Ein Schlauchboot auf dem Rücken und festen Boden unterm Boot

Ein paar Tage liegen wir schon vor Hillsborough, der kleinen Stadt an der großen Bucht im Nordwesten von Carriacou. Auch einige andere Boote haben hier ihren Anker fallen gelassen, viel mehr als vor knapp einem Jahr als wir schon einmal hier gelegen sind, aber die Bucht ist weitläufig und es gibt viel Platz, so dass immer genügend Abstand zwischen den Yachten bleibt. Am großen Anleger vor dem Städtchen, der schon etwas in die Jahre gekommen ist, kann man seitlich an einem kleinen Betondock auf Meereshöhe mit dem Dinghy anlanden und kommt über eine wacklige Treppe auf den Anleger und in die Stadt. Mitunter läuft etwas Schwell in die Bucht, aber im Großen und Ganzen liegt man gut vor Hillsborough. Es gibt ein paar kleine Supermärkte, einen Delishop mit etwas Wurst, Käse und anderen Leckereien, die kaum in den anderen Geschäften zu bekommen sind. Es gibt Läden für Obst und Gemüse, oder man kauft frische Früchte an einem Straßenstand und es gibt einen Fischmarkt mit fangfrischen Fisch oder Lobster. Falls man nicht selbst kochen möchte gibt es ein paar einfache Restaurants oder Take aways – keine so große Auswahl wie in der Tyrell Bay im Südwesten – aber durchaus gut und preiswert, genauso wie die Kneipen und Bars in der Stadt. Direkt am Strand gibt es auch eine Kneipe die West Indies Brewery Bier im Angebot hat….yummi!

Eines Nachts werden wir geweckt von einer mächtigen Windböe, die Piccolina auf die Seite legt und uns fast aus dem Bett kullern läßt. Dem lauten Brummen von Winfried unserem Windgenerator zu urteilen, müssen das um die 50 Knoten gewesen sein. Winfried findet nämlich mehr als 30 Knoten Wind etwas lässtig, verdreht durch den Winddruck die Steigung seiner Flügel und fängt dann an zu brummen. Je mehr Wind, desto lauter und diese Böe war mit Sicherheit das Maximum was er bis jetzt auf die Nase bekommen hat. Nach ein paar Sekunden ist es wieder ruhig, wir liegen im Halbschlaf in der Koje und hören noch einige Windböen heranrauschen, aber die sind nicht mehr so kräftig und alles ist im grünen Bereich. Wirklich alles? Das Dinghy hatten wir am Vorabend hinters Boot gelascht, aber irgendwie platscht es nicht so eigentümlich vor sich hin wie sonst. Irgendwie lässt es mir keine Ruhe und ich möchte schauen ob auch sonst alles OK ist um uns herum. Also raus aus der Koje und den Kopf aus dem Cockpit gestreckt. Alles gut. Das Dinghy schwimmt friedlich hinter Piccolina – doch äähm da ist ein zweiter Blick fällig bei der stockdunklen Nacht – unser Gummieboot liegt kopfüber im Wasser. Das hätte ich kaum für möglich gehalten, doch es läuft schon etwas Welle in die Bucht, wodurch offensichtlich unser Dinghy schon etwas gekippt wurde und der Windböe genügend Angriffsfläche bot um es vollständig umzuwerfen. Gar nicht gut. Wir mühen uns eine Viertelstunde ab, um unser Beiboot mitsamt dem Außenborder wieder in eine normale Position zu bekommen. Wenigstens kann so nicht noch mehr Wasser in den Motor eindringen.
Nach einer ereignislosen Restnacht gilt am Morgen unser Aufmerksamkeit erst einmal unserem Dinghymotor. Vor Anker ist das Schlauchboot unsere Verbindung an Land. Ohne geht nix. Klar hat unser Gummiboot auch Paddel,  aber bei viel Wind und Welle kommt man da kaum noch vorwärts. Hier muss man sich auf den Motor verlassen können. Also Zündkerze raus. Kaum zieht Rolf am Starterkabel spuckt der Motor eine ordentlich Menge Salzwasser. Nicht was wir erhofften, jedoch was wir erwartet haben. Und so verbringen wir die nächsten Stunden mit diversen Ölwechsel und Spülen des Vergasers und sind heilfroh, dass der Probelauf positiv ausfällt. Alles noch mal gut gegangen. Nur drei Tage später, wir sind derweil in die nahegelegene Tyrell Bay umgezogen, steuern wir gleich früh morgens den Slipbereich der dortigen Bootswerft an. Wir haben unseren Krantermin. Die Zufahrt ist etwas versteckt, dafür ist die Box beim Kran riesig, genauso wie der Travellift selbst. Für 150t ist er zugelassen, dagegen ist unser Piccolina ja ein richtiges Leichtgewicht. Knapp zweieinhalb Jahre war unsere Kleine nun am Stück im Wasser. Dennoch sind wir ganz zufrieden, wie sie aussieht. Natürlich haben wir den Rumpf unter Wasser oft mit der Bürste geschrubbt, da es hier sonst wächst wie der Teufel, das geht allerdings durch unser Langzeitantifouling ganz gut. Und so ist fast nur etwas Schleim, ein paar Seepocken und deren Rückstände am Unterwasserschiff. Dennoch gibt es einiges zu tun. Und schon am ersten Tag entdecken wir eine unliebsame Überraschung in Form eines kaputten Seeventils, dem sich noch ein zweites hinzugesellt. Die Ventile wurden allesamt vor erst vier Jahren getauscht, sind aus Bronze und sehen auch alle noch top aus, keine Korrosion….bis auf eine kleine Nase, die vorne am Hahn sitzt und die Kugel im Ventil öffnet und schließt. Einfach wegkorrodiert, oder unbrauchbares Material? Wie auch immer, die Kugel lässt sich nicht mehr drehen. Das ist ein absolutes No Go und somit bauen wir zwei neue Ventile ein.
Ansonsten wird Piccolina mal wieder richtig aufgehübscht. Der Propeller wird vom Bewuchs befreit und auf Hochglanz poliert, das Unterwasserschiff angeschliffen, einige Stellen Antifouling ausgebessert und das Gelcoat wird gesäubert und poliert. Wir sind froh, um diese Jahreszeit an Land zu stehen. Selbst nun, Anfang Dezember ist es noch heiß und schweißtreibend am und im Boot zu arbeiten, aber wenigstens halten sich die Stechmücken in Grenzen. Die Regenzeit geht dem Ende entgegen und es regnet nicht mehr so häufig. Gut so, denn wenn es regnet steht der ganze Platz unter Wasser und da das Werftgelände nicht geteert ist, sondern nur der pure Sandboden, ist das jedes Mal eine elendige Schlammschlacht. Wir sind froh, als wir nach fast zwei Wochen wieder ins Wasser kommen. Da wir auch in der Marina keinen Strom und kein Wasser gekauft haben (Wasser kostet dort 0,30 US$ pro Gallone = 3,8l !) können wir nun unseren Tank wieder mit gutem selbstgemachten Wasser füllen. Strom produzieren wir z. Z. genügend, bei bestem Sonnenschein und einer frischen Brise, die unserm Winfried gefällt.
Jetzt heißt es noch das Boot aufräumen, viel Wäsche waschen und noch ein paar Kleinigkeiten erledigen, dann hoffen wir, dass nicht gleich wieder irgendwelche unerwarteten Dinge auf unsere To Do Liste kommen….

Wasser-Öl Mischung
Im Schatten lässt sich gut liegen
…soooo faul….
Fertig zum Launch

Sie schwimmt wieder – herrlich
Und sieht auch wieder hübsch aus

Lust und Frust auf Ronde Island

Grenada ist ein Inselstaat und neben den drei bewohnten Inseln (Grenada, Carriacou und Petit Martinique) gibt es noch eine ganze Reihe Inseln und Inselchen. Ronde Island gehört zu den etwas größeren. Anscheinend ist die Insel, die zwischen Grenada und Carriacou liegt in Privatbesitz und wurde vor einigen Jahren für 100 Millionen Dollar zum Kauf angeboten. Allerdings wurde nicht bekannt ob ein Besitzerwechsel stattgefunden hat. An der Südküste leben zumindest zeitweise ein paar Fischer, ansonsten ist die Insel nicht bewohnt.
Ein herrlicher Segeltag mit Wind aus Südost bringt uns von St. George’s (Grenada) zu einer Bucht an der Westküste von Ronde Island. Nur ein Katamaran liegt bei unserer Ankunft vor Anker, doch nach und nach kommen noch ein paar Boote und nutzen die angesagten guten Bedingungen, um hier ein paar Tage zu verbringen. Einige Riffe, die zum Schnorcheln einladen, säumen die Küsten der Insel, es gibt ein paar Sandstrände, das Innere der Insel ist dichter Wald.
Wir genießen die Zeit und gehen vom Boot aus auf ausgiebige Schnorcheltouren. Die Unterwasserlandschaft ist interessant und fischreich, aber leider nicht so klar wie wir uns das gehofft hatten. Dennoch sehen wir Rochen, Schildkröten und viele bunte Rifffische.
Gleich am zweiten Tag verkaufen uns Fischer einen frischen Lobster, den wir uns am abend mit einem Glas Weißwein schmecken lassen, danach genießen wir einen wunderbaren Sonnenuntergang. Doch die Freude gewährt nur wenige Tage. Eines abends kommt Schwell aus Westen auf und beschert uns eine unruhige Nacht. Es klappert in den Schränken und wir rollen fast aus dem Bett, so sehr schaukelt Piccolina. Am Morgen sehen wir lange Wellen von teilweise über einem Meter Höhe in die Bucht laufen. Die Entscheidung ist schnell gefallen. Nach einem kurzen Frühstück gehen wir Anker auf, setzen Segel und Kurs auf Carriacou im Norden. Fast gelingt es uns direkt die große Bucht vor Hillsborough anzulegen, nachdem der Wind immer mehr rückdreht, nur zwei kleine Holeschläge benötigen wir. Kurze Zeit später liegen wir bei 6 Meter Wassertiefe vor dem kleinen Städtchen Hillborough.

Ein Kofferfisch inspiziert unsere Ankerkette
Ganz frischer Lobster
20 Minuten später….
Klasse Sonnenuntergang vor Ronde
Am nächsten Morgen steht Schwell in die Bucht
Also auf nach Carriacou

Hurricaneseason in Grenada – unser Fazit

Offiziell ist der letzte Monat angebrochen. Am 30. November ist Schluß mit der Hurrikan Saison. Nicht alle Stürme in den vergangenen Jahren haben sich daran gehalten, es gab auch mal echte Nachzügler, die sich sogar bis in das neue Jahr hinein hielten. Aber wenn man die Verteilungkurven der tropischen Stürme im Nordatlantik anschaut ist ein ganz deutliches Maximum zwischen Anfang/Mitte August und Mitte September zu erkennen. Und die diesjährige Hurrikan Saison war da keine Ausnahme, jedoch war es ein ausgesprochen aktives Jahr. Schon im Mai wurden zwei benannte Stürme verzeichnete – also noch vor dem offiziellen Beginn der Saison – und im September war das Alphabt durch (allerdings werden nur 22 Buchstaben verwendet). Ist dies der Fall, werden die weiteren Stürme im entsprechenden Jahr nach dem griechischen Alphabet benannt, Alpha, Beta, Gamma…. Vor wenigen Tagen traf Kategorie 4 Hurrikan Eta auf Nicaragua – der 28.te Sturm in diesem Jahr.
Hier in Grenada bekamen wir wenig mit von den Stürmen. Der einzige, der etwas Aufregung brachte war Gonzalo (siehe den Blogbeitrag vom Juli), der aber letztendlich doch eine südlichere Zugbahn nahm und sich kurz vor Trinidad auflöste.
Natürlich galt in den letzten Monaten morgens immer der erste Blick der Hurricane Vorhersage von NOAA, dem Wetterdienst der USA und es gab durchaus einige spannende Tage, wenn schon weit im östlichen Atlantik eine tropische Deppresion entstand, wie sich wohl die Zugbahn entwickeln würde. Schließlich hielten sich praktisch alle Cyclone an die Berechnungen und nahmen einen nordwestlichen Kurs, bevor sie die Antillen erreichten. Das ist nicht ganz selbstverständlich, zog doch vor 16 Jahren der Hurrikan Ivan über Grenada und verwüstete die Insel. Viele Inselbewohner bekommen jetzt noch Gänsehaut, wenn sie sich an dieses Ereignis erinnern.
Aber es sind nicht nur die Stürme, die die Sommer in der Karibik prägen. Zum einen schwächt sich der Passat ab, bzw er verschiebt sich weiter in den Norden, so dass oft wenig oder kein Wind über die südlichen Inseln streicht und mit der Sonne im Zenit (der Wendekreis ist ja etwas nördlich der Antillen) steigen auch die Temperaturen im Vergleich zu den Wintermonaten nochmals an. Tagsüber ist das gar nicht so sehr bemerkbar, aber nachts kühlt es praktisch nicht mehr ab, da sich das Wasser auf 30°C erwärmt und somit einen riesigen Wärmespeicher bildet. Auf dem Boot werden die Temperaturen fast unerträglich, da ohne Wind kaum Luftaustausch stattfindet und die Luftfeuchtigkeit liegt sowieso immer jenseits der 75%. Somit war für uns der September ein quälend heißer Monat und schon der Gedanke an Arbeit ließ den Schweiß rinnen. Auch auf Kochen auf dem Boot hatten wir wenig Lust und so gab es öfter gegrilltes Chicken, Wraps oder Burger in Bars oder Restaurants in der Nähe. Nicht immer kulinarische Highlights, aber es macht satt, man ist drausen und im Boot wird es nicht noch heißer.
Grenada gefällt uns beiden hervorragend. Die Einwohner sind sehr freundlich und nett, man hört extrem selten laute oder agressive Stimmen, obwohl gern Alkohol getrunken oder auch mal was geraucht wird. Auf der Straße wird immer gegrüßt und es herrscht eine ausgesprochen positive Stimmung. Selbst zu Zeiten von COVID fühlen wir uns hier Willkommen. Und Grenada hat schon Ende Mai, das geschafft, was viele große Nationen immer noch nicht zu Stande bringen. Als sich die Hurricanesaison näherte, gewährte der kleine Inselstaat vielen Seglern Zuflucht. Die Einreisebestimmungen beinhalteten eine 14-tägige Quarantäne – aber hey – wir Segler bringen unser Quarantänebehausung ja gleich mit uns mit. Und so durften etwa 50 Segelboote pro Woche hier einreisen, sich im definierten Quarantäne Ankerfeld einen Platz suchen und dann die zwei Wochen bis zum Test abwarten. Grenada hat einen guten Job gemacht, die Insel war sicher vor dem Virus und wir sicher vor den Stürmen. Auch die Azoren haben mittlerweile gute und nachvollziebare Einreiseformalitäten. Wenn Freizeitboote nachweislich über zwei Wochen auf See unterwegs waren, dürfen sie nun direkt einreisen, wenn kein Segler Sympthome aufweist. So kann es gehen. Warum schaffen das andere Nationen nicht? Weil es auf die paar Segler nicht ankommt? Wahrscheinlich bringen wir für diese Länder zu wenig Geld mit ins Land…
Wir waren gern in Grenada. Trotz Hitze und überfüllten Bussen, dafür entschädigte der Charme der Menschen, die unglaublich grünen Berge, die bunten Häuschen, Strände mit kristallklarem Wasser (es gibt aber auch viele trübe Ankerbuchten!) und herrliche Ausblicke.
Natürlich haben wir auch hier wieder sehr interessante und nette Segler getroffen, mit dabei Chas und Monika, die seit 30 Jahren mit dem Boot unterwegs sind. Aber die zwei haben nicht nur viel von ihrer Weltumsegelung zu erzählen. Chas Gerretsen ist ein berühmter Fotograf. Seine bekanntesten Bilder stammen vom Vietnamkrieg und aus der Pinochet Aera in Chile. In den 70er reiste er viel durch Südamerika und in den 80ern hatte er in Hollywood viele Filmstars vor der Kamera. Im nächsten Frühjahr soll eine Biografie veröffentlicht werden und wer im nächsten Sommer nach Niederlande reist kann ab Juni seine Austellung im Nederlands Fotomuseum in Rotterdam besuchen. Einen kleinen Vorgeschmack gibt es auf Instagram unter „chasgerretsenphoto“  – schaut mal rein!
Auch mit unseren amerikanischen Freunden Julia und L.J. verbrachten wir viel Zeit und so manche Stunde in der Brewery, aber es ist fraglich ob wir die beiden – ebenso wie Monika und Chas irgendwann mal wieder sehen, wenn wir hier unseren Anker hochholen. Dabei haben wir die beiden Yachten nicht in Grenada kennengelernt, sondern in Trinidad und Martinique. Andere Bekannte sind schon weiter gezogen, Carriacou, Dominica, Curacoa… Doch das Reisen ist komplizierter geworden. Oft muss man sich vorher bei den Ländern „anmelden“ und / oder ein negatives Testergebniss mitbringen. Jedes Land hat nicht nur eigene Regeln, sondern ändert diese auch schneller als man schauen kann. Wir werden uns noch ein paar Wochen auf grenadischem Hoheitsgebiet herumtreiben. Erst einmal rum ums Eck vor die Westküste, dann hoch nach Carriacou – mal wieder schnorcheln in türkisblauen Wasser. Danach werden wir sehen, wohin der Wind uns treibt.Letztendlich haben wir die Sommermonate gut verbracht in Grenada, aber ob wir nochmals eine Hurrikansaison in der heißen Karibik verbringen möchten, steht noch in den Sternen.
Ach ja, übrigens kann jetzt kurz vor unserer Abfahrt DHL plötzlich auch wieder Post nach Grenada schicken – das hätte denen auch früher einfallen können! Das wäre für uns wesentlich leichter gewesen, da wir uns Teile hätten schicken lassen können, denn auf der 110.000-Einwohner-Insel ist vieles schwierig oder gar nicht zu bekommen. P.S. Da ich momentan leider nicht aktiv auf meine Homepage komme, noch ein paar Bilder ohne Kommenar im Anhang

Ein frisch gegrillter Snack von „Wet“ geht immer
Kein „social distance“ in den Bussen
Typisch farbenfrohes Haus auf Grenada
Blick auf die Woburn Bay im Süden Grenadas, im Hintergrund ein fetter Squall
Die Locals sind fast immer gut drauf!
Blick auf Hinterland

Von unsicheren Plänen und unmöglichen Päckchen

Von unseren Segelfreunden Julia und L.J. lernten wir ein Sprichwort über das Pläneschmieden beim Segeln: “ plans are written in the sand at low tide“ – zu deutsch: “ Pläne werden bei Niedrigwasser in den Sand geschrieben“. Es ist ganz normal für Segler sich nicht an ursprünglich erdachte Pläne zu halten, sondern diese an die jeweilige Situation anzupassen, oder zu ändern, aber zu Coronazeiten haben die Planänderungen eine ganz neue Dimension bekommen. Jetzt werden keine Pläne mehr geschmiedet, sondern Möglichkeiten erkundet. Welche Grenzen sind auf? Wie groß ist der Aufwand selbst bei „geöffneten“ Grenzen in ein Land einzureisen? Wie sehen gerade die COVID- Zahlen dort aus, welche Einschränkungen gibt es? Dank Internet kann man das alles (teilweise mit erheblichem Zeitaufwand) recherchieren, doch die Halbwertzeit der jeweiligen Bestimmungen ist genau proportional zur steigenden Anzahl an aktiven Fällen in den Ländern, somit ist auch hier vieles in den Sand geschrieben. Dennoch machen wir uns Gedanken, wo wir diese Wintersaison segeln können, aber auch, wo wir die nächste Hurrikansaison verbringen möchten. Das ist zwar noch lange hin, aber so ein paar grundsätzliche Gedankenspiele beschäftigen uns jetzt schon, da wir uns nicht sicher sind, ob wir nochmal einen Sommer in diesem Klima verbringen wollen. Die UV-Strahlung ist unglaublich Materialermüdend, durch die schweißtreibenden Temperaturen werden Wartungsarbeiten gerne mal verschoben, nachts kann es schon mal vorkommen, dass man wegen angehender Überhitzung eine Zeit lang raus ins Cockpit liegt und manche Schönheitsreperaturen wie Lackierarbeiten sind bei der Luftfeuchtigkeit kaum auszuführen. Aber wenn wir wirklich für den Sommer aus dieser Klimazone raus möchten, gibt es eigentlich nur zwei akzeptable Möglichkeiten: erstens die amerikanische Ostküste rauf mindestens bis zur Chesapeak Bay oder zweitens zurück ans europäische Festland, am besten über die Azoren. Die dritte Möglichkeit nach Südosten zu segeln um die östliche Ecke von Brasilien ist uns zu beschwerlich und Coronabedingt gerade keine Option. Wie gesagt sind es noch ein paar Monate bis wir uns entscheiden müssen, aber vielleicht ist es ganz gut sich mal mit den Möglichkeiten auseinanderzusetzen.

Nicht nur das Reisen an sich ist zu COVID-Zeiten mühsamer. Als wir noch im Frühjahr in Martinique im Lockdown gesteckt sind, hatten wir die Idee, uns die bestellten Teile die ursprünglich unser geplanter Besuch aus Deutschland mitbringen wollte einfach schicken zu lassen. Aber siehe da, DHL lieferte zu vielen Karibikstaaten keine Pakete mehr. Nun sollte man meinen: klar, so Kleinstinseln wie Monserrat oder St. Eustatius sind davon betroffen, aber Martinique oder Gouadeloupe gehören ja zu Frankreich, sollten also kein Problem sein…. Pustekuchen. Alles auf rot – nichts wird verschickt. Nun sind wir seit drei Monaten in Grenada, und auch wenn mittlerweile auf der DHL Liste ein paar Länder mehr den grünen Status bekommen, Grenada, Martinique und Guadeloupe bleiben beharlich auf rot. Wir könnten uns das Paket nach Trinidad und Tobago schicken lassen – unser ursprüngliches Ziel für die Hurrikansaison, aber diese Grenze ist seit Monaten dicht. In der Annahme, dass Geschäftskunden vielleicht anders gehandhabt werden, hatten wir in Deutschland Reißverschlüsse für unser Lazy Bag bestellt, die hier nicht bzw. nur sündhaft teuer zu finden waren. Wir hatten uns schon gefreut, als wir die Trackingnummer bekamen und das Päckchen im Sortierzentrum war. Doch das war zu früh gefreut, die Bestellung ging zurück zum Absender. Letztlich halfen uns amerikanische Freunde aus der Patsche. Nachdem wir die Reißverschlüsse in den USA bestellten, konnten wir sie in einem Sammeltransport von Miami mitschicken lassen. Etwas zeitaufwändig, dafür kostengünstig. Allerdings müssen wir demnächst auf jeden Fall in ein Land verholen, wo wir Post empfangen können, denn wir brauchen ein paar dringend benötigte Teile aus Deutschland ..
Während den letzten zwei, drei Wochen, wurden die Temperaturen in der Karibik wieder angenehmer, nachts kühlte es ein wenig ab und der Passatwind stellte sich wieder häufiger ein. Langsam erwachen die Lebensgeister. Der Motor von Piccolina wurde gewartet und hat nun frisches Öl, neue Filter und Impeller. Das Lazybag besitzt nun zwei neue Reißverschlüsse, 4,5m lang. Übrigens ein gutes Beispiel um aufzuzeigen wie aggressiv die Sonne hier ist. Um die Reißverschlüsse besser handhaben zu können, schauten die Enden derselben etwas aus der Segeltasche heraus. Leider haben wir erst in Suriname bemerkt, dass der Stoff der Reißverschlüsse nicht UV stabil ist. Obwohl wir diese Stellen mit UV Schutz beklebten, war es zu spät und der Reißverschluss riss ein paar Monate später trotz vorsichtigem Umgang ab. Nun ist alles sonnengeschützt eingenäht und wir hoffen, dass es jetzt länger hält.

Ein Teil fehlt – so viel UV ist ein Killer
Mühsam von Hand genäht – 6x 4,5 Meter
Jetzt ist’s wieder gut

Grenada – was man kriegt, was man liebt, was man isst und was man vermisst…

Das ganze Jahr über tropische Temperaturen, üppige Regenfälle im Sommer, fruchtbare vulkanische Erde – das sind die Faktoren für das dichte Grün auf Grenada (wie auf den meisten karibischen Inseln). Die Vielfalt der Tropenfrüchte ist klasse und der Geschmack nicht mit Zuhause zu vergleichen. Hier wird das Obst reif geerntet und somit ist es richtig lecker. Es gibt fliegende Händler, die ein nur paar Mangos, Chenet oder einfach etwas Zimt verkaufen, an den Straßenecken gibt es kleine und große Stände mit unterschiedlichem Angebot, aber auch im Supermarkt gibt es gute lokale Früchte und Gemüse zu kaufen. Vieles kennt man von heimischen Obstregalen – Ananas, Bananen, Limetten, Mango, Papaya, Granatapfel und Sternfrucht sind mittlerweile fast Standardangebot in Deutschland. Hier in Grenada gibt es dafür viele verschiedene Sorten Mangos – so wie es zuhause eben verschiedene Apfelsorten gibt. Es gibt ganz kleine mit furchtbar vielen Fasern, aber sehr süß, ovale oder runde, gelbe, grüne oder rötliche mit einem lilanen Touch. Im Supermarkt sind sie mit Namen beschriftet: Julie, Ceylon, Imperial, Calivigny, Peach….
Ähnlich vielfältig ist die Auswahl bei den Bananen. Wir essen gerne die Rock Fig, das ist eine kleine, gelbe Sorte mit einem braunen Fleck an der Seite. Und dann gibt es ja noch die Kochbananen – hier Plantain genannt – diese sind daran zu erkennen, das sie etwas eckiger aussehen als die Dessertbananen. Kochbananen beinhalten mehr Stärke und sind weniger süß. Als Beilage werden sie meist einfach in Stücke geschnitten und in der Pfanne angebraten, man kann sie aber vorher auch grob raspeln, mit Salz, Pfeffer und etwas Muskat würzen, um sie dann mit einem Teelöffel zu portionieren und im Fett auszubacken. 
Die Ananassaison geht gerade zu Ende, noch gibt es ein paar kleine Exemplare zu kaufen, dafür gibt es Passionsfrüchte und riesige Papaya. Daneben gibt es viele neue Obstsorten zu entdecken: neben Soursop, die auch gern zu Smoothies oder Eis verarbeitet wird, gibt es die Waterlemon, eine kleine, gelbe Frucht, die vom Geschmack etwas an Passionsfrucht erinnert (speziell auch die Kerne), oder der Golden Apple (auf anderen Inseln auch Pommecytherre genannt), der unreif ähnlich wie ein grüner Apfel, nachgereift deutlich süßer schmeckt. Momentan bekommt man überall Chenet angeboten. Kirschgroße, grüne Früchte, die in Büschel wachsen. Knackt man die harte Schale kommt das süße Fruchtfleisch zutage, das geschmacklich etwas an Litschi erinnert, und das man im Mund von dem großen Kern ablutschten kann. Nichts gegen den Hunger, aber lecker.

Sternfrüchte direkt vom Baum
Unsere Lieblingsmangosorte
Leckere Rockfig
Chennet


Auch die Gemüseauswahl ist reichhaltig. Neben bekannten Pflanzen wie Zwiebeln, Karotten, Kürbis, Auberginen oder Kohl, gibt es einige ungwöhnlichere z. B. Süßkartoffeln oder Avocado, aber auch in Europa praktisch unbekannte wie Christophene – auch Chayote genannt. Letztere kann nach dem Schälen sowohl roh, als auch gekocht oder gebraten gegessen werden und erinnert vage an Kohlrabi. Vorteil: Christophene lässt sich gut bei Raumtemperatur lagern und eignet sich somit für längere Passagen, genauso wie die Süßkartoffel, aus der man sehr leckere Pommes machen kann. Auch die Brotfrucht wird in der Karibik viel und gerne angebaut. Überall sieht man die prächtigen Bäume wachsen, ob im Vorgarten, in Plantagen oder wild im Hinterland. Man erkennt sie sofort an den dekorativen, tief eingeschnittenen Blättern dazwischen die kindskopfgroßen Früchte, kräftig grün, mit einer leicht geschuppten Oberfläche. Die Brotfrucht kommt wie die Süßkartoffel entweder gekocht, gebraten oder fritiert als Beilage auf den Tisch. Ich bevorzuge sie als dünne frittierten Chips, da sie gekocht eher etwas fade schmeckt im Vergleich zur Süßkartoffel, die auch gekocht ein feines Aroma hat.
Andere Beilagen kann ich nur mit Mühe auseinanderhalten. Zumindest in rohem Zustand. Für mich sehen sich die Wurzel von Callaloo (auch Dasheen), Cassava (=Maniok, Yucca) und Yams zu ähnlich. Callaloo wird hier viel und gerne gegessen, man sieht es häufig in den Gärten. Dabei ist es eine tolle Pflanze, da auch die Blätter und Stängel gegessen werden können. Allerdings müssen diese mindestens 20 Minuten gekocht werden, da sie Giftstoffe enthalten, die durch die Hitze zerstört werden. Callaloo gibt es als Suppe, als Gemüsebeilage und wird gerne in Eintöpfen mitgekocht, z.B. im Oil Down dem Nationalgericht in Grenada. Auch in Tobago ist die Pflanze populär, dort wird sie allerdings Dasheen genannt. Cassava hatten wir in Suriname das erste Mal (bewusst) auf dem Teller und zwar die frittierte Variante als Pedant zu Pommes Frittes. Etwas heller in der Farbe, die Struktur sieht etwas fasrig aus, der Geschmack ist lecker.

Reife Brotfrucht
Calalloo
Sweet Potato Fries


So vielfältig das Angebot an frischem Obst und Gemüse hier auch ist – wir sind nun mal in Deutschland aufgewachsen und lieben natürlich auch die heimische Küche. Doch es ist es nicht immer leicht die geeigneten Zutaten zu finden. Beilagen wie Kartoffel, Reis oder Nudeln gibt es hier natürlich überall, doch schon beim Brot wird es schwierig und da sind wir Deutschen ja sehr heikel. Grenada war lange englische Kolonie, entsprechend ist die Auswahl begrenzt. Weißes Toastbrot, oder die „Vollkornvariante“ gibt es praktisch überall, genauso wie leicht süßliche Brötchen oder Brotstangen pappiger Konsistenz. OK für Burger, aber nicht fürs Frühstück. Im Supermarkt findet man auch Pita (dünne Fladen) neben Brotlaiben die Maismehl oder Cassava enthalten. Ein Lichtblick ist der französische Metzger hier in der Prickly Bay, der auch Baguette aus eigener Herstellung verkauft. Etwas rustkaler als das Original, aber mindestens so gut im Geschmack. Dennoch backen wir auch oft selbst unser Brot – wenn mans öfter macht ist es gar nicht mehr so viel Aufwand – und zum Frühstück gibt es ab und zu frische Brezeln, an deren Rezeptur müssen wir allerdings noch feilen.

Selbstgemachtes Brot
und frische Brezeln zum Frühstück


Monika von der „Psyche“, brachte uns vor ein paar Wochen leckeren türkischen Joghurt mit aufs Boot. Eine weitgereiste Kultur, die ihren Weg von Südafrika in die Karibik gefunden hat. Seither machen wir unseren Joghurt selbst (unser Milchkonsum ist seither drastisch gestiegen), da es hier meist nur Low Fat, 0 Fat oder anderes grusliges Zeug gibt, ganz nach amerikanischer Manier.


Auch schwer zubekommen ist guter Käse. Was es gibt ist Cheddar, Cheddar und noch einen Chedar, europäische Käsesorten sind sehr rar und wenn man sie überhaupt bekommt sündhaft teuer. Auch die Auswahl an geriebenem Käse ist nicht wie von zuhause gewohnt, so werden die selbstgemachten Kässpätzle immer etwas anders – nur die angerösteten Zwiebeln schmecken wie daheim.
Wie beim Käse treibt einem das Angebot an Wurst auch eher Tränen in die Augen. Gab es im Januar im großen Supermarkt noch brauchbare, abgepackte Salami, Schinken und Pastrami eines kanadischen Herstellers, bekommt man nun dort nur noch Wurstwaren amerikanischer Firmen, die nicht sehr appetitlich aussehen. Den leckersten, gekochten Schinken der letzten Wochen fanden wir bei einem (kanadischen) Metzger ein paar Buchten weiter. Nicht gerade ums Eck und er weiß man was für gute Qualität verlangen kann, dafür gibt es Samstags einen kostenlosen Bustransfer und man hat anschließend noch genügend Zeit sich in der Phare Bleu Marina umzusehen, oder im Restaurant etwas zu essen und zu trinken.

Meat & meet market
Hier bekommt man leckere Fleisch- und Wurstwaren und mehr…
Phare blue Marina
Eine sehr schöne Anlage
Namensgeber: das ehemalige Feuerschiff aus Schweden

Auf dem gleichen Gelände wird auch ein sehr leckerer Gin hergestellt, der BlueLight Caribbean Gin. Der Besitzer zeigt gern seine Destille, erklärt viel und es gibt zwei unterschiedliche Sorten zum Probieren. 
Da die Wacholderbeeren, die Gin den typischen Geschmack geben auf Grenada nicht wachsen, werden diese aus Kanada importiert. Doch ich staunte nicht schlecht, welche Früchte und Gewürze sonst noch zugesetzt werden. Neben Citrusfrüchten nämlich noch Anis, Zimt, Kardamom, Muskat und Schokolade. Diese Zutaten kommen allesamt hier von der Insel, frisch und intensiv. Geschmacklich sind die zwei verschiedenen Ginsorten die hier hergestellt werden nicht sehr verschieden, dafür kann man sie optisch sofort auseinander halten. So bekommt eine Sorte dunkle Büten zugesetzt, die dem Gin eine kräftige blaue Farbe bescheren – solange er pur eingeschenkt wird. Gibt man Tonic dazu (oder andere leicht saure Getränke) ändert sich seine Farbe zu einem hellen Purpur….Ist doch mal was anderes!


Bekannt ist Grenada vor allem für seine Gewürze. Zimt, Muskatnuss, Nelken und Ingwer wachsen hier und werden zu einem großen Teil exportiert. Dass die Einheimischen sehr stolz sind auf ihre Gewürzinsel, sieht man auch an der Nationalflagge, die neben den sieben Sternen für die sieben Bezirke Grenadas eine Muskatnuss abgebildet hat.

Unreife Muskatnuss am Baum
Muskatnuss als Straßenlaterne