wenn es am Strand verrottet, duftet das nicht sehr lecker. Die Sargassumteppiche die weit in den Atlantik, teilweise bis vor die afrikanische Küste reichen, hatten auch wir auf unserer Atlantiküberfahrt im Mai letzten Jahres gesehen. Hier werden sie durch die östliche Strömung an den Antillen angeschwemmt.

Trockenen Fußes durch die Mangroven
Im Schlamm tummeln sich die kleinen….
… im Wald rascheln die großen Krabben
Einsiedlerkrebs
Kolibri
Angeschwemmtes Sargassum

One – Arthur

So, nun ist er da, der erste tropische Sturm in diesem Jahr. Es ist noch etwas früh, dennoch ist es nicht ungewöhnlich, dass sich im Mai die erste sogenannte tropische Depression entwickelt. Seit ein paar Tagen konnte man auf der amerikanischen Wetterseite der NOAA (www.nhc.noaa.gov) die Entwicklung mitverfolgen: zuerst war eine 40-60%ige Wahrscheinlichkeit dann eine 80% Wahrscheinlichkeit gegeben, dass sich ein tropisches Tief bildet, dann wurde tatsächlich eine tropische Depression daraus und bekam den Namen One – also die erste Formation in diesem Jahr – und nun wurde daraus ein tropischer Sturm mit dem Namen Arthur. Das Entstehungsgebiet lag etwa zwischen Kuba und Florida, mittlerweile ist der Sturm im nördlichen Teil der Bahamas und wird voraussichtlich weiter Richtung Nord – Nordost ziehen.

Wir bekommen hier auf den kleinen Antillen nichts von dem Sturm mit, aber Segler die gerade den Atlantik in Richtung Azoren überqueren, könnten ihn abbekommen. Wir hoffen, dass alle die gerade dort Unterwegs sind aktuelle Wetterdaten bekommen und notfalls etwas nach Süden ausweichen können.

Auch für uns heißt es ab jetzt brav jeden morgen erst einmal in die Hurrikanevorhersage anzuschauen. Dass so früh schon solch ein tropischer Wirbelsturm entsteht ist eher unwahrscheinlich, die allermeisten Hurrikane bilden sich im August und September, dennoch bestätigen auch hier die Ausnahmen die Regel. Da kommen wir automatisch zur Frage nach dem Wohin. Die Frage, wo man sich zur Hurrikanesaison verdrückt, ist jedes Jahr aktuell, aber heuer ist es eine ganze Ecke kitzliger. Im Zuge von Corona sind viele Grenzen dicht. Während in normalen Jahren um diese Zeit viele Segler schon auf dem Weg sind, stecken zur Zeit die meisten in dem Land fest, in dem sie sich aufgehalten haben, während die Länder ihre Grenzen geschlossen haben. Nur wenige Länder konnten überhaupt angelaufen werden. Martinique war eine große Ausnahme, hier konnten zumindest Schiffe mit EU-Flagge und EU-Crew relativ problemlos einklarieren (mit zweiwöchiger Quarantäne), nicht EU-Schiffe die schon im Land waren, wurden nicht weggeschickt. Die normale Wanderung nach Süden – Grenada oder Trinidad – ist nicht möglich, nach Norden in die USA oder Kanada nur sehr bedingt. So haben einige europäische Segler die den Sommer im westlichen Atlantik verbringen wollten, sich wegen der großen Unsicherheit kurzerhand entschlossen, doch über den Atlantik nach Europa zu segeln. Die Azoren haben sich auf die Segler eingestellt und zwei Häfen „geöffnet“. Die Crew darf nicht an Land sonder muss im Hafenbecken ankern, bzw. am Quarantänesteg anlegen, aber man bekommt Lebensmittel und Wasser ans Schiff und darf auch Diesel tanken. Nach zwei Tagen muss offiziell wieder abgelegt werden, aber nach neueren Berichten darf man auch länger liegen bleiben, wenn z. B. das Wetter zu schlecht zum Auslaufen ist. Auf der Seite des TO ( www.trans-ocean.org ) kann man einige Schiffe virtuell bei der Atlantiküberquerung begleiten….

Wir hatten geplant, die Hurrikanesaison in Trinidad zu verbringen. Piccolina soll nach zwei Jahren dringend mal wieder gekrant werden und wir haben uns dort die Facilities ja schon angeschaut und gesehen dass die Werften eine recht professionelle Arbeit machen. Der Krantermin war schon gebucht, als die Coronakrise ihre Schatten auch auf die Karibik warf. Nachdem nun zwei Monate alles dicht war, hört man leise Stimmen, die darauf hoffen lassen, dass sich die Inseln langsam wieder öffnen. Die meisten Inseln der kleinen Antillen hatten nur eine handvoll Krankheitsfälle. Durch die rasche Schließung der Grenzen bzw. streichen der internationalen Flüge und Lockdown-Maßnahmen konnten fast überall große Ausbrüche verhindert werden, so dass einige Inseln mittlerweile keine aktiven Fälle mehr melden. Dennoch herrscht natürlich Unsicherheit. Wie es aussieht müssen wir mit einer zweiwöchigen Quarantäne rechnen, aber wir hoffen Ende Juni weiter in den Süden segeln zu dürfen.

Derweil sind wir wieder umgezogen. Nachdem wir acht Wochen in der idyllischen Petit Anse d’Arlet geankert haben, sind wir wieder nach St. Anne bzw. Le Marin gesegelt. Aus geplanten drei Stunden wurden kurzerhand sieben, da wir die ganze Strecke gegenan kreuzen mussten, bei überraschend hoher Welle. War doch eine recht ruppige Fahrt. Hier können wir wieder im richtigen Supermarkt einkaufen und endlich! seit acht Wochen wieder in einen Waschsalon. Da wir keine Waschmaschine an Bord haben war die letzten Wochen Handwäsche angesagt….

Adieu Anse d’Arlet
Blitzsauberer Waschsalon in Le Marin

Ach übrigens – unsere Gasflaschen sind wieder gefüllt. Nun können wir wieder nach Herzenslust kochen und backen.

Frische Würstchen vom Metzger mit Kartoffelsalat

Gas-Run

Wie wohl die meisten Segelboote auch, kochen wir auf der Piccolina mit Gas. Für uns hat es viele Vorteile, es (ver)brennt sauber, es kann am Herd sehr genau eingestellt werden, die Hitze ist schnell da, aber auch gleich weg, wenn die Flamme auf klein gestellt wird. Nach einer Umstellungsphase vom normalen Cerankochfeld zuhause, koche ich viel lieber mit Gas. Es hat natürlich auch seine Nachtteile. Die Gasflaschen dürfen nicht im Innenraums des Schiffs gelagert werden, sondern brauchen eine Entlüftung außerbords, da Gas schwerer ist als Luft und sich somit an der tiefsten Stelle im Boot, der Bilge, sammeln könnte, falls ein Gasleck besteht. Der Herd hat natürlich automatische Absperrventile, damit kein Gas ausströmt, wenn die Flamme ausgeblasen wird, direkt hinter den Gasflaschen ist bei uns ein elektrisches Ventil installiert, das wir vom Herd aus bedienen können. So ist sichergestellt, dass kein unerwünschtes Gas aus den Flaschen unerkannt ins Boot strömen kann (mal abgesehen davon, dass das Gas mit einer stinkenden Substanz parfümiert ist, die in Spuren zu riechen ist). Unsere Gasflaschen sind vorne im Ankerkasten untergebracht. Ziemlich bescheuert, aber vom Hersteller so installiert (nachfolgende Boot der gleichen Werft haben eine wesentlich bessere Lösung). So sehen unsere deutschen Stahlgasflaschen, die wir nun seit ca. drei Jahren mit uns herumfahren aus, als wären sie fünf mal so alt, bekommen sie bei strammen Überfahrten immer wieder mal etwas Salzwasser ab. Das mag Stahl überhaupt nicht. Aber da wir ja immer in anderen Ländern unterwegs sind, können wir die Gasflaschen nicht mehr tauschen, da selbst in Europa fast jedes Land einen anderen Gewindeanschluss hat, ganz zu schweigen vom Rest der Welt (das wäre doch mal eine sinnvolle Aufgabe der EU, das zu Vereinheitlichen! ). So sind wir also darauf angewiesen, unsere deutschen Flaschen füllen zu lassen. Wenigstens sind wir nicht auf ein Gas beschränkt. Da wir Propangasflaschen haben, kann auch Butan oder LPG gefüllt werden, da Propan einen höheren Dampfdruck als Butan hat und unserem Herd ist es ziemlich egal. In einigen Ländern ist es überhaupt kein Problem ausländische Gasflaschen füllen zu lassen, ist eine Marina in der Nähe, braucht man oft nicht einmal einen Adapter, da die Füllstationen auf andere Gewinde eingestellt sind und Adapter haben. So z.B. auf Gran Canaria oder Teneriffa, in Galizien, Surinam, Grenada oder in Mindelo auf den Kap Verden. Leere Gasflasche abgeben, am nächsten Tag die volle Flasche abholen, manchmal dauerte es auch nur ein paar Minuten, und wir konnten die frisch gefüllten Stahlzylinder gleich wieder mitnehmen.

Doch es gibt auch Länder in denen es verboten ist, ausländische Gasflaschen zu füllen. So z.B. in Portugal, wo wir unsere erste eigene Füllaktion starten mussten. Auch in Frankreich ist es verboten. Fremde Flaschen werden nicht gefüllt. Gut wenn man dann seine eigenen Adapter dabei hat. Kurz nach unserer Ankunft in St. Anne füllten wir unsere beiden deutschen 5kg Gasflaschen mittels einer großen französischen. Die erste Füllung dauerte knapp 30 Minuten, dann war der Gaszylinder gefüllt, doch bei der zweiten Flasche wollte es nicht so recht klappen. Dabei ist es eigentlich recht einfach: die zu füllende Flasche unten, die volle Flasche auf den Kopf gedreht darüber gehängt. Nun werden die beiden Flaschen mittels eines Druckschlauches verbunden. Zuerst den oberen Zylinder vorsichtig aufdrehen, dann den unteren, somit ist ein Vereisen eines Ventils unwahrscheinlicher. Wer möchte kann auch die Verschraubungen mit Lecksuchspray auf Undichtigkeiten prüfen und natürlich sollte der Füllvorgang an einer gut belüfteten Stelle erfolgen, so dass, sollte doch mal etwas Gas ausströmen dieses nicht ins Bootsinnere gelangen kann. Mittels einer elektronischen Flaschenwaage kann der Füllvorgang einfach überprüft werden. Doch warum floss kein Butan in unsere zweite Gasflasche? Im Gegenteil, hatte der Stahlzylinder eher ein wenig an Gewicht verloren, als wir ihn an das Butan anschlossen. Nach einigem Hin und Her, wurde uns der Grund klar: besagter Zylinder hatte noch eine Restmenge Propan intus. Nun hat Propan einen ca. 8 fachen Dampfdruck im Vergleich zu Butan. Also egal was wir machen, der Druck in der Propanflasche ist viel höher als der in der Butanflasche. Da geht mit nix mit füllen durch Schwerkraft. Letztlich konnten wir die zweite Flasche erst füllen, als das Propan verbraucht war, was unsere Theorie untermauert. Sollte noch ein Rest Butan in der zu füllenden Flasche sein, dürfte es wohl keine Schwierigkeiten machen.

Füllaktion in St. Anne

So eine 5 kg Flasche Gas hält bei uns meist 5-6 Wochen. Allerdings sind nun zu Coronazeiten die Bedingungen etwas verschärft. Wir backen viel Brot selbst, da wir nur selten an Land gehen und da wir viel Zeit haben, werden die Gerichte eher etwas aufwändiger in der Zubereitung. Deshalb waren wir uns einig, dass die zweite Flasche die nun schon in Betrieb war, sicher nicht so lange hält. Als wir am Samstag beim Einkaufen im Dorf waren, hätten wir gerne eine französische Gasflasche an der Bar am Eck mitgenommen, aber: alle Flaschen sind leer, die neue Lieferung kommt in der nächsten Woche. Soweit so gut….

Alle Gasflaschen sind leer…

Dann am Montag morgen, kurz bevor der Frühstückskaffee fertig ist die Meldung: „Das Gas ist aus“ – Puuuhhh! Aber wir hatten es ja geahnt. Also machen wir bald unser Dinghy klar und fahren damit in die nächste nördlich gelegene Bucht, die Grande Anse d’Arlet. Mit dem kleinen Gummiboot raus aus der geschützten Bucht ist schon ein komisches Gefühl. Das geht nur wennn es wenig Wind und Welle hat, so wie heute, und selbst jetzt schiebt uns der Schwell ganz ordentlich von hinten an. Aber bald sind wir an der Huk vorbei, die Wellen bleiben hinter uns und vor uns liegt die Ankerbucht. Hier liegen mindestens 4 mal so viel Boote wie unserer Bucht, am Ufer gibt es viele (geschossene) Restaurants und Cafes. Ist bestimmt sehr nett und viel los bei normalen Verhältnissen. Im Ort gibt es einen kleinen Laden, der Gasflaschen verkauft, aber auch hier – kein Gas. Der Nachschub komme vielleicht morgen, heißt es auf unsere Anfrage. Tja – zwei Tage keinen Kaffee oder Tee, keine Frühstückseier und nur kalte Küche? OK, es wäre nicht dramatisch, aber halt auch nicht lecker.

Schwell bricht sich am Ufer
auf dem Weg in die andere Bucht
Ein Teil der ankernden Boote
Weiter vorne wirds wellig….

Nun, so ein Boot ist ja nicht ganz klein – und man fährt so allerhand mit sich spazieren, was man denn so brauchen könnte. Rolf kam da eine Idee…. die nach Recherche im Internet etwas verfeinert wurde…. und kaum eine Stunde später kochte das Wasser in unserem Wasserkessel!! Yippih! Hier die Lösung: Man nehme eine Aludose – wir opfern uns und trinken gleich mal ein Lorraine – schneidet den Boden dreifingerhoch ab. Das Oberteil wird auch abschnitten, ein klein wenig höher. Der Deckel wird entfernt und die Wandung des Oberteils wird eingeschnitten damit die Teile leichter ineinanderpassen. Aus dem übrigen Mittelstück wird ein „Kamin“ gefertigt der etwas kleiner im Durchmesser ist und in den oberen und unteren Dosenfalz passt. Der Kamin bekommt unten acht Löcher, das Oberteil 16. Nun wird der Brenner mit ca. 25ml Brennspiritus gefüllt und angezündet. Die Flüssigkeit fließt durch die unteren Löcher im Kamin in den Zwischenraum von Kamin und Unterteil der Aludose. Durch das Erwärmen des Spiritus, verdampft dieser und tritt durch die oberen Löcher aus, wo er auch zu brennen anfängt. Bei uns war etwas feintuning in Bezug auf die Lochgröße nötig, aber nun haben wir eine Notlösung die nicht nur zum Wasserkochen reicht….

Wir schnitzen uns einen Kocher
Fertig!
Gleich gibt’s Kaffee